Mit Flip-Flops zur Taufe
Dienstag, 11. Juli 2017 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Tamara Soliz
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Mehr als 300 Familienangehörige und Gäste sitzen am Sonntagmorgen bereits um zehn Uhr am Kiesstrand des Rheins bei Stromkilometer 689,5 rechtsrheinisch am Ufer des Rheinparks. Sonntag (09.07.2017) wurden nämlich 26 Täuflinge am und im Rhein getauft.
Wir fahren mit den Rädern am Rheinufer entlang und sehen von Weitem schon die rot-orangefarbene Pavillons am Strand. Das muss es sein! Hier sind sieben Reihen Bierbänke aufgebaut und unter den Schatten spendenden Pavillons sitzen die Omas und Opas. Picknickdecken und Kinderwagen sind zu sehen. Auch ein Hund ist dabei. Und Bollerwagen mit den nötigen Utensilien: Sonnencreme, Sonnenhut und Wasser, Wasser, Wasser. Ein weiterer Pavillon direkt am Rheinufer bietet den Musikern ein schattiges Plätzchen für die stundenlange Zeremonie unter freiem Himmel.
Taufe im Rhein
Die erste Taufe im Kölner Rhein hatte letztes Jahr mit elf Täuflingen stattgefunden. Die Idee dazu hatte Pfarrerin Dr. Anna Quaas von der Evangelischen Gemeinde Köln: Ich war mal auf einer Fortbildung und da hat mir eine junge Kollegin erzählt, dass sie eine Taufe an einem Badesee durchgeführt hätten, berichtet Pfarrerin Quaas. Die Sonne sei aufgegangen und ich stellte mir das sehr schön vor. Die Idee hat mir so gut gefallen, dass ich davon meinem Kollegen Mathias Bonhoeffer erzählt habe und wir uns gleich auf den Weg machten, einen geeigneten Ort am Rhein zu finden. Eine flache Stelle, wo man ungefährdet ins Wasser gehen könnte.
Die Sonne sei aufgegangen…“, sagt Pfarrerin Dr. Anna Quaas.
Die Stelle wurde gefunden jetzt mussten nur noch die Behörden zustimmen. Zuständig waren gleich zwei, das Grünflächenamt und das Wasser- und Schifffahrtsamt in Duisburg. Beide hatten nichts gegen die Rhein-Taufe, empfahlen allerdings auch, die Deutsche-Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) hinzuzuziehen. Damit auch alles gesichert ist für eine erfolgreiche Taufe am Rhein. Das Rettungsboot des DLRG ist außerdem natürlich Highlight für manche Kinder und sie dürfen sogar mal in das Boot reinklettern und es von Innen bestaunen.
Halleluja
Kantor Thomas Frerichs eröffnet das Ganze mit einem jazzigen Halleluja mit Keyboard und Saxophon. Die Taufgesellschaft stimmt sich ein. Die Täuflinge im Alter von 6 Monaten bis 18 Jahren werden einzeln mit Eltern und Taufpaten vorgestellt. Vis á vis von Dom und Bastei herrscht eine entspannte Atmosphäre. Manche Eltern sitzen mit ihren Kindern auf den Picknickdecken, Sonnenhüte und herumtollende Kinder runden das Bild ab. Die ehrenamtlichen Helfer der Evangelischen Gemeinde haben warme und kalte Getränke bereitgestellt.
Ab ins Wasser
Direkt am Ufer des Rhein haben sie einen Altar aufgebaut. Pfarrerin Anna Quaas und Pfarrer Mathias Bonhoeffer stehen feierlich in ihren schwarzen Gewändern davor. Der Taufgottesdienst hat begonnen. Und dann heißt es: Ab ins Wasser! Allen voran schreiten Pfarrerin Quaas und Pfarrer Bonhoeffer mutig in die Fluten. In voller Montur mit Kleidern und Schuhen. Die Eltern folgen ihrem Vorbild mit den Taufpaten und ihrem Täufling. Alle tragen Flip-Flops, Crocs oder sind barfuß. Den Kindern gefällt die Nähe zum Wasser. Einige würden auch nach der Taufe am liebsten noch im Wasser schwimmen. Jeder Täufling erhält nach der Taufe eine Taufurkunde und eine altersgerechte Bibel.
Einige würden auch nach der Taufe am liebsten noch im Wasser schwimmen.
Perfekte Kulisse
Auch der 1,5-jährige Tobias ist gestern im Rhein getauft worden. Seine Mutter Susanne Probst hatte die erste Rhein-Taufe letztes Jahr verfolgt und war begeistert davon. Für ihren Sohn wünschten sich seitdem Susanne und ihr Mann auch eine Rhein-Taufe. Man ist unter freiem Himmel und es ist eine entspannte Atmosphäre. Die Kulisse ist perfekt. Man ist nicht alleine mit seinem Täufling und es ist etwas Einmaliges, berichtet Christian Probst. Den von Nah und Fern angereisten Angehörigen hat die Taufe im Rhein auch besonders gut gefallen: Alle waren begeistert! Einmal, dass die Gemeinde so groß ist, dass mit Rhein-Wasser getauft wird, dass die Kulisse so super ist und dass das Wetter mitgemacht hat. Toll! schwärmt Christian Probst. Aber einen großen Einfluss haben natürlich Vater Rhein und der Dom: Man kann das nicht an jedem Flüsschen machen. Da braucht man schon die Größe des Rheins, die historische Bedeutung Kölns und des Doms. Und dass die Kinder zwischendurch aufstehen konnten und herumlaufen, hat zu einer entspannten und familiären Atmosphäre geführt. Manche haben Muscheln gesammelt, Steinburgen gebaut oder die Frachtschiffe bewundert..
Kein kommerzielles Event
Trotz dieses Erfolgs gibt es die Rhein-Taufe nur einmal im Jahr. Pfarrerin Dr. Anna Quaas begründet das so: Das ist logistisch ein großer Aufwand. Die Tontechnik, die Bänke, die Pavillons all´ das haben wir dorthin transportiert. Das ging nur mit der Hilfe von Ehrenamtlern aus der Gemeinde. Wir wollen diese Rhein-Taufe aus unserer Gemeinde heraus stemmen können und nicht kommerzialisieren. So ist und bleibt das eine schöne Veranstaltung – eben einmal im Jahr. Überzeugend.
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