Die Legende lebt – ab jetzt auch restauriert
Donnerstag, 27. Oktober 2016 | Text: Stefan Rahmann | Bild: Tamara Soliz
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
Glauben heißt ja nicht zuletzt auch, dass man es so richtig genau nicht weiß. Und bei Legenden macht sich in uns erst recht die Skepsis breit. Aber wenn diese Geschichte nicht in allen Einzelheiten mit der Wahrheit übereinstimmt, ist sie zumindest verdammt gut erfunden. Und schön gemalt. Es geht um den Severin-Zyklus. Ein 20-teiliger mittelalterlicher Bilder-Zyklus stellt das Leben des dritten Bischofs von Köln dar. Normalerweise hängen die Bilder in St. Severin. Doch in den vergangenen Monaten war dar Zyklus ausgeliehen an das Kunstmuseum des Erzbistums Köln, auch bekannt als Kolumba. Dort wurden die kostbaren Bilder auch restauriert.
In der Krypta von St. Severin wurde jetzt ein Buch vorgestellt, dessen Autoren, , der stellvertretende Leiter des Archivs des Erzbistums und zugleich Serverinsbürgerpreisträger Dr. Joachim Oepen sowie Dr. Marc Steinmann, stellvertretender Leiter des Kolumba, sich intensiv mit dem Zyklus beschäftigt haben. Ein Problem der Verfasser war, dass über Severins Leben äußerst wenig bekannt ist. Johannes Quirl, Pastor an St. Severin, bringt es auf den Punkt: „Wir wissen nix.“ Und wenn man nix weiß, strickt man Legenden. Das war im Mittelalter noch beliebter als heute.
Und wie das so ist bei Legenden: Die einen sagen so, die anderen so. Geboren sein könnte der fromme Mann im Jahre 344, gestorben 397 vielleicht in Frankreich. Sicher ist nur, dass der Namenspatron der Südstadtkirche irgendwann in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts in Köln Bischof war. Immerhin. Und dass er ein Zeitgenosses des Bischofskollegen Martin von Tours war. Den kennt jedes Kind als Zinter Mätes, der seinen Mantel mit einem Bettler teilt. Es heißt, Severin habe vor der Kartäuserkirche von Engeln vom Tod des Kollegen erfahren. Der Kölner Heilige soll nämlich über die beneidenswerte Fähigkeit verfügt haben, himmlische Gesänge hören zu können. Egal, gesichert durch Überlieferung ist, dass Severin ein untadeliger Lebenswandel nachgesagt wurde. Und das ist doch schon mal eine ganze Menge. Dr. Stefan Kraus, Leiter des Kolumba-Museums, erklärte den seltenen Fall, dass ein Buch über eine Ausstellung erst nach deren Ende erscheint: „Das ist marketingtechnisch natürlich völlig unmöglich. Aber die Zeit hat einfach nicht gereicht. Es gab soviele Fragen. Es musste soviel erforscht werden.“ 65.000 Leute haben sich den Severin-Zyklus im Kolumba angesehen. Normalerweile sind die Bilder nur bei Führungen durch St. Severin zu sehen.
Prozession ging am Sonntag
Worum geht es? Irgendwann um 1500 hat sich jemand überlegt, das Leben des heiligen Severin „medial“ darzustellen. Also das, was er für das Leben hielt. Und so wird auf den Bildtafeln dargestellt, wie der Südstadt-Heilige den Irrlehrer Euphrates absetzt, wie er zum Bischof geweiht wird, Tote wieder zum Leben erweckt, nach Bordeaux reist und dort stirbt. Jedes Bild hat eine Unterschrift. Unter dem Bild, das den Tod des Severin zeigt, steht einigermaßen lapidar aus dem Lateinischen übersetzt: „Als sich der hl. Severin einige Zeit in Bordeaux aufgehalten und viele gut Taten vollbracht hatte, wurde ihm vom Herrn offenbart, dass er an diesem Ort seine letzten Tage beschließen werde. Also wurde eine Krankheit immer stärker, und im Beisein von Bischof Amandus und den Klerikern starb er und ging in das himmlische Vaterland ein.“ Danach kam es der Legende nach zu Verwerfungen zwischen denen aus Bordeaux, die den untadeligen Südstädter behalten, und denen aus Köln, die ihn für sich reklamierten und abholen wollten. Letztlich setzten sich die Kölner durch und trugen Severin zurück in die Heimat. Auch daran erinnerte die Prozession am Sonntag (23.10.2016). Der Severinsschrein wurde mit Gebeten und Gesängen durch das Viertel getragen. Station machten die Gläubigen in der Kartäuserkirche und im Klösterchen. Die Bilder kehren nach der Sanierung der Severinskirche zurück und werden wieder im Hochchor hängen. Mit einem veränderten Lichtkonzept. „Dann wird es die Spiegelungen nicht mehr geben, die früher den Blick auf den Severin-Zyklus beeinträchtigt haben“, weiß Dr. Oepen.
Das Buch „Der Severin Zyklus“ kann man zum Preis von 30 Euro in den Buchhandlungen der Südstadt erwerben.
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