Linie 17: Die Geisterbahn aus Köln
Donnerstag, 13. September 2018 | Text: hmkw.de
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Stellt euch vor, ihr seid KVB-Fahrer und keiner steigt ein. Für die Bahnfahrer der Linie 17 keine Seltenheit.
Donnerstagnachmittag, 13 Uhr am Chlodwigplatz
Wo es um diese Uhrzeit an anderen Haltestellen rappelvoll ist, kann man die Fahrgäste, die auf die Linie 17 warten, an einer Hand abzählen. Doch wie kann das sein? Diese neue Nord-Süd Stadtbahn sollte doch der Erfolg der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) überhaupt werden.
Endgültige Fertigstellung der Linie 17 voraussichtlich erst 2023
Seit Ende 2015 ist die Linie 17 im (Teil-)Betrieb, und mit rund 1,15 Milliarden Euro eines der teuersten Projekte der letzten Jahre. Ganze elf Jahre Bauzeit wurden in die neue KVB-Strecke investiert. Zu allererst fällt einem auf, dass der hochmoderne Eingangsbereich, der mitten in den Chlodwigplatz zementiert worden ist, egal zu welcher Tageszeit menschenleer scheint. Die Stadtbahnlinie fährt im 10-Minuten-Takt zwischen den Haltestellen Severinstraße elf Stationen über das Epizentrum der Kölner Südstadt bis hin zum Sürther Bahnhof.
Vollständige Inbetriebnahme in ferner Zukunft
Ursprünglich war die Linie für die Verbindung von Nord- und Südstadt in Köln gedacht, durch den Einsturz des Kölner Stadtarchivs liegen die Bauarbeiten an der Linie seit 2009 aber auf Eis. Die Sanierung und Fertigstellung der Bahn wird voraussichtlich „rund vier bis fünf Jahre dauern“, so Gudrun Meyer, Mediensprecherin für die Nord-Süd-Stadtbahn bei den Kölner Verkehrsbetrieben.
Am 3. März 2009 war bei den Bauarbeiten für die Nord-Süd-U-Bahn das Stadtarchiv an der Severinstraße eingestürzt, dabei kamen zwei Menschen ums Leben. Erst nach Abbau des Besichtigungsbauwerks kann die eigentlich Sanierung des U-Bahn-Tunnels und die endgültige Fertigstellung der Strecke erfolgen: „Erst wenn alle Untersuchungen am Waidmarkt abgeschlossen sind und eine Entscheidung zum Verfüllen der Baugrube vorliegt, kann mit den entsprechenden Arbeiten begonnen werden. Im Anschluss an die Verfüllung des Besichtigungsbauwerks erfolgt die Sanierung und Fertigstellung des Gleiswechsels“, berichtet Frau Meyer. Im Klartext: Die ersten planmäßigen Züge zwischen Heumarkt und Chlodwigplatz werden frühestens 2025 fahren – es kann aber durchaus auch noch länger dauern. Zuletzt war eine Inbetriebnahme im Jahr 2023 geplant.
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Stolze zwei Kilometer fährt die Linie 17 zurzeit. Fragt man die Passanten und Einwohner, so scheint die Bahn nicht sonderlich beliebt zu sein. „Ich bin sowieso nur mit dem Fahrrad unterwegs – weswegen Millionen von Euro für dieses Projekt ausgegeben worden sind und es dann immer noch nicht vollständig ist, ist mir schleierhaft“, verrät uns die junge Südstädterin Friederike N.
Laut KVB-Pressestelle nutzten am Tag rund 9000 Menschen die Bahn, mit diesem Ergebnis sei die Kölner Stadtbahn durchaus zufrieden: „Damals wurde von rund 10.000 Fahrgästen ausgegangen. Üblicherweise benötigt ein neues Angebot etwa ein bis zwei Jahre, bis es sich etabliert hat. Die Linie 17 wurde bereits nach einem Jahr Betrieb von rund 8.300 Fahrgästen (Zählung aus dem November 2016) an einem durchschnittlichen Werktag genutzt. Heute dürften mindestens 9.000 Fahrgäste pro Tag sein. Das entspricht einer Prognoseerreichung von 90 Prozent. Ein Ergebnis, dass keineswegs überrascht, sondern die Erwartungen der KVB für den derzeitigen Teilbetrieb durchaus erfüllt“, erzählt Frau Meyer.
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SchokoladenmuseumZwei Waggons für den Nachmittagsbetrieb reichen völlig aus
Doch wie sieht es in der Realität aus: Fahren die Kölner überhaupt mit ihrer „neuen“ Südstadt-Linie? Wir haben das mal genauer unter die Lupe genommen und uns für zwei Stunden in die Linie 17 an einem Donnerstagvormittag gesetzt. Auf einer Fahrt haben wir bis zu 40 Fahrgäste gezählt. Sicher der Grund, warum die KVB nur ein bis zwei Waggons für den Nachmittagsbetrieb einsetzt, Vielleicht aber auch, damit sich die Passagiere nicht so verloren vorkommen? Wir sind nicht verwundert, dass diese Waggons in der Regel völlig ausreichen, denn von starkem Antrag oder Sitzplatzmangel wie in anderen Kölner Stadtbahnlinien ist nichts zu spüren.
Doch aus Sicht der KVB habe sich der Bau definitiv gelohnt: „Den Einsturz konnte niemand voraussehen und wir brauchen die Nord-Süd Stadtbahn dringend, um den Innenstadttunnel zu entlasten. Sobald eine Durchfahrt bis zum Hauptbahnhof möglich ist, werden die Nutzerzahlen sich gravierend ändern“, so Gudrun Meyer.
Manchmal verirren sich, neben älteren Herrschaften, auch ein paar Touristen an den überdimensionalen Rolltreppen des Chlodwigplatzes. In der Hoffnung darauf, eine Bahn zu erhaschen, die sie direkt zum Kölner Dom befördert. Entgeistert stellen sie dann fest, dass man von diesem Koloss von einer Haltestelle momentan nur in einem sehr beschränkten Radius vorankommt. Wir schicken die Gruppe junger Männern wieder ans Tageslicht zur Linie 16, denn diese fährt nämlich, fernab von dem prunkvollen Haltestellen-Kunstwerk, vom oberen Bahnsteig verlässlich Richtung Hauptbahnhof.
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