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Kultur

Mal mir Köln

Mittwoch, 2. November 2016 | Text: Jasmin Klein | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

„Man muss als Künstler einen Weg finden, berufliche Zufriedenheit zu erlangen, auch ohne den garantierten großen Durchbruch. Dass man gesehen und geschätzt wird, ist natürlich toll. Jeder wünscht sich das. Aber man sollte nicht sein Glück davon abhängig machen, sondern das Glück im Tun selbst finden.“

Peter Hoffmann ist Zeichner und lebt seit 16 Jahren in Köln. Nach seinem Studium in Trier und den USA arbeitete er zunächst als Grafiker und entwarf unzählige CD-Cover und Logos, später entschied er sich dann dafür, nur noch zu zeichnen. Vor ein paar Wochen ist sein erstes Buch erschienen, das „Köln Skizzenbuch“: eine gezeichnete Stadtführung, angereichert mit persönlichen Anekdoten und Lieblingsplätzen. Es ist Teil der Reihe ‚Urban Sketching’ des Christophorus-Verlags, in der Großstädte von dort ansässigen Zeichnern gezeichnet und beschrieben werden.

Wir treffen ihn in der Leuchte Kaffeebar, die auch Eingang ins Skizzenbuch gefunden hat. Peter Hoffmann ist ein großer Mann mit Glatze und freundlichen Augen, er spricht leise und besonnen.

Wie lange hast Du an dem Buch gearbeitet??

Im Februar 2015 habe ich damit angefangen. Es war noch sehr kalt. Ich bin meine üblichen Wege durch Köln gegangen und habe Gebäude oder Situationen gezeichnet. Dann habe ich alle Arbeiten nebeneinander gelegt und gemerkt: ich war ja nur in der Innenstadt, in Ehrenfeld und in der Südstadt. Also habe ich mir viele andere Viertel angeschaut. Manche Zeichnungen misslangen durch Regen, oder weil ich mich unwohl fühlte, weil mir sehr viele Leute beim Zeichnen über die Schulter guckten. Manchmal fand ich nach drei Wochen eine Zeichnung auch nicht mehr gut. Das Buch habe ich dann im Sommer 2016 fertig gestellt.

Warst Du mit einer Staffelei in der Stadt unterwegs?
Ich habe mich für einen Skizzenblock im Format DIN A3 entschieden und saß oft unbequem mit dem Block auf den Knien in Hauseingängen. Schwarzweiß-Zeichnungen vor Ort mit einem relativ großen Block anzufertigen, das ist gar nicht so leicht. In einem so großen Format kann man sich nicht verstecken, man muss sich den Raum nehmen und die Details genau anschauen.
Die Motive konnte ich mir frei aussuchen. Ich habe ein Mischung aus Stadtgeschichte und Privatem gemacht. Auch ein paar Freunde von mir habe ich gezeichnet. Diesen Freiraum, den ich vom Verlag bekam, habe ich sehr genossen, aber ich habe natürlich darauf geachtet, dass das Bild von Köln rund ist. Auf den Dom habe ich selbstverständlich nicht verzichten können.
    
Wer beauftragt einen Zeichner?
Es gibt keinen klassischen Auftraggeber. Da gibt es alles Mögliche. Ich mache z.B. alle zwei Monate eine Porträt-Serie für ein Businessmagazin, ich zeichne für Werbung oder habe für eine größere Unternehmensberatung die Illustrationen für deren Büro gemacht. Da sind die ganzen Wände voll mit Ansichten der Stadt. Ich lasse mich in dem eng gesteckten Medium ‚Zeichnung’ auch immer wieder gerne auf neue Situationen ein.

Was treibt Dich an den Schreibtisch?
Meine Arbeit kontrastiert stark: auf der einen Seite ist das Zeichnen selbst introvertiert und fokussiert, da gerate ich in einen Flow und bin mit mir selbst ganz alleine und in Ruhe. Auf der anderen Seite ist da meine Tätigkeit an der Hochschule Trier, der FH Münster oder einer Medienhochschule in Köln, wo ich Zeichnen unterrichte. Das ist wiederum extrovertiert, und ich bin gezwungen, klar und strukturiert zu sein. Dieser Kontrast gefällt mir, er treibt mich einerseits in die Ruhe und dann wieder ins Leben.

 

Barbarossaplatz aus dem Feder von Peter Hoffmann.

Hängst du beim Zeichnen Deinen Gedanken nach, oder denkst Du darüber nach, was Du zeichnest?
Ich glaube, gute Zeichner machen keinen intellektuellen Vorgang aus dem Zeichnen selbst. Das Durchdenken findet davor statt, wenn man klärt, welches Motiv man zeichnet und was es ausdrücken soll und auch danach bei der Auswahl. Das Zeichnen selbst geschieht losgelöst von rationalen Prozessen. Wenn ich im Atelier oder zu Hause zeichne, höre ich dabei Podcasts, Hörbücher oder Hörspiele. Wenn ich im Café zeichne, höre ich eher den Gesprächen der anderen Gäste zu, und ich denke nicht großartig darüber nach, was ich tue.

Welche Zeichner haben Dich beeindruckt?
Ein abendfüllendes Thema, da könnte ich jetzt stundenlang Namen nennen. Horst Janssen finde ich ganz toll, Dave McKean, Kent Williams, George Pratt, Egon Schiele, Jean Giraud (Moebius) und meinen ehemaligen Lehrer, Dieter Jüdt. Der ist ein großes Vorbild, und seine Art zu zeichnen beeinflusst mich bis heute.

Wie viele Stunden am Tag zeichnest Du, wie viele Stunden verbringst Du am Computer?
Bei einem Auftrag nehme ich aus praktischen Gründen das Tablet (Intuos Pro). Aber das analoge, reduzierte Arbeiten mit Stift, Papier und Vorlage ist genauso wichtig, und damit möchte ich so viel Zeit wie möglich verbringen. Ich könnte 15-16 Stunden am Tag zeichnen, wenn ich die Zeit dazu hätte.

Wie ein Gitarrist: wenn er nicht ein paar Stunden am Tag übt, hat er ein schlechtes Gewissen.
Exakt! Das faustische Element, dass man sich mit seiner Kunst beschäftigen muss, das ist bei mir ganz sicher so. Eintauchen in eine Spezialwelt, die ich ganz toll finde.

Wann hat das bei dir angefangen?
Tatsächlich habe ich erst nach dem Abitur angefangen, ernsthaft zu zeichnen. Ein guter Freund von mir hat ein Jahr vor mir das Studium ‚Kommunikationsdesign’ in Trier aufgenommen. Ich habe dann ein Praktikum, eine Mappe und die Aufnahmeprüfung gemacht, und diese Leistungen werden mit Deiner Abinote verrechnet. Das hat zum Glück direkt geklappt. Professionell und mit Hingabe habe ich aber erst während des Studiums zeichnen gelernt.

Was rätst Du jemanden, der auch Zeichner werden möchte?
Auf jeden Fall ein Skizzenbuch zu führen und konsequent jeden Tag eine Zeichnung zu machen. Natürlich auch Lehrer finden, Kurse besuchen und alle Angebote nutzen. Das Wichtigste aber ist das täglich geführte Skizzenbuch. Dadurch wirst Du jeden Tag vor die Herausforderung gestellt, auch trotz eventueller Lustlosigkeit, Zeitnot oder Ideenmangel etwas zu zeichnen.

Auf Deiner Homepage kann man sich Deine Skizzenbücher Blatt für Blatt anschauen.
Es ist Teil meiner professionellen Arbeit, dass ich nicht nur auf Zuruf zeichne, sondern den künstlerischen Prozess ständig am Laufen halte. Ich möchte diese private Seite zeigen. Zeichnen ist nicht ausschließlich eine Frage des Talents, sondern auch der Übung. Man muss das am Kochen halten, wie eine Suppe, die man immer wieder umrührt, damit sie gelingt.

Ein Beruf mit Zukunft?
Ich würde ihn nicht jedem ohne weiteres empfehlen. Er ist ein anstrengend, man wird sehr gefordert. Ein klassischer Freelancer-Beruf. Dafür muss man der Typ sein.
 ?Der Bedarf an Zeichnern, eigentlich eine vorindustrielle Tätigkeit, bleibt dennoch ungebrochen. Es sterben zwar die Zeitungen, aber dafür gibt es Videospiele, die Playstation, Virtual Reality; alles Mögliche, bei dem Visionen von Zeichnern gefragt sind. Auch Porträt-Apps, die es in zehn Jahren sicher gibt, können doch nicht das menschliche Element ausdrücken, denn das ist anspruchsvoller und schwieriger. Da wird es weiterhin Bedarf geben. Ich sehe kein Ende dieses Berufs. Aber natürlich muss man damit leben, dass man nicht soviel verdient wie ein Oberarzt, und dass der Beruf ins Privatleben ausufert.

Was verbindet Dich mit der Südstadt?
Meine Frau ist Goldschmiedin, und in ihrer Werkstatt am Ubierring ist auch mein Atelier. Ich habe lange in der Elsaßstraße gewohnt. Ich bin gerne in der Kaffeebar Leuchte oder bei Susi am Ubierring. Abends geht’s auch mal in die Lotta oder Schnörres. Ich habe hier ein besonderes Gefühl.

 

Vielen Dank für das Gespräch.

„Köln Skizzenbuch“ von Peter Hoffmann. Erschienen im Christophorus-Verlag, 156 Seiten, 29,99€

Text: Jasmin Klein

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