Maria, Tony und ein Hauch von New York
Dienstag, 4. Oktober 2011 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Tamara Soliz
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
40 Schüler sind schon voller Aufregung! Sie haben gerade Pause, als ich sie bei ihrer Hauptprobe treffe. Eine Gruppe von Mädchen steht hinter dem Theater am Tanzbrunnen und übt gerade ihre Tanzschritte. Die Musik haben sie mit ihrem Handy aufgenommen und spielen sie jetzt ab. Sie feuern sich gegenseitig an, korrigieren Fehler und haben einfach verdammt viel Freude!
Seit zirka sechs Monaten bereiten sich die Kölner SchülerInnen fieberhaft für diesen Abend vor. Unser Anti-Gewalt-Trainer Dirk Heinrichs aus der Südstadt teilt sich mit dem Sänger und Musiker Arthur Markus Horváth und der Choreographin Suheyla Ferwer die künstlerische Leitung des Schülermusicals Westside Cologne. Unsere Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes ist Schirmherrin.
Vor ungefähr einem Jahr bereits trafen Dirk, Arthur und Suheyla sich zum ersten Mal und entwickelten die Idee: Schüler aus Haupt- und Gesamtschulen sollten aktiv an der Produktion eines Musicals mitarbeiten können. Ein All-Round-Projekt sozusagen. Die Aufregung und Kreativität, die in einer Theaterproduktion stecken, sollten sie von Anfang an und aus verschiedenen Perspektiven mit erleben können. Sie sollten die Texte mit gestalten, die Musik mit komponieren, die Medienarbeit unterstützen, die ganzen technischen Finessen kennen lernen und auch beim Catering mit wirken! Das ist komplett neue Materie für die meisten Schüler.
Schülerinnen proben weiter in der Pause.
Und nun ist es endlich so weit! 3 Wochen ihrer Ferien haben die Schüler geopfert und täglich intensiv geprobt und vorbereitet. Das Original zu ihrem Musical von Leonard Berstein kannten viele der Schüler gar nicht. 1957 wurde die Geschichte von Romeo und Julia in modernisierter Fassung in New York uraufgeführt. Die Projektleiter der Westside Cologne schauten sich erst einmal den Film mit ihren Schützlingen an. Die Materie ist auch 54 Jahre nach der Uraufführung aktuell, aber den Film fand die Jugend von Heute phasenweise langweilig. Dirk Heinrichs kann das gut nachvollziehen: Der Film ist zwischendurch sehr langatmig. Der Spannungsbogen von damals ist ganz anders als die Kids das heute gewöhnt sind. Zu lange Einstellungen, zu langsame Schnitte. Aber die Tanzszenen im Film fanden alle toll!
Dirk Heinrichs hat jeden Tag mit den Jugendlichen genossen: Ich habe meine Ferien hier verbracht. Wir haben ganz viele tolle Jugendliche dabei! Die machen das super! Es geht nicht darum, dass sie die Texte glasklar sprechen sondern darum, dass sie authentisch sind, so wie sie sind. Ich konnte meine Kenntnisse als Anti-Gewalt-Trainer gut in das Projekt einbringen.
Die Hauptrolle des Tony spielt der 15-Jährige Benjamin Çolak. Er besucht die 10. Klasse der Ursula-Kuhr-Hauptschule in Heimersdorf: Ich singe seit meinem 5. Lebensjahr, am meisten türkische Volkslieder. Ich habe viel Glück, dass ich bei diesem Musical dabei sein darf. Bei einem Casting bei uns in der Schule habe ich vorgesungen. Ziemlich schnell war dann auch klar, dass ich die Hauptrolle spielen würde. In der Eingangsszene singe ich ein türkisches Volkslied. Das heißt Hast du dich schon einmal verliebt. Für dieses Stück war ich im Sommer nur drei Wochen in der Türkei in Ferien. Ich gebe mein Bestes!
Die Tanzpädagogin Suheyla Ferwer weiß, wie sie ihre Pappenheimer zu nehmen hat. Nach ihrem ersten gemeinsamen Projekt mit dem britischen Choreographen Royston Maldoom im Jahre 2006, war für Suheyla klar, dass sie Sozialprojekte durchführen wollte. Sie gründete ihr eigenes Tanztheater und sieht ihre Aufgabe vor allem darin, Kindern und Jugendlichen über das Tanzen neue Lebensperspektiven aufzuzeigen und einen Weg zu finden, respektvoll miteinander umzugehen.
Sie hat auch nicht den Weg in die Jugendvollzugsanstalt Ossendorf gescheut, um dort mit inhaftierten Jugendlichen den Bolero auf Zeit zu erarbeiten: Für mich sind solche Sozialprojekte nur gut, wenn sie Nachhaltigkeit haben. Die Schulen, die wir ausgewählt haben, haben noch nie etwas im Kulturbereich gemacht. Ich möchte den Jugendlichen eine sinnvolle Beschäftigung geben. Sie von der Straße herunter holen. Durch singen und tanzen finden sie eine sinnvolle Beschäftigung. Sie lernen bei dem Projekt Disziplin, Respekt und Vertrauen in sich Selbst. Wir vertrauen ihnen und das gibt ihnen eine ungeheure Sicherheit.
Im Juli noch hat Suheyla mit Royston Maldoom in Köln gearbeitet. Sie haben gemeinsam mit 128 Kölner SchülerInnen die Carmina Burana von Orff im Schauspielhaus aufgeführt. Bei diesem Projekt haben Suheyla und die Schülerin Zoé Keller de Almeida Soliz (die Tochter meiner Kollegen Tamara und Dirk) aus der Südstadt sich kennen gelernt. Zoé war begeistert und wollte weiter tanzen!
Suheyla Ferwer freut sich: Das ist auch ein Beispiel für Nachhaltigkeit. Zoé hat zum ersten Mal mit Royston getanzt und macht jetzt auch mit. Ihr macht das Tanzen Spaß! Vielleicht wird es ja noch weiter gehen. Zoé ist erleichtert, dass die Proben diesmal nicht so anstrengend waren: Bei der Carmina Burana haben wir viel intensiver geprobt. Es gab nicht so viele Pausen bei Royston. Es macht Spaß, verschiedene Erfahrungen zu sammeln.
Eine Überrachung haben wir noch für Euch:
„Meine Südstadt“ hat einige Karten für die Premiere zu verlosen! Und anschließend gibt es bei der Gala noch das Fingerfood-Menu des Catering-Teams und des Rheinterrassen-Teams. Die Gastronomen der Rheinterassen unterstützen das Projekt, indem sie die Zutaten für das Menu von allen ihren Lieferanten gesponsert bekommen haben. Lasst Euch das Menu Cologne goes USA schmecken! Schickt einfach eine E-Mail mit dem Stichwort „Westside Cologne“ an redaktion@meinesuedstadt.de.
Westside Cologne
Schülermusical-Projekt
Premiere: 6. Oktober 2011, 20 Uhr
Theater im Tanzbrunnen
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