Oberbürgermeisterin Reker: „Die Stadt muss lernen…“
Mittwoch, 28. November 2018 | Text: Alida Pisu | Bild: Theater der Keller
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Das Theater Der Keller gab wieder ein „Theater frei“ – frei nach dem Vorbild der WDR-Kultsendung „Zimmer frei“, in der es darum geht, sich um Wohnraum (hier: In einer WG) zu bewerben. Prominenter Gast dieses Mal: Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die schlagfertig auf alle Überraschungen reagierte. Dass sie das Zeug zur Regisseurin hat, stellte sie hier zwar unter Beweis, dass ein Problem wie „Wohnungsnot“, das vielen Kölnern unter den Nägeln brennt, allerdings nur langfristig zu lösen ist, wurde an diesem Abend aber auch deutlich. Doch der Reihe nach, erzählen wir die persönliche Geschichte des Meinesuedstadt.de-Besuchs bei Theater frei!
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Die von Moderator Felix Mauser gestellte Aufgabe, eine Wiederaufnahme von Tschechows „Der Kirschgarten“ zu leiten, meisterte Reker souverän und äußerst humorvoll mit Tipps für die beiden Schauspielerinnen. Auch als plötzlich der „Bürgerchor“ auf die Bühne strömte und sang, hielt es sie nicht lange und sang selbst mit. Jeder der Sänger/innen machte ihr anschließend ein Geschenk (u. a. viele Blumen, aber auch eine Mistgabel: „Sie wollten doch die Verwaltung ausmisten.“ Frau Reker: „Scheint viel Arbeit zu sein.“).
Auffallend, obwohl wenig erstaunlich war, dass etliche Sorgen und Nöte in Bezug auf Wohnungsnot und bezahlbaren Wohnraum geäußert wurden. So berichtete einer der Sänger, der Chor habe seine Heimat und Probenort in einem städtischen Gebäude am Eifelwall verloren. „Die Gebäudewirtschaft hat uns innerhalb von 4 Wochen rausgeschmissen. Die Begründung war, dass man vor der Winterpause noch mal was an der Heizung machen müsse. Das Gebäude steht jetzt leer, soll im Zuge des Grüngürtels irgendwann mal abgerissen werden.“ Sein Wunsch: dass Reker den städtischen Stellen als „Dirigentin“ den Takt vorgeben solle, um dem Chor eine neue musikalische Heimat zu geben. Die Oberbürgermeisterin sagte ihre Unterstützung zu.
In einem flammenden Appell erinnerte Theaterchef Heinz Simon Keller an die traditions- und anekdotenreiche 44jährige Geschichte des Theaters in den Räumlichkeiten an der Kleingedankstraße. Und warb beredt um eine Unterstützung dieser renommierten kulturellen Institution: „Dass hier drei Wohnungen reinkommen, das verschmerze und verstehe ich noch immer nicht, doch so ist die private Wirtschaft. Wir müssen noch viel kämpfen, es ist noch nichts fest, aber gute Dinge brauchen lange Zeit. Was, Frau Reker, können Sie bewegen, dass diese Stadt in 20 Jahren wieder eine Lebensqualität und nicht nur eine Partyqualität hat?“
Standortqualität – ein schwammiger Begriff
In ihrer Antwort entwarf Henriette Reker das Bild einer lebenswerten Stadt am Rhein, die sich u. a. auch durch hohe Aufenthalts- und Standortqualität auszeichne, zu der sie insbesondere die kulturelle Attraktivität zähle, die auch die freie Szene mit einschließe. Und im Grunde habe Heinz Simon Keller ja Recht: es brauche alles seine Zeit. Das erschien aber dann doch ziemlich schwammig, wie die Redaktion mal anmerken möchte…
Fazit: Wien macht es gut, aber Köln ist nicht Wien
Nach der Veranstaltung konnte Meinesuedstadt.de die Oberbürgermeisterin noch auf eine neue Bauordnung ansprechen, die die Stadt Wien in der vergangenen Woche erlassen hatte und die drastisch gegen steigende Mieten vorgeht. Denn demnachh unterliegen 2/3 aller öffentlich geförderten Wohnungen zukünftig einer Mietgrenze von 5 Euro pro Quadratmeter, womit den Spekulanten der Boden für Wuchermieten entzogen wird. München als erste deutsche Stadt prüft derzeit die Machbarkeit einer solchen Maßnahme für die eigene Stadt.
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Die Körpermanager® heißen Euch willkommenEs werde schwierig, so darauf die Oberbürgermeisterin, eine solche Bauordnung für Köln umzusetzen, weil dann für Investoren der Anreiz für den Wohnungsbau fehle. (Warum der in Wien kein Problem sei, wurde nicht erklärt, Anm. der Red.). Und auch die GAG, die sich größtenteils in städtischer Hand befinde, sei eine Aktiengesellschaft, die Rendite erwirtschaften müsse. Doch am Beispiel der Studenten, die händeringend ein Zimmer suchten, meinte Reker: „Die Stadt muss einfach lernen, dass es nicht als ein Erfolg gewertet wird, dass ein Grundstück teuer an einen Investor verkauft wird, sondern dass man ein Grundstück – vielleicht in Erbpacht – ans Studentenwerk gibt und damit Studenten und universitäres Leben unterstützt. Denn das ist genau so viel wert.“
Dies sagte die OB allerdings schon 2015 in ihrem OB-Wahlkampf, als wir sie zu einem langen Interview trafen – geändert hat sich an der Grundstücksvermarktungspraxis in Köln bislang allerdings noch nichts. Denn im Grunde wäre eine Standortqualität, die da heißt, attraktiv auch für Studierende (oder die anderen, immer mehr konkurrierenden Gruppen von Menschen mit geringerem Einkommen), noch viel mehr wert und der Oberbürgermeisterin ist zu wünschen, dass nicht 20 Jahre ins Land gehen, bis die Theorie des guten Willens über die Praxis der Profitmaximierung mal siegen kann. Denn nur mit Theorie ist Niemandem gedient. Nicht dem Theater Der Keller, und nicht Studenten des Wintersemesters 2018 oder all denen, die sich kaum noch ihr Dach über dem Kopf leisten können.
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