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Bildung & Erziehung Kultur Südkids

KunstFilmSchule – Egoshooter auf der Leinwand

Montag, 28. Januar 2013 | Text: Jörg-Christian Schillmöller | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Barbie ist stinksauer. Sie hat Stress mit Ken. Ken ist in letzter Zeit voll aggressiv. Klatsch! Wieder wischt er ihr eine. Jetzt reicht‘s. Barbie wirft ein paar Klamotten in ihr Köfferchen, nimmt den Nachwuchs auf den Arm – und geht. Genau: Barbie verlässt Ken. Schnitt.

Keine zwei Minuten dauert die Szene aus dem Alltag der Familie Barbie. Aufgenommen ist sie in Stop-Motion, also Bild für Bild – und die Filmemacherinnen sind Schülerinnen der Kaiserin-Augusta-Schule in der Südstadt. „KunstFilmSchule“ heißt das Projekt – eine Kooperation der „KOMED Im Mediapark GmbH“ mit der Kunsthochschule für Medien. Die Idee: Absolventen der KHM arbeiten mit jungen Leuten von vier Kölner Schulen ein Jahr lang zusammen. Neben der KAS sind dabei: die Integrierte Gesamtschule Holweide, das Gymnasium Kreuzgasse und die Königin-Luise-Schule. Das Ziel: Es sollen Filme entstehen, die sich künstlerisch mit Bild und Ton auseinandersetzen. Ute Dilger von der KHM stellt klar: „Es geht dabei nicht nur um dem Film, es geht auch um den schöpferischen Prozess: Wie verfolge ich eine Idee? Wie entwickle ich sie?“

Es ist kurz nach neun Uhr morgens in der KHM. Die 70 Kölner Schülerinnen und Schüler sitzen in der Aula und präsentieren die ersten Ergebnisse des Projektes, das seit September läuft. Den Anfang macht ein Film der KAS: Eine junge Frau geht durch die Straßen zur Schule, die Bilder springen, sie wird verfolgt von einem Mann – der manchmal zu sehen ist und manchmal nicht. Der Mann könnte auch Einbildung sein. Ganz schön gekonnt gemacht. Eine der Schülerinnen wird nach der Vorführung erklären, dass es um Angst geht, die mal konkret ist, mal abstrakt und einen eben verfolgen kann.


Danach ein eindringlicher Film mit geteiltem Bildschirm: Auf der rechten Hälfte läuft eine brutale Szene aus einem Egoshooter, auf der linken Hälfte sind die Gesichter verschiedener Personen zu sehen, die genau diese Szene auf einem Computer anschauen. Rechts wird geschossen, gemordet, geschrien – links sieht man die Reaktionen der Zuschauer: Stirnrunzeln, große Augen, sogar Lachen, aber auch schockierte Gesichter, Ablehnung, Nachdenklichkeit. Noch vier weitere Filme der KAS folgen, alle sind ein paar Minuten lang – und darunter auch der Barbie-Film. Danach nehmen sich Vanessa Mogos und Laurin Kaiser von der KAS, ihr Lehrer Falko Bürschinger und KHM-Absolvent Stephan Bergmann eine Viertelstunde Zeit für „Meine Südstadt“.

Wir stehen fröstelnd im Foyer, während drinnen die nächsten Filme laufen. Vanessa Mogos berichtet vom „Barbie“-Projekt. Davon, dass die Schülerinnen das Stereotyp der glücklichen Puppenfamilie durchbrechen wollten – mit häuslicher Gewalt und eingeblendeten, vulgären Dialogen. Die Stop-Motion-Technik stellte das Team vor einige Schwierigkeiten. „Wir haben einen Tag lang Aufnahmen gemacht für 80 Sekunden Film“, sagt Vanessa, die nicht überzeugt ist von dem Zwischenergebnis, das heute gezeigt wurde. „Die Story kann noch so gut sein: Wenn die Qualität des Materials nicht stimmt, dann schaue ich mir das nicht an.“ Hat das Ganze denn Spaß gemacht? „Nein“, sagt Vanessa. „Es war sehr viel Arbeit, und wir sind ziemlich naiv rangegangen.“ Aufhören will sie aber nicht: „So einen Film lasse ich nicht auf mir sitzen. Toll wären am Ende drei, vier schöne Minuten, und zwar ruckelfrei.“

 

Schüler präsentieren ihre Arbeiten in der Aula der KHM.

 

Laurin Kaiser dagegen hatte Spaß: Er war im Projekt mit dem Egoshooter dabei. „Wir haben viel daran gearbeitet, dass es synchron ist. Also dass die Reaktionen der Menschen auf der linken Hälfte genau zum Geschehen auf der rechten Bildschirmhälfte passen. Manchmal sieht man noch, dass eine Reaktion einen Bruchteil einer Sekunde später kommt.“

Ihr Lehrer Falko Bürschinger sieht mit seinen schwarzen Haaren, der schwarzen Jacke und dem Bart so aus, wie man sich einen Filmemacher vorstellt. Ihm geht es bei der „KunstFilmSchule“ vor allem um Selbstorganisation. „Es ist ungewohnt für die Schüler, dass sie die auftauchenden Probleme selbst lösen müssen. Wir beraten nur.“ An der KAS läuft das Projekt in einem Literaturkurs, drei Stunden die Woche, mit 17 Schülern. Stephan Bergmann von der KHM findet diese Kooperation „spannend“. Er ist 32 und wollte herausfinden, welche Ideen die 16- und 17-Jährigen haben und was sie daraus machen wollen.

Bleiben die Finanzen: Die Sponsoren sind die RheinEnergieStiftung Kultur und das Land NRW, die Idee für die KunstFilmSchule kam von Ursula Teich von der KOMED Im Mediapark GmbH. Sie ist sicher: „Ein Projekt, das über ein Jahr lang im laufenden Unterricht stattfindet – das gab es noch nicht. Uns war wichtig, dass wir Absolventen von der KHM nehmen. Sie sind noch nah dran an den Kids, mit denen sie an den Filmen arbeiten.“

„Meine Südstadt“ wird das Projekt weiter begleiten und die KAS-Schüler bei ihren Dreharbeiten besuchen. Im Herbst soll die „KunstFilmSchule“ fertig sein – der Anfang ist vielversprechend.

Text: Jörg-Christian Schillmöller

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