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Kultur

„Man sieht immer das, was man kennt“

Dienstag, 16. Februar 2016 | Text: Jasmin Klein | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

„Mein Vater hat von 1955-1960 in Düsseldorf studiert. 1980 war er beruflich in Düsseldorf und nahm uns, seine Familie, wegen des längeren Aufenthalts mit. Dann brach der Iran-Irak-Krieg aus. Und dann blieben wir hier. Da war ich zwei Jahre alt“, sagt Reza Nadji.

Pari Moradi hingegen verließ Teheran erst im Alter von 24 Jahren, um in Münster ein zweites Studium aufzunehmen. Sie studierte dort Indogermanistik und fing vor neun Jahren an, nur noch Kunst zu machen. Zu ihren Eltern, die immer noch im Iran leben, hat sie nur telefonischen Kontakt.

„Berge begegnen sich nicht“, so heißt die Ausstellung, die noch bis zum 20. März 2016 in den Kunsträumen in der Wormser Straße läuft. Hier stellen zur Zeit sechs Künstler aus, die eines gemeinsam haben: ihre iranischen Wurzeln. Ansonsten eint sie nicht viel, zumindest nicht in der Kunst: Reza Nadji zeigt seine Fotografien aus Teheran, Linda Nadji ihre Installationen und skulpturalen Arbeiten, Pari Moradi ihre Serie „Scherben“, Gila Abutalebi setzt handgeschriebene Buchstaben in Gemälden in Szene, Mahssa Askari ihre Gemälde und Bahar Batvand bildliche Deformationen aus vermeintlichen Schrottteilen.

 

Reza Nadji in der Ausstellung mit seinen Bildern aus Teheran im Hintergrund

Wie kam es zu der Ausstellung? Wir treffen uns mit Michael Horbach, Pari Moradi und Reza Nadji in den Räumen der Michael-Horbach-Stiftung. Der Stifter hatte die Idee zur Ausstellung. Linda empfahl Bahar, die Mahssa und Gila empfahl. Und so kommen hier sechs Künstler zusammen, die alle zwischen 1971 und 1980 geboren wurden. Bis auf Gila Abutalebi alle im Iran.
Michael Horbach: „Das passte alles gut, auch vom Alter her. Sie kommen zwar aus dem Iran, aber sind vom Leben hier beeinflusst. Es ist keine klassische, iranische Kunst, keine Folklore. Wir haben hier ein Spektrum von Avantgarde-Kunst von jungen, iranischen Künstlern, die hier leben. Reza Nadji z.B. macht Fotos in Teheran, aber das, was man sieht, ist nicht typisch iranisch.“

Wie kam es zu der Fotoserie in Teheran?
Reza Nadji: „Ich hatte bis dato keinen Bezug zum Iran außer dem kulturellen Bezugspunkt durch meine Eltern und durch Verwandte. Es hat einfach gedauert, bis ich zurück an meine Wurzeln wollte. Und dann reiste ich an einen Ort, wo ich beim ersten Betreten das Gefühl hatte, ich kenne ihn schon – Teheran. Insgesamt war ich dreimal da. Ich wollte besonders viele Bilder von der Stadt haben, aber ohne Menschen. Die Bilder haben viele bedeutungsträchtige Motive, und Details, die man interpretieren kann. Ich wollte die Stadt selbst als Herberge der Menschen zeigen. Dort habe ich Dinge, die ich schon im Kopf hatte, wiedererkannt. Man sieht immer das, was man kennt.

Im Iran herrscht eine große Diskrepanz zwischen dem öffentlichen und dem privaten Raum. Offiziell ist hier sehr viel verboten, aber hinter verschlossenen Türen geht alles.
Diesen Kontrast fand ich auch in der Fassadenmalerei, zwischen Propaganda-Wandbildern und Werbung von westlichen Produkten. Alles ist dort vermischt, nebeneinander, aber auch gegeneinander. Überall traf ich auf Kontraste.
Das Land steht unter einem großem Druck. 70% der Iraner sind unter 30. Sie haben keine Freiheit, sich auszudrücken. Darum habe ich die Aufnahmen auch im Winter gemacht, um dadurch zusätzlich die Stagnation des Landes auch optisch einfangen zu können. Das Land ist eingefroren.“

Was haben diese vielen Zeichnungen von Scherben zu bedeuten?
Pari Moradi: „Ich habe vor vier Jahren angefangen, Vasen zu zeichnen, weil sie sowohl stabil als auch instabil sind. Der Kontrast reizt mich. Vor zwei Jahren ging ich dann dazu über, Scherben zu zeichnen. Auf den ersten Blick könnte man meinen, die Scherben bedeuten Zerstörung, aber sie sind nicht kaputt – es sind einfach einzelne Stücke, und jedes davon ist einzigartig, keine Scherbe ist wie die andere, keine ist gleich. Wie die Menschen. Meine Arbeiten sind nicht politisch. Meine Kunst sind meine Gedanken und Gefühle. Es ist so gesehen neutrale Kunst, die nichts mit dem Iran und seiner Kultur zu tun hat, sondern allgemein mit Menschen und dem, was sie beschäftigt. Ich identifiziere mich nicht mit einem Land oder einer Kultur. Wir gehören dahin, wo wir sind.“

 

Pari Moradi in der Ausstellung

Gibt es etwas, was Ihr doch alle gemeinsam habt?
Pari Moradi: „Ich habe festgestellt, dass die von uns, die mit ihrer Familie nach Deutschland gekommen sind, deutlichere kulturelle Bezüge zu unserem Herkunftsland haben als ich, die ich mit 24 alleine nach Deutschland gekommen bin.“

?Reza Nadji: „Und Pari ist diejenige von uns, die am besten Farsi kann.“

 

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Die Ausstellung läuft noch bis zum 20. März 2016.
Kunsträume der Michael Horbach Stiftung
Wormser Str. 23
50677 Köln

Mi & Fr 15:30?18:30 Uhr
So 11:00?14:00 Uhr

 

Text: Jasmin Klein

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