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Lükes Liebes Leben Südstadt

N-Akt

Montag, 8. Januar 2024 | Text: Reinhard Lüke

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Durch mit den Feierlichkeiten. Kekse aufgegessen, die edlen Tropfen ausgetrunken und Silvester unbeschadet überstanden. Ab heute wieder alles normal. Zumindest für einen Monat. Schließlich ist dann schon wieder Karneval. Seit der PriPro am letzten Freitag sieht man bunte Gardisten jetzt wieder täglich beim Vorglühen im Brauhaus an der Severinstraße, bevor sie abends durch die Säle ziehen.

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Nie gewesen

Bis der Trubel auf den Straßen richtig losgeht, werde ich weiterhin mit meinem Deutschland-Ticket Städte besuchen, in denen ich zum eigenen Erstaunen noch nie war. Oft mit dem Auto vorbei- oder mit dem Zug durchgefahren, aber nie aufgesucht. Krefeld zum Beispiel. Hieß mal stolz Seidenweberstadt, aber der Glanz früherer Tage ist längst der Tristesse vieler (Groß-)Städte in NRW gewichen. Zahlreiche Leerstände in der Fußgängerzone und dann lockte auch noch die Kaufhof-Filiale kurz vor ihrer endgültigen Schließung mit Sonderangeboten. Ich kann mich an solchen Offerten wegen Geschäftsaufgabe nie erfreuen. Es fühlt sich immer wie Leichenfledderei an. Stattdessen statte ich bei meinen Besuchen den örtlichen Museen gern einen Besuch ab. In Krefeld dem Kaiser Wilhelm Museum am Josef Beuys Platz. Der Mann mit dem Hut war schließlich ein Sohn der Stadt, aber da das Gebäude zur Zeit saniert wird, war nur eine Etage geöffnet und ich war so ziemlich der einzige Besucher. Weshalb ich stets eine Einzelbegleitung durch gelangweilte aber freundliche Museumswärter hatte. Ein Job, bei dem man sich vermutlich nicht überarbeitet, den ich aber trotzdem eher nicht machen möchte.

Duisburg, Dortmund

Nächste Station: Duisburg. Da hatte ich zwar über mehrere Jahre einen Job beim Dokumentarfilm-Festival, aber außer dem Weg vom Hotel zum Kino kannte ich da nix. Also erstmal ins Lehmbruck Museum. Beeindruckende Skulpturen des Bildhauers und anderer Künstler, aber insgesamt ein eher überraschungsarmes Haus. Ganz anders das Museum Küppersmühle, von dem ich peinlicherweise noch nie gehört hatte. Ein architektonisch imposant umgebauter, ehemaliger Industriekomplex mit einer grandiosen Sammlung von Werken der modernen Malerei. War für mich eine echte Entdeckung und in jedem Fall eine Reise nach Duisburg wert.

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Letzten Freitag dann nach Dortmund. Erster Schreck: Beim Verlassen des Bahnhofs landet man direkt in einer Ansammlung architektonischer Scheußlichkeiten, gegen die unser Breslauer Platz geradezu ansehnlich wirkt. Als einziger Lichtblick erweist sich die Kirche St. Petri, deren Innenraum so nüchtern wie elegant gestaltet ist. Das Fußball-Museum hab´ ich mir geschenkt. Schließlich wollte ich vor allem ins U. In dem ehemaligen Brauerei-Gebäude ist ein Museum untergebracht, das derzeit eine ziemlich umfassende Werkschau des deutschen Expressionismus zeigt. Dabei sind auch Werke von Emil Nolde, dem Nazi-Anhänger und Antisemiten, der selbst dann nicht von seinen Überzeugungen ließ, als seine Bilder als „entartet“ eingestuft wurden. In Schrifttafeln wird die zwielichtige Vita des Malers im Museum ausgiebig dokumentiert. Aber sollte man seine Bilder überhaupt noch zeigen?

Meisterwerke böser Menschen

Meiner Meinung nach unbedingt. Ist nunmal so, dass begnadete Künstler nicht unbedingt liebenswerte Menschen sind. So hat Roman Polanski zahlreiche Meisterwerke gedreht und der Widerling Harvey Weinstein Filme wie „Pulp Fiction“ oder „Gangs of New York“ produziert. Aber letztlich muss jeder für sich entscheiden, wie er es im Umgang damit hält. Bei der Expressionismus-Ausstellung in Dortmund hat man sich auch um den Kontext des deutschen Kolonialismus in Afrika bemüht. Und das mit größtmöglicher Correctness. So wurde bei einem Bild der Titel „Eingeborene“ in Anführungszeichen gesetzt und das Porträt einer unbekleideten Afrikanerin heißt nun „N-Akt“, weil man den Originaltitel ja nicht mehr nennen darf. Ich weiß noch nicht, ob ich das angemessen oder grotesk finden soll. Ich werd´ drüber nachdenken und weiter durchs Land reisen. So Lokführer und Bauern mich lassen.

Text: Reinhard Lüke

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