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Kultur

Musikhaus für die Südstadt

Mittwoch, 13. Dezember 2017 | Text: Judith Levold | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

„Na, endlich! Jetzt passiert hier mal was“ hätten Passanten ausgerufen, erzählt Franziska Erdle, die bei strömendem Regen mit Dachdeckern und Elektrikern im kleinen Haus auf dem Spielplatz an der Annostraße um die Wette friert. „Ja hier ist quasi Rohbau, hier ist praktisch gar nix, keine Stromleitungen, keine Heizung, kein Wasser. Dreizehn Container Schutt haben wir hier schon rausgekloppt“, berichtet die Pianistin, die seit zwanzig Jahren die Klavierschule Süd am Ubierring betreibt.

Vergammelnder Leerstand

Die Etage über dem Musikclub „Lichtung“ am Ubierring habe sie damals günstig kaufen können. Mit acht weiteren Instrumentalpädagogen bildet Franziska Erdle dort eine Gemeinschaft selbstständiger Lehrer, die Klavier-, Gitarren- und Geigenunterricht für etwa 200 SchülerInnen bietet. „Ich hatte schon länger mit dem Gedanken gespielt, dass wir die Schule erweitern sollten, damit auch Instrumente wie Saxofon und Querflöte unterrichtet werden können, vor allem aber auch, um den Fokus auf Gesang zu legen – einen Ort für Chöre und klassische Konzerte aufzubauen, finde ich toll“, sagt Franziska Erdle.


„Für mich steht das leer, seit ich denken kann.“

Selbst nur ein paar Schritte entfernt zu Hause, beobachtete sie über Jahre das Häuschen auf dem Spielplatz, das der Stadt Köln gehört, aber seit vielen Jahren schon nicht mehr genutzt wurde und zusehends verfiel. „Also für mich steht das leer, seit ich denken kann. Ganz früher war das mal so ein Gerätelager vom Grünflächenamt und vor ein paar Jahren wurde es mal als Teestube für Jugendliche benutzt, aber dann ist es eben nur noch vergammelt. Man kann sich nicht vorstellen, was wir hier an Müll rausgeholt haben, hier war zehn Jahre nicht gelüftet worden, alles verschimmelt, es mussten jetzt jede Menge Dachbalken erneuert werden, aber es wird herrlich“, lacht Franziska begeistert, während sie uns durch die Räume führt – der große, hohe Raum mit den Backsteinwänden hat es ihr besonders angetan: „Hier kommen verschiebbare Wände rein, da kann man Einzel- oder Kleingruppenunterricht machen, und abends zieht man sie auf und hat einen Konzertsaal für klassische Musik – das gibt es bislang nicht in der Südstadt.“

Drei Tage und drei Jahre

„Ich hab mich einfach mit meiner Idee beworben, nachdem ich rausgekriegt hatte, welches Dezernat für das Häuschen zuständig ist. Weil die Post streikte, habe ich den Brief persönlich ins Vorzimmer der Dezernentin Agnes Klein gebracht, bei einer Frau Sonnenschein hab ich den abgegeben, das weiß ich noch genau“, erinnert sich Franziska Erdle an den Anfang des Projekts „Musikhaus“ vor knapp drei Jahren. Und dann sei sie schon drei Tage später zu einem Gespräch eingeladen worden, eine befreundete Architektin war mit dabei.

Dass sie aber erst jetzt, seit ein paar Wochen, als stolze Mieterin für 30 Jahre die Kernsanierung des Häuschens voran treiben kann, liegt daran, dass die Verwaltung dann doch noch knapp drei Jahre brauchte, um die Sache zu genehmigen. „Die mussten erst überprüfen, ob sie das nicht selbst nutzen, etwa für Flüchtlinge. Aber das ist ja quasi eine Ruine, die Renovierung konnten sie sich nicht leisten, man hat mir gesagt, das sei zu teuer, ebenso wie ein Abriss, der allein schon 300.000 Euro kosten würde.“

„So Leute wie Sie braucht die Stadt“

Franziska Erdle hat quasi von der klammen Kasse der Stadt profitiert, deren Bedingung für die Vermietung des Häuschens Gemeinnützigkeit der Nutzung war. Ein Kompromiss musste gefunden werden: Wenn die Musikschule auch nur in Teilen gemeinnützig arbeite und das Haus mit kulturellen Angeboten für die Öffentlichkeit zugänglich bleibe, dann sei das Projekt machbar, entschied zu guter Letzt die Verwaltung.


„Ich hab mich einfach mit meiner Idee beworben.“

Und mit Gemeinnützigkeit hat Franziska Erdle kein Problem, im Gegenteil „Das machen wir ja jetzt auch schon, wir geben ja auch kostenlos Instrumental-Unterricht an Flüchtlingskinder und so“, sagt sie. „Und das kann man ja ausbauen, hier ist zum Beispiel ein Altenheim in der Nachbarschaft, dann könnten ja Senioren zum Chor kommen – hier wird nämlich alles barrierefrei. Und auch mit der Grundschule Zwirnerstraße kann ich mir gut Zusammenarbeit vorstellen.“

Leute wie sie brauche man, habe man ihr in der Verwaltung gesagt und sich bereit erklärt, zumindest die Asbestsanierung des Bodens und Teile der Erneuerung des mit Schwamm und Schimmel befallenen Dachgebälks zu übernehmen. „Da bin ich froh, das hätte ich sonst nicht stemmen können, ich hab ja so schon einen fetten Kredit aufnehmen müssen“, meint Franziska Erdle, aber: „Das wird super, das wird sich tragen“ ist sie überzeugt. Schon jetzt sei allein die Baustelle Anziehungspunkt für viele Freunde, die kämen, um zu helfen und wochenends bei Schmuddelwetter mit ihr Glühwein zu trinken. „Baustellenparty.“

Text: Judith Levold

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