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Kultur

Leiche des Abends – ein Fall für Sherlock

Mittwoch, 14. November 2018 | Text: Alida Pisu | Bild: Michael Richerzhagen/Digitalfotografie .Fischer.de

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

„Ich bin die Leiche des heutigen Abends“, informiert Kabarettist Wilfried Schmickler die Zuschauer in der Uraufführung von „Das Sherlock – Musical“ und hat die Lacher auf seiner Seite. Bei der Aufforderung: „Wilfried, du musst jetzt sterben!“, setzt er sich an den Schreibtisch und lässt sich erschießen.

Schmickler gibt die Leiche in "Sherlock"

Sinn und Aufklärung

Wer war der Mörder? Und wer hat den Erfinder Quenault (Vassilis Nalbantis) entführt? Diese und weitere Rätsel löst Meisterdetektiv Sherlock Holmes (schön spleenig: Südstadt-Bluessänger und neuerdings Theatermacher am Urania Richard Bargel), unterstützt und kongenial begleitet von seinem Biographen Dr. Watson (Egmont Stawinoga).

Dass Sherlock Holmes Verbrechen aufklärt, weiß jedes Kind. Dass er aber auch vom Leben gebeutelt und auf Sinnsuche ist, ist wohl nicht so bekannt. Auf seiner Suche begegnet er dem jungen Piloten und Spion Peter Miller (Simeon Lang), ebenfalls von der Frage nach dem Sinn des Lebens und wer er eigentlich ist, gequält. Das Duo ergänzt sich nahezu perfekt in seiner detektivischen Aufklärungsarbeit und findet schließlich sogar heraus, dass beide mehr verbindet, als sie je vermutet hätten.

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„Wer das Filos nicht kennt, hat die Südstadt verpennt.“ –  mit diesem Zitat aus der Kritik der TagNacht setzt das Filos auf der Merowinger S…

Während die Gentlemen ermitteln, emanzipieren sich die Ladies. Vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund des 1. Weltkrieges werden die Frauen aufmüpfig. Dr. Watsons Tochter Mary (Josephine Wirtssohn, entzückend in ihrer Rolle und mit einer glockenhellen Stimme gesegnet), Mrs. Hudson (Kerstin Kallewege), die Vermieterin von Holmes / Watson und die junge Dame Izzy (Lea Johanna Montazem), schließen sich den Suffragetten an, wollen an die Front, Motorradpostbotin oder Physiotherapeutin werden. Wenn sie gemeinsam „We can do it!“ schmettern, ahnt man, dass Obama mit seinem „Yes, we can!“ nicht Vorläufer, sondern Nachfolger couragierter Frauen war, die für ihre Rechte eintraten. Besonders couragiert, dazu ebenso witzig wie sangesstark, zeigt sich Kerstin Kalleweg, die ihre komischen Seiten so gekonnt zur Geltung bringt, dass man förmlich dahinschmilzt.

Früher war doch nicht alles besser

In dieser Inszenierung gibt es Vieles, das zum Dahinschmelzen ist. Seien es die mitreißenden Songs (Komponist der meisten Lieder: Steve Nobles), von denen manche Ohrwurm-Qualität haben. Sei es der Bauchtanz der hüftschwingenden Mata Hari (Kim Morales). Ebenso die durchweg stark besetzten Rollen und die liebevollen Details, an denen nicht gespart wird. So wird etwa jede Szene durch an die Wand geworfene Projektionen flankiert. Natürlich sieht man das Straßenschild der Baker Street, wenn Sherlock Holmes zu Hause Besuch von Colonel Winthrop (Manfred Kunz) empfängt. Bei einem Bombenangriff sieht man einen Zeppelin bedrohlich über London schweben. Die guten alten Zeiten: sie waren eben doch nicht viel besser als die heutigen.

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Kein Theater ohne Romanze

Eine Romanze darf in der Story auch nicht fehlen. Und so verfolgt man vergnügt, wie sich zarte Bande knüpfen und sich findet, was zusammengehört. Und, ach ja: den Sinn findet Sherlock Holmes auch. Nachdem er mit seiner Kombinationsgabe wirklich jeden Fall gelöst und seine Albträume besiegt hat. Die Richard Bargel in einer unter die Haut gehenden Szene mit Lea Johanna Montazem besingt „Addicted to a dream“. Eine packende Inszenierung (nach dem Text von Alan Wilkinson) von Regisseur Markus Brien, die nicht nur hohen Unterhaltungswert hat, sondern unter der Oberfläche viel erzählt über Zeitgeschichte, ihren Wandel und wie der Schrecken des Krieges dennoch positive Veränderungen bewirken kann, wie die Emanzipation der Frauen.

Noch mehr Südstadt-Leichen

Ein besonderes Lob verdient auch die Band (besetzt mit Steve Nobles, Max Blumentrath, Laura Krämer, Christopher Freier, Douglas Metcalf, Jeffrey „Jem“ McGuire), die zum musikalischen Genuss des Abends beiträgt.
Übrigens: Wilfried Schmickler ist nur einer der Südstadt-Prominenten, die gelegentlich in die Rolle der Leiche schlüpfen werden. Als „Leichen“ werden u.a. noch debütieren: Gerd Köster und Hans Mörtter.

„Das Sherlock – Musical“ von Alan Wilkinson im Urania – Theater, Platenstraße 32, 50825 Köln | Die nächsten Termine: 14., 15., 16., 28. November, 5., 7., 26. bis 31. Dezember

Text: Alida Pisu

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