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Gesellschaft Politik

Ohne Ort kein Glück

Montag, 17. August 2015 | Text: Judith Levold | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Mit diesem Zitat von Peter Handke, oft verwendet von Kölns wohl berühmtestem Pfarrer Franz Meurer, leitet der Obdachlosen-Seelsorger Bruder Markus den Nachmittag im GUBBIO ein, viel „Larifari“ lautet am Ende das Fazit der „Kölsche Linda“ genannten Ex-Wohnungslosen Linda Rennings. Die OB-Kandidaten Henriette Reker und Jochen Ott waren zu Gast in der Obdachlosen-Kirche an der Ulrichgasse und diskutierten miteinander und dem Publikum.

 

Mal sehen, was wirklich passiert

 

Sie sei gespannt, so Linda, was die beiden tatsächlich an Praktischem für Obdach- und Wohnungslose zukünftig täten, besonders für obdachlose Frauen. Sie selbst habe ja den Ausstieg, respektive Einstieg in ein Wohnungs-Leben geschafft, helfe deshalb jetzt mit ihrem neuen Verein Heimatlos in Köln (HIK) e.V. anderen Wohnungslosen. Und dabei werde sie behördlich massiv behindert, erzählt sie mir. Nämlich da etwa, wo sie versucht, mit gespendetem Essen/Eintopf die Nahrungs-Versorgungslücke an den Wochenenden zu stopfen, wenn viele Einrichtungen wie Vringstreff oder OASE geschlossen haben. Suppe auf der Domplatte verschenken? Geht nicht, so – laut Linda – die Behörden.

 

Viele Wohnungslose sind im Publikum, sitzen in der ersten Reihe auf den Kirchenbänken und trauen sich nach der musikalischen Einlage sowie der ersten Runde auf dem Podium, selbst ans Mikro, um das soeben Gehörte zu hinterfragen. Etwa, warum die Winterhilfe nicht barrierefrei sei, also auch mit Hunden zu besuchen. Und ob man nicht in gemeinsamer Arbeit mit den Wohnungslosen etwa leer stehende Gebäude zu Wohnraum herrichten könne. WDR-Reporterin und Moderatorin Anke Bruns hat zum Einstieg die beiden Anwärter auf das Amt des kommunalen Verwaltungschefs bzw. -chefin zu Fragen wie mehr sozial gefördertem Wohnraum, der Nutzung des öffentlichen Raums auch durch Obdachlose oder der Forderung nach aufsuchender Sozialarbeit interviewt. 

 

Ähnliche Ziele, anderer Duktus

 

Mein Eindruck: Die beiden wirken nicht sehr unterschiedlich inhaltlich, formal jedoch schon. Ich erlebe einen Jochen Ott, der voller Emphase und auch mit Seitenhieben auf die Gegnerin nicht sparend, als OB preiswerten Wohnraum, noch bessere Beratung und Vernetzung für Obdachlose sowie schnell umsetzbare, unbürokratische Projekte anzuschieben verspricht. Henriette Reker betont ebenfalls, „ausreichend bezahlbarer Wohnraum für darum konkurrierende Menschen wie Flüchtlinge, Obdachlose oder HartzIV-Empfänger, ist der Dreh- und Angelpunkt in Köln!“, und berichtet sachlich davon, dass ihrer Erfahrung nach viele sinnvolle Maßnahmen, die die Verwaltung in der Vergangenheit schon erarbeitet habe, nicht umgesetzt worden seien.

 

 

„Da kommt sofort die Kämmerin und sagt: Ist ’ne freiwillige Leistung, können wir nicht bezahlen.“ Oder es scheitere gleich an der Politik. Denn, (Anm. der Redaktion) so sollte man sich immer mal wieder in Erinnerung rufen: die Verwaltung kann vorschlagen, was sie will – der Rat muss es absegnen… Als Oberbürgermeisterin wolle sie da klar priorisieren, denn sie habe nun jahrelang erfolglos dafür gekämpft, dass Köln nicht unter die Standards von Ruhrgebietsstädten, allesamt mit weniger Geld ausgestattet, falle. „In Gelsenkirchen war es nie ein Problem, soziale Projekte durchzubekommen!“ führt sie weiter aus. 

 

Jochen Ott sieht eine Schwäche darin, dass die Verwaltung viele Fragen wie etwa den Umgang mit den wachsenden Flüchtlingszahlen nicht in den Griff bekomme und will, so sagt er, als OB einen Beauftragten einsetzen, der den Wohnungsbau massiv antreibe. Ich frage mich, warum sein latenter Vorwurf nicht an diesen seinen Parteigenossen geht, der nun in den vergangenen Jahren als Verwaltungschef gearbeitet hat, aber das nur am Rande. 

 

Insgesamt sei man ihm in Köln zu unkreativ, so Ott, man müsse auch mal neue Wege gehen, etwa Brachflächen konsequenter zur Wohnraumschaffung nutzen, die Aufenthaltsqualität für Wohnungslose im öffentlichen Raum identifizieren und mehr Angebote machen, sowie Wohnraum schnell auch mit moderneren Methoden herstellen. Etwa mit Holzbau, darüber werde gerade in der Landesbauordnung neu verhandelt. 

 

Sounds good, denke ich, als er hinzufügt, wie sehr bei seinen Kontakten mit Berbern in der Bahnhofsgegend die dort von ihm wahrgenommene steigende Aggression beunruhige. Gegen den Zustrom neuer Obdachloser. Das dürfe man nicht leugnen, sonst habe man bald schlimme Zustände auf der Straße. „Würde ist nach meinem christlichen Grundverständnis enorm wichtig, wir brauchen deshalb viele Stellen zum Andocken“ und, ich traue meinen Ohren kaum, „Das Wirtschaftssystem ist seit 30 Jahren nicht würdevoll, sondern profitorientiert!“ 

 

Frau Reker wechselt wenig auf die Meta-Ebene, sie wird nicht müde, die ihr vorschwebenden Fakten vorzutragen, zum Beispiel, dass das Grundstücksmanagement in Köln schlecht sei. Sie wolle ebenfalls, käme sie an die Verwaltungsspitze, die bedarfsgerechte Wohnraumschaffung priorisieren: Die Grundstücksverwertung müsse dringendst verbessert werden. Sie nehme die Anliegen und konkreten Nachfragen der Obdachlosen sehr gerne auf und mit, etwa eine barrierefreie Winterhilfe und Unterbringung sowie die Nachfrage eines Bürgers, warum er auf sein Grundstücksangebot in Mülheim, direkt am Rhein, nichtmals eine Rückmeldung bekommen habe.

 

Jede Stimme zählt

 

Beide Kandidaten werben auch ein bisschen um die Stimmen der Obdachlosen, nehmen sich vor und nach der Veranstaltung Zeit für persönliche Gespräche und betonen „Jeder ist Teil der Gesellschaft“ (Reker) und „wenn man nicht hingeht zur Wahl, überlässt man es anderen.“ (Ott).  Christina Bacher, vom AK Umbruch Mitorganisatorin der Veranstaltung, ist insgesamt zufrieden. „Mehr als hundert Gäste und sie sind ins Gespräch gekommen, das ist ein Anfang. Wir konnten bestimmte Themen den Kandidaten als wichtig mitgeben. Da müssen wir denen natürlich auf den Füßen stehen und dranbleiben. Im Prinzip in einem halben Jahr nachfragen, was schon passiert ist und wie es weiter geht.“ meint die Redaktionsleiterin des Obdachlosen-Magazins DRAUSSENSEITER nach der Diskussion. 

 

Ja, das werden alle mit berechtigten Anliegen wohl tun müssen, denn Wahlkampf ist nach meinem Eindruck bisher, oder um nochmals die Kölsche Linda Rennings zu zitieren, „reichlich unkonkret!“.

Text: Judith Levold

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