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Gesellschaft

Leid teilen

Sonntag, 7. November 2010 | Text: Doro Hohengarten | Bild: DesignWork

Geschätzte Lesezeit: eine Minute

„Geteiltes Leid, halbes Leid“, so lautet ein Sprichwort. Wer Leid erfährt, erfährt es am besten nicht alleine – das ist eine Wahrheit hinter diesem Spruch. Alle, die das Drama um die chilenischen Bergleute verfolgt haben, wissen was damit gemeint ist. Die andere Wahrheit ist die: Leid sollte man nicht für sich behalten. Es runterzuschlucken macht auf die Dauer krank, es mit anderen zu teilen hingegen mildert jedes Leid.
Was das konkret bedeutet, musste ich vor vier Jahren begreifen. Wir hatten einen Todesfall, mitten in der Familie. In dieser Zeit hatten wir uns. Mein Mann und ich, wir versuchten diesen Verlust zu ertragen. Das geschah hinter einer Mauer des allgemeinen Schweigens, die sich bei so einem Ereignis aufbaut.
Es gab vier Freunde, die den Mut, die Kraft und die Liebe aufbrachten, die Mauer zu durchbrechen. Die eine hatte wenig zuvor ihre Schwägerin durch Krebs verloren und sich viele Gedanken über den Tod gemacht. Die andere besitzt eine riesige emotionale Kreativität und begriff sofort, wie wir uns fühlten. Der dritte ist ein lieber, herzlicher Mensch, dem Treue viel bedeutet. Die vierte war tapfer wie ein Löwe und nahm den weiten Weg ins Unbekannte auf sich – zum Todesort eines Kindes.
Wir hatten das Glück, den Schock und dann die Trauer mit diesen Menschen zu teilen. Sie waren da. Sie hatten ein Ohr. Sie stellten einfache Fragen wie „Was genau ist passiert? Wie kam es dazu?“ Fragen, die sich sonst alle verkniffen, aus Angst, uns zu nahe zu treten und aus einer Unbeholfenheit heraus, die ich selbst auch gehabt hätte, wäre ich nicht selbst betroffen gewesen. Sie trösteten uns. Sie kochten für uns. Es wurde wieder möglich, am selben Abend über den Schmerz zu klagen und über einen Witz zu lachen. Diesen vier Menschen verdanken wir, dass unser Leid bis heute mehr als halbiert wurde.

 

Teilen Teil 1: Zeit teilen

Teilen Teil 3: Weckmann teilen

Text: Doro Hohengarten

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