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Lükes Liebes Leben

Oben ohne in der Südstadt

Montag, 26. Juni 2023 | Text: Reinhard Lüke

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Meine Hoffnung, dass das Anstehen vor kleinen Geschäften auch nach Ende der Pandemie erhalten bleiben möge, hat sich leider nicht erfüllt. Seinerzeit klebten doch überall Zettel an den Türen, auf denen zu lesen stand, wie viele Menschen den Laden gleichzeitig betreten sollten, bzw. durften.

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Ich fand das Draußen-Warten immer ganz angenehm und bin dabei oft mit den unterschiedlichsten Menschen ins Plaudern gekommen. Doch kaum waren die Restriktionen vorbei, ging wieder alles den gewohnten Gang. Es strömten wieder so viele Leute gleichzeitig in die Läden, wie diese gerade noch fassen konnten. Mit den üblichen Begleiterscheinungen. Fragt heute die Verkäuferin beim Bäcker oder Metzger in die Runde, wer denn der nächste sei, gibt es wieder das vertraute Gezeter. „Ich denke, ich war vor ihnen dran.“ „Auf keinen Fall. Ich habe sie doch nach mir reinkommen sehen. Unverschämtheit!“ Gänzlich unnötiger Stress. Würde man sich wie einst draußen in die Schlange stelle, gäbe es den nicht. Als Einzelkämpfer kann ich den misslichen Trend leider nicht aufhalten. Stehe ich draußen an, weil drinnen exakt so viele Kunden wie Verkäufer zugange sind, strömen meine Mitbürger einfach an mir vorbei. Da würde ich ewig auf meine Brötchen oder meine Wurst warten müssen.

Ich meinen auch

Doch wenn man dann erstmal drin und dran ist, ergeben sich doch bisweilen denkwürdige Begebenheiten. So stand ich unlängst in der Metzgerei meines Vertrauens auf der Severinstraße. Neben mir wurde eine Frau, so Mitte 50, von einem Fleischereifachverkäufer ungefähr gleichen Alters bedient. Ich weiß jetzt nicht mehr, ob sie Schnitzel oder gemischtes Hack geordert hatte, aber jedenfalls sagte sie irgendwann: „Ich nehme dann doch lieber etwas mehr. Ich kenne ja meine Männer.“ Das dazugehörige „Hö, hö“, war nicht hörbar, aber sie hatte offenbar einen kleinen Scherz machen wollen. Mit „meine Männer“ waren eindeutig ihr Gatte und der gemeinsame Sohn oder die Söhne gemeint. Von ihrem Habitus her, wadenlanger Jeans-Faltenrock und Folklore-Bluse, schien sie mir zumindest der exzessiv gelebten Polygamie eher unverdächtig. Der Verkäufer nahm den Scherzversuch mit „Ich kenne ja meine Männer“ jedenfalls ungerührt zur Kenntnis und erwiderte knapp: „Ich meinen auch“. Prompt sah man es im Gesicht der Dame heftig arbeiten. Hatte sie sich verhört oder hatte er wirklich von „seinem Mann“ gesprochen? Hieße das am Ende, sie war gerade von einem queeren Verkäufer bedient worden? Ich weiß jetzt nicht, ob die das sie offenbar verstörende Erlebnis abends bei Tisch noch mit „ihren Männern“ besprochen hat, aber ich versuchte, mir das vorzustellen.

Zieht euch was an!

Was ist eigentlich aus der neuen Freizügigkeit in unseren Schwimmbädern geworden. Seit Anfang April dürfen ja auch Frauen barbusig ins Wasser. Wovon laut Auskunft der KölnBäder allerdings kaum jemand Gebrauch machte. Lediglich zwei ältere Damen waren da im ersten Monat oben ohne gesichtet worden. Möglich, dass das Angebot seit Eröffnung der Freibadsaison mehr Zuspruch findet. Im polnischen Ostseebad Swinemünde sollte man sich hingegen lieber züchtig verhüllen. Das Sonnen oben ohne ist nicht erwünscht und zudem hat man jetzt eine Verordnung erlassen, wonach Damen nicht im Bikini auf der Uferpromenade flanieren dürfen, sondern sich was überwerfen sollen. Bei Zuwiderhandlungen drohen Knöllchen. Auch in Barcelona ist es untersagt, im Badeanzug durch die Stadt zu bummeln. Kann ich mit leben. Ich habe noch nie verstanden, warum man sich besser fühlen soll, wenn man sich im Sommer die Klamotten vom Leib reißt. Wüstenbewohner laufen schließlich auch nicht halbnackt rum. Was sicher weniger ethisch-ästhetische als praktische Gründe hat. Bemerkenswert an der Nummer in Swinemünde ist aber vor allem, dass die Regelung nur für Frauen gilt.

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Männer jeden Alters dürfen ihre Schmerbäuche weiterhin unbedeckt zur Schau stellen. Aber für dieses betrübliche Schauspiel muss man ja keineswegs bis ans Meer fahren. Vor ein paar Tagen kam mir auf der Severinstraße nachmittags ein Trupp feierwütiger Männer entgegen. Kurze Hosen, Bierchen zur Hand und oben ohne. Aber im Prinzip finde ich den Sommer in der Stadt trotzdem schön.

 

 

 

 

 

 

 

 

Text: Reinhard Lüke

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