Musikalische Berührungen
Dienstag, 5. März 2013 | Text: Roger Lenhard | Bild: Heiko Specht
Geschätzte Lesezeit: eine Minute
Musiklabor. Das Nominalkompositum besteht aus Musik und Labor. Labor ist die Kurzform von Laboratorium: Versuchsanstalt, Forschungsraum oder Probierstätte. Es lässt einen an Arbeit denken, aber auch an spielerische Erkundungen, Annäherungen, Wirklichkeitsertastungen. Versuch und Irrtum. Vermutungen und Widerlegungen. Offene Fragen und vorläufige Antworten.
Die Werkzeuge des Musiklabors sind akustische Instrumente. Einzig durch eine Pause wird die Veranstaltung strukturiert. Es gibt also zwei Teile und die Vorgabe, dass der zweite Teil sich auf den ersten bezieht. Darüber hinaus „ist alles verwechselbar, verwandelbar, umkehrbar und austauschbar: Dinge, Zeiten und Räume. Aber nichts ist beliebig.“ So wird Dr. Faustroll, ein Pataphysiker, zitiert (eine Kunstfigur des Bühnenautors Alfred Jarry)
Zur Veranstaltung am vergangenen Sonntagnachmittag luden die beiden Kuratoren sich selber als Musiker ein: Albrecht Maurer (Violine, Bratsche, Stimme) und Norbert Stein (Tenorsaxophon, Geräuschmittel). Es wurden Kompositionen beider gespielt aus dem weiten Feld der modernen Klassik und des freien Jazz (ich gebe dem Kind einen Namen und täusche eine Beschränkung an, die es so sicherlich nicht gegeben hat). Es waren Annäherungen, mal konsonant mal dissonant. Erst wurde Wohlklang erzeugt, der dann wenig später zankend aufgebrochen wurde. Themen und Melodien wurden gemeinsam gespielt oder erst von dem einen angedeutet, um von dem anderen aufgenommen und weitergeführt zu werden. Um dann wieder zurückgeworfen zu werden. Bei allem Disput war der Wille zur Verständigung spürbar. Es fanden Berührungen statt, so schließlich auch das Motto des ersten Teils.
Das spannende, manchmal beiläufig spinnerte, musikalische Aufeinandertreffen wurde mitsamt des Applauses und der sprachlichen Intros aufgezeichnet und digital eingespeist. Das Audiomaterial – und nur dieses – diente dem elektronischen Klangkünstler und Musik-Softwareentwickler Ephraim Wegner (leider ohne seinen erkrankten Partner Florian Huth) als Stoff zur elektronischen Bearbeitung mittels verschiedener Tools. Nach der Pause wurde seine Bearbeitung aufgeführt. Die Neukomposition des Materials wurde in vier verschiedene Tonspuren zur quadrophonen Wiedergabe aufgebrochen, so dass die Zuschauer an unterschiedlichen Orten des Raumes Verschiedenes hören konnten. Das Stück selber hatte mit seinen schweren tiefen Tönen eine dunkel dräuende, fast unheilverkündende Färbung. Dass die elektronische Bearbeitung fremden Materials mehr sein kann als einfallsloser Klau und dreistes Kopistentum hat der Künstler eindrücklich gezeigt.
Getrübt wurde die Konzentration auf die Musik im ersten Teil durch die erläuternden Reden der beiden Musiker und Kuratoren der Veranstaltung, die meist zu ausholend und oft kryptisch verquast waren. Etwas mehr Zurückhaltung ist im Sinne des Musikgenusses, die genug Irritationen schafft, für die zukünftigen Veranstaltungen zu wünschen.
Die Veranstaltungsreihe „MusikLabor“ wird an jedem 1. Sonntag im Monat um 17.00 Uhr im Kunsthaus Rhenania fortgeführt.
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