Oops! Jetzt sind wir Familie!
Donnerstag, 25. Januar 2018 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Marc Loecke
Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten
Verliebt, verlobt, verheiratet – und dann kommen die Kinder! Das hört sich so schön an. Doch wie sieht es in der Realität aus? Wissen wir echt, was uns alles erwartet? Wohl eher nicht. Bei Problemen, Überforderung oder einfach nur dem Bedürfnis nach Ansprache: im Kinderschutz-Zentrum auf der Bonner Straße sind Türen und Ohren immer offen!
Stillen, Krabbeln, Klettern
Wichtigste Anlaufstelle für Familien ist das „Elterncafé“. In der einladenden Küche steht ein großer Tisch mit vielen Stühlen für groß und klein. Es gibt Kaffee und Tee. Wer mag, bringt noch etwas zu Essen mit. Jana Wiesenthal ist mit ihrem 2-jährigen Sohn Ilyasin hier. Seit er drei Monate alt ist, kommt sie regelmäßig ins „Elterncafé“: „Die Geburt meines Sohnes bedeutete eine große Umstellung für mich. Beim KiWi-Besuch habe ich viele Informationen rund ums Kind bekommen, auch über das „Elterncafé“ – seitdem komme ich gerne. Hier habe ich Austausch, man bekommt Tipps und es bilden sich Freundschaften. Die Kinder profitieren von der Struktur und dem Ablauf hier. Es ist eine gute Vorbereitung für den Kindergarten. Besonders im Winter ist es gut, hierher zu kommen, wenn das Wetter nicht so gut ist. Wären wir zu Hause alleine, fiele uns die Decke auf den Kopf.“.
Tipps bekommen Mütter und Väter auch von den zwei pädagogische Fachkräften und einer Praktikantin, die stets im „Elterncafé“ dabei sind. Sie kennen sich bestens mit den Angeboten für Erziehung oder spezieller Förderung im Stadtteil aus. Im Nachbarraum können die Kleinen krabbeln oder sich an der Kletterwand probieren. Populär ist der Tisch mit Knete!. „Das ist selbst gemachte Knete,“ erfahre ich von einer Mutter. „Die könnte man auch essen. Sie ist nur sehr salzig.“. Mit diesem Konzept des offenen Dialogs für Eltern hat das Kinderschutz-Zentrum 1998 Pionierarbeit geleistet, berichtet Maria Schweizer-May, Leiterin der Abteilung ‚Hilfen in der Frühen Kindheit’: „Wir wollten hier eine offene Struktur anbieten, einen Raum, in dem Eltern sich wohl fühlen können wie in ihrem Wohnzimmer. Sie können sich hier verabreden, ohne konkretes Anliegen, ohne Zwang und auch ohne Konsumzwang. Die Eltern sehen, wie wichtig die Interaktion, das Spiel mit anderen Kindern ist. Das Angebot ist kostenfrei und wird komplett von unserem Förderverein über Spenden finanziert.“. Hier begegnen sich unterschiedliche Kulturen und Familienentwürfe. Eltern lernen voneinander und werden als Eltern wertgeschätzt. Das „Elterncafé“ ist jeden Dienstag und Donnerstag von 9:30 – 12:30 Uhr geöffnet. Ein weiteres „Elterncafé“ gibt es montags und freitags im Kalker Treff. Zum 20. Geburtstag des „Elterncafés“ wünschen sich die Eltern: Noch mehr Öffnungstage
Frühe Hilfen – große Wirkung
Schon vor mehr als 20 Jahren war im Kinderschutz-Zentrum klar: ein niedrigschwelliges Angebot für Eltern zeigt große Wirkung für gelingendes Aufwachsen von Kindern. Die Idee der ‚Frühen Hilfen’ war damals neu in Deutschland. Das Kinderschutz-Zentrum Köln hat dieses Thema auf Bundesebene gebracht und einen überregionalen fachlichen Diskurs angeregt – mit wegweisenden Ideen. Maria Große Perdekamp, die soeben Leitung des Kinderschutz-Zentrums Köln übernommen hat, beschreibt die Bedeutung der ‚Frühen Hilfen’ so: „Wir unterstützen die kleinen, einfachen Dinge, die aber ganz wichtig sind. In den 90er Jahren haben wir durch Hirn- und Bindungsforschung gelernt, wie bedeutend die Kommunikation zwischen Eltern und Kind ist. Wie finden Mama und Kind zusammen? Die ersten Lebensjahre sind die wichtigsten für die Entwicklung des Kindes. Was brauchen Kinder, um gesund und gewaltfrei wachsen zu können? Wir haben aus der Bindungsforschung gelernt und entwickeln Konzepte, die dieses Fachwissen in die Praxis transportieren. Wenn sich Eltern mit einem konkreten Anliegen an uns wenden, so schöpfen wir aus unseren Kontakten. Wir sind vernetzt mit dem Frühförderzentrum, der Schuldnerberatung, therapeutischen Hilfen und wir bieten selbst Familienberatung an. Familien fallen meist erst auf, wenn die Situation eskaliert ist. Wir wollen präventiv unterstützen.“. Dank dieser Frühen Hilfen wird so manche Jugendhilfe später nicht mehr nötig.
Seit 60 Jahren alles ums Kind
1954 gründete sich der Kinderschutzbund als unabhängiger, gemeinnütziger Verein in Köln. Das vielfältige Angebot des Vereins beinhaltet zum Beispiel die Trägerschaft des Kinderschutz-Zentrums und Angebote wie Familienberatung, Elterncafé, der heilpädagogisch-therapeutische ‚Spiel-Raum’, die Kinder/Willkommens-Besuche (KiWi), Elternkurse zur Stärkung der Erziehungsfähigkeit und Kurse wie „Kinder im Blick“ für Familien in Trennungssituationen. Renate Blum-Maurice, die sich im Juli in den Ruhestand verabschiedet, ist viele Jahren fachliche Leiterin gewesen beim Kinderschutzbund/Kinderschutz-Zentrum Köln. Sie hat wichtige Impulse gegeben und Konzepte mitentwickelt, ihr Resümee: „Beim Kinderschutzbund ging es von Anfang an um Kindes-Schutz und darum, eine familientherapeutische Anlaufstelle zu sein. Mit der Idee, Eltern zu helfen und damit Kinder zu schützen, ging es immer darum, Kindern ein Aufwachsen ohne Gewalt zu ermöglichen und sie in schwierigen Familiensituationen dadurch zu unterstützen, dass gute Hilfen auch für ihre Eltern bereitgestellt und bedarfsorientiert entwickelt wurden. Diese Haltung des dialogischen Kinderschutzes prägt die Arbeit der ganzen Einrichtung.“.
Lobbyarbeit und Vernetzung waren Blum-Maurice ihr all´ die Jahre besonders wichtig, lange war sie verantwortliche Mitarbeiterin in der Bundes-AG der Kinderschutz-Zentren, in Arbeitskreisen und Fach- und Expertenkommissionen. Sie widmete sich immer auch herausfordernden Zukunftsaufgaben des Kinderschutzes und hat aus Köln heraus auch in andere Kommunen wirken können.
Ihre Nachfolgerin Maria Große Perdekamp bringt Erfahrung aus Essen mit, wo sie sich besonders für innovative Beratungsangebote engagiert hat. Jugendliche und Eltern wenden sich gerne an die Onlineberatung, wo sie anonym bleiben und ein erstes Mal ihre Probleme thematisieren können. Als Leiterin des bundesweiten anonymen Beratungsangebotes im Internet hat Maria Große Perdekamp hier Neues auf den Weg gebracht.
Um weiter erfolgreich arbeiten zu können, ist der Kinderschutzbund immer auch auf ehrenamtliches Engagement angewiesen, bei Interesse an Mitarbeit kann man sich direkt an den Kinderschutzbund Köln wenden.
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