„Man kann nicht kinderfreundlich sein, wenn man kürzt“
Dienstag, 13. September 2022 | Text: Nora Koldehoff | Bild: Nora Koldehoff
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
Kürzungen in der Kinder- und Jugendarbeit stehen namentlich so zwar nicht im Kölner Haushaltsentwurf 2023/24. Wohl aber Einsparungen in der Form, dass etwa bestehende Projekte nicht weiter bezuschusst werden. Ebenso eine ausbleibende Anpassung bestehender Zuschüsse an die zu erwartenden Kosten, die die vielen kleinen und großen Träger der Jugendhilfe zu stemmen haben werden. Und das läuft unterm Strich dann eben doch auf Kürzungen hinaus.
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Capricorn (i) Aries Brasserie„Alle Träger, die betroffen sind, wie etwa die Spielewerkstatt, Kulturpädagogische Facheinrichtungen oder das Mädchenhaus, haben damit gerechnet, dass die bezuschussten Projekte dauerhaft besetzt werden können, weil entsprechende Signale aus Verwaltung und Politik kamen“, sagt Thorsten Buff, Geschäftsführer des Kölner Jugendrings. „Jedenfalls bis wir das Schreiben bekommen haben, dass das eben nicht der Fall ist.“
Konkrete Gefahr für Jugendeinrichtungen
Auch die Träger, die bislang nicht von den geplanten Projektstreichungen betroffen zu sein scheinen, sind es bei genauerem Hinsehen eben doch: Durch steigende Energie- und Wasserkosten sowie entsprechende Tarifanpassungen kommt eine ausbleibende Erhöhung der Zuschüsse einer Kürzung gleich. Die Gefahr besteht, dass Träger dazu gezwungen sein werden, Einrichtungen zu schließen. Das wird bestehende Strukturen nachhaltig zerschlagen. Gerade nach den beiden letzten Pandemiejahren ist aber der Bedarf an pädagogisch qualifizierten Angeboten besonders hoch.
Auch das queere Jugendzentrum „anyway“ hatte bereits gegen die drohende Schließung der angegliederten Beratungsstelle für LGBTIQ*Jugendliche protestiert. Diese war erst vor zwei Jahren installiert worden – mit dem Versprechen, solche Strukturen nicht wieder abzubauen. Auch hier ist der Bedarf an wichtiger fachlicher Beratung hoch – und weiter steigend.
Unsichere Planungen
„Wir hatten gerade in diesem Jahr ein großes Aufholprogramm durch Corona aufgebaut, bezuschusst von der Bundesregierung, in dem auch Stellen geschaffen wurden, die jetzt nicht mehr weiterfinanziert werden sollen“, erklärt Buff. „Und: Wenn Konsolidierungen im Raum stehen, werden wir unseren Fachkräften sagen müssen, dass wir nicht wissen, ob wir sie im nächsten Jahr weiterbeschäftigen können. Dann werden sie beim jetzigen Fachkräftemangel – nachvollziehbarerweise – weiterziehen. Und wir fangen wieder bei Null an. Die Beziehungsarbeit in den Einrichtungen ist damit zunichte gemacht. Umso wichtiger ist es, dass wir uns in der Jugendhilfe vernetzen und uns organisieren.“
Kundgebung und Diskussion
Der Kölner Jugendring hatte deshalb zu einer Kundgebung am Alter Markt aufgerufen. Zahlreiche Einrichtungen aus Köln nahmen mit ihren Teams teil, auch wenn die Veranstaltung in der Mittagszeit nicht für alle machbar war – schon weil um diese Zeit die Kinder und Jugendlichen aus den Schulen in die Einrichtungen kommen.
Die Kundgebung war darum so kurzfristig und auf diesen Zeitpunkt angesetzt worden, weil im Rathaus zeitgleich das Siegel „Kinderfreundliche Kommune“ feierlich verlängert wurde.
„Man kann nicht kinderfreundlich sein, wenn man kürzt“, sagt Konrad Schmitz, Vorsitzender des Vorstands vom Kölner Jugendring bei der Kundgebung. „Wenn man sich kinderfreundlich nennt, dann darf man nicht sparen an der Zukunft dieser Kinder und Jugendlichen, die wir als Träger der Jugendhilfe fördern.“
Im Anschluss an die Kundgebung fand im Rathaus eine Diskussion im kleineren Kreis statt, an der auch Konrad Schmitz und Sven Lehmann, Bundestagsabgeordneter der Partei Bündnis 90/Die Grünen, teilnahmen.
Fehlende Kommunikation
Mittlerweile gibt es Signale, dass die Konsolidierung ausgeglichen wird. Die Aktion war darum zunächst nicht als großer Protest gedacht, sondern als ein Impuls, sich gemeinsam zu positionieren. Wichtig war den Veranstalter*innen auch, dass die Jugendeinrichtungen ein Zeichen dafür setzen, dass man in Köln nicht einfach Entscheidungen über Kinder und Jugendliche fällen kann, ohne mit ihnen zu reden. „Die Kommunikation mit den entsprechenden Verbänden hat gefehlt“, sagt Thorsten Buff.
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Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg – DPSG KölnTrotzdem ist aber die Gefahr des Abbaus von bestehenden wichtigen Strukturen nicht vom Tisch. Wenn die Zuschüsse nicht an die reellen Kosten angeglichen werden, sind die derzeitigen und wichtigen Angebote in der Jugendarbeit nicht zu halten.
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Kommentare
Liebe Nora,
vielen Dank für deine journalistische Begleitung und wieder einmal ein sehr schöner, sachlicher und informativer Artikel!
Vielen Dank
Marianne