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Kultur

Macht Platz zum Erzählen

Donnerstag, 24. November 2016 | Text: Nora Koldehoff | Bild: Bordstein

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Den bereitgestellten Tisch samt Stuhl und Lampe räumt Nikola Hübsch vor ihren Auftritten direkt wieder beiseite. „In so einem Fall ist dem Veranstalter noch nicht so ganz klar geworden, was ich genau mache“, sagt sie und lacht. „Ist ja auch verständlich: Das Erzählen ist bei uns in den letzten Jahrzehnten als eigene Kultur kaum vorhanden gewesen.“ Und wenn Nikola Hübsch erzählt, dann geschieht das nicht nur mit dem Mund sondern mit dem gesamten Körper. Sie ist Erzählerin und Dozentin und das vor allem in Freiburg, wo sie lebt und das Projekt „EZW – Erzählen, Zuhören, Weitererzählen“ leitet.

Zu Auftritten, Workshops und Festivals reist sie aber auch an andere Orte und wird nun am kommenden Sonntag mit ihrer Kollegin Selma Scheele gleich zwei Auftritte in der Kölner Südstadt haben.
Den Start in den ersten Advent geben die beiden schon um elf Uhr zum Auftakt des Adventsmarktes im Bauspielplatz, auf Einladung von Marietheres Waschk aus dem Baui-Team. Die Pädagogin, die auch als Dozentin für Spielpädagogik an der Remscheider Akademie der Kulturellen Bildung arbeitet, hat bei den dortigen  Erzählfestivals nicht nur mitgewirkt, sondern in deren Rahmen die beiden schon live erleben dürfen und war fasziniert. Grund genug, das Duo zu engagieren, mit Erzählungen für die ganze Familie. „Wenn man einmal erlebt hat, wie professionelle Erzähler ihre Geschichten darbieten, dann möchte man das gerne mit anderen teilen“  berichtet Waschk begeistert. „Die Sprache, die Gesten, die Mimik, alles das lässt einen eintauchen in die Geschichte, man wird ein Teil von ihr. Und als ich hautnah erleben durfte, wie Kinder und Teenies in Erzählmomenten aufblühen, selber zu fabulieren beginnen und in ganz andere – also literale – Sprache eintauchen, da wollte ich das erste Erleben, also das Zuhören, den Leuten aus meinem Arbeitsumfeld näher bringen.“
Später am Nachmittag geht es dann in der Lichtung weiter, mit „gehen und gegangen werden“ – Geschichten wohl eher für Größere“, wie Nikola Hübsch verrät.

 


„Geschichten wohl eher für Größere“, sagt Nikola Hübsch.

Beide Erzählerinnen haben eine fundierte und zertifizierte Ausbildung. Was für sie das Erzählen so besonders macht, ist der direkte Draht zum Publikum. „Die Geschichten sind nie ganz gleich, weil ja auch das Publikum immer anders ist“, so Hübsch. „Das Publikum ist im Grunde der Co-Autor der Geschichte.“ „Natürlich hat man einen roten Faden im Kopf“, ergänzt Selma Scheele. „Die Geschichte, die Mimik, Gesten. Es ist durchdacht, aber erst durch die Verbindung mit dem Publikum springt der Funke über. Und man fokussiert, reagiert, immer in Interaktion mit Zuhörern, deren Reaktionen ich aufnehme. Ich erlebe das als sehr gemeinschaftsstiftend.“

Und diese Reaktionen sind immer einzigartig und Vieles haben die beiden schon erlebt – von Ergriffenheit und nachdenklichen Zuhörern bis zu Tränen lachendem Publikum, von Zwischenrufen bis zu absoluter, fast geräuschloser Spannung über den Fortgang der Geschichte. „Wenn die Zuhörer so mitgehen“, sagt Selma Scheele, “dass das ganze Gesicht Staunen ist und die Geschichte widerspiegelt, das ist ein fast magischer Moment.“
Die Geschichten sind so unterschiedlich, wie das Leben selbst. Nikola Hübsch erklärt: „Manche sind von bekannten Autoren, andere aus mündlichen Überlieferungen, bei denen nicht nur der ursprüngliche Urheber unbekannt ist, sondern die sich im Laufe vieler Überlieferungen auch immer wieder verändert haben. Und andere sind natürlich auch selbst erfunden.“ Nicht selten kommt es vor, dass im Anschluss an einen Auftritt, Zuhörer von ihren Geschichten berichten, die sie berührt und begleitet haben – und die dann selbst zu Erzählern werden.

„Das mündliche Erzählen gibt es seit Jahrtausenden“, sagt Nikola Hübsch. „Und in allen Kulturen. Bei uns ist es aber mit der Einführung und Verbreitung der Schrift immer mehr in den Hintergrund gerückt.“ Und das sogar mit Absicht, weil sich zunächst die Hochkultur von der Volkskultur abgrenzen wollte. Als dann später Bildung und Schrift auch den Arbeiterschichten zugänglich wurden, brach auch die Verbreitung der Erzählungen im „einfachen Volk“ ab. Das lief in anderen Kulturen anders, entweder weil in ärmeren Ländern sehr viele Menschen nicht lesen und schreiben können, oder auch, weil die Erzählkultur trotz der Ausbreitung der Schrift begleitend und ergänzend weitergepflegt wurde.

 


„Das Erzählen ist eine Kunst, die jeden erreichen kann“ findet Selma Scheele. / Foto: Jörg Farys

In den letzten Jahren aber erfährt das mündliche Erzählen weltweit – und auch in Europa – eine kräftige Wiederbelebung.
Noch zu Beginn dieses Jahrtausends war das anders. Nikola Hübsch kam damals gerade von einem 14jährigen Aufenthalt in Namibia zurück. „Dort habe ich auch das Erzählen entdeckt“, berichtet sie. „Davor bin ich lange Jahre Theaterschauspielerin gewesen. In Namibia, als Rundfunkmoderatorin und Redakteurin arbeitend, fand ich eines Tages in einer Kiste alte Tonbänder. Darauf waren Menschen zu hören, die Oshivambo sprachen, das dort eine Nationalsprache ist. Ich erfuhr, dass Feldforschungsreisende herumgezogen waren und Erzähler aufgenommen haben. Und das hat mich so gepackt, dass ich nicht nur mehr darüber wissen wollte und mir Bücher über mündliche Geschichtenüberlieferung besorgt habe, sondern das auch selbst machen wollte – erzählen. Ich bin dann gemeinsam mit einem Senegalesen unterwegs gewesen und wir sind zusammen als Erzähler aufgetreten.“

Zurück in Deutschland suchte Nikola Hübsch nach Strukturen, auch hier das Erzählen zu verankern. Sie führte und führt noch immer Projekte in Schulen durch. Daneben arbeitet sie freischaffend als Erzählerin, Dozentin, Theaterpädagogin und Schauspielerin.  

Selma Scheeles Erzählerinnen-Laufbahn begann in Berlin, wo sie drei Jahre lang gelebt hat. An der Universität der Künste im Masterstudiengang Theaterpädagogik wurde das Fach Freie Erzählkunst angeboten und schnell sprang der Funke über.
Als 2011 der erste zertifizierte Studiengang zum Erzählen als Pilotprojekt in Berlin durchgeführt wurde, war Selma Scheele mit dabei und arbeitete in der gleichen Zeit bei Erzähl-Projekten in Berliner Schulen.  Seit 2012 wohnt sie in Köln und tritt hier auch auf.

Beide Erzählerinnen geben Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte, besuchen aber auch selbst regelmäßig Fortbildungen und Workshops, unter anderem in der Akademie der Kulturellen Bildung in Remscheid.
„Dort wird nicht nur eine zertifizierte Ausbildung zum Erzählen angeboten, sondern auch immer einzelne Module, die für sich stehen, so dass man aussuchen kann, wo man noch mehr Input brauchen kann. Aber auch der Austausch mit anderen Erzählern ist mir sehr wichtig“, bekräftigt Nikola Hübsch. „Und was es für das Publikum interessant macht, ist, dass es mitgehen kann, den Erzähler erleben, sehen, anfassen und die Geschichte mitgestalten kann. Das muss der Mediengesellschaft, in der wir heute leben, nicht entgegenstehen, sondern ergänzt sie wunderbar. Das Erzählen ist eine Kunst, die jeden erreichen kann. Und auch sollte.“

Erzählmatinée beim Adventsmarkt am 27.11.2016 um 11 Uhr, Eintritt frei
„Knackige Geschichten“
Bauspielplatz Friedenspark, Hans-Abraham-Ochs-Weg 1

„gehen und gegangen werden“
27.11.2016 um 17 Uhr, Eintritt frei, Hutgeld erwünscht
Kulturcafé Lichtung, Ubierring 13

Mehr im Netz

nikolahuebsch.com  und www.maerzeit.de

Anfang nächsten Jahres erscheint im Verlag Schneider-Hohengehren die Publikation „Zeit für Geschichten“ mit Ergebnissen von schulischen und außerschulischen Erzähl-Projekten, herausgegeben von Kristin Wardetzky und Nikola Hübsch

 

Text: Nora Koldehoff

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