Pappnas mit Maske? Passt! Muss.
Montag, 21. September 2020 | Text: Reinhard Lüke
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Hab´ ich ja nochmal Schwein gehabt. REWE hat jetzt Reflektorarmbänder zurückgerufen, die in den Märkten gratis verteilt worden sind. Durch „intensives Spielen“ könne sich die Verschlussnaht des Armbandes öffnen, wobei es durch innen liegende Metallteile zu Verletzungen kommen könne, hieß es in der Erklärung. Wäre mir von meiner Lieblingskassiererin („Paybäääck?“) auf der Severinstraße so ein Ding mit dem Aufdruck „Freche Freunde“ ausgehändigt worden, hätte ich mit Sicherheit intensiv damit gespielt und mir womöglich tiefe Schnittwunden zugezogen. Die Bänder wurden fast im gesamten Bundesgebiet ausgegeben. In den NRW-Filialen aus unerfindlichen Gründen allerdings nicht. Wie gesagt: Schwein gehabt. Aber meistens bin ich von diesen Rückrufaktionen, die es ja nahezu täglich gibt, ohnehin nicht betroffen. Ob da jetzt in Frikadellen nach Toscana Art oder in Curry King irgendwas schlummert, das nicht mal nach Vorstellungen der Hersteller da reingehört, ist mir schnuppe. Was da regulär drin ist, löst bei mir auch keinen Kaufimpuls aus. Und wo jetzt Dr. Oetker angekündigt hat, nach der Schoko-Pizza nun auch seinen Pizza-Burger vom Markt zu nehmen, kann ich nur staunen, was es alles gibt beziehungsweise gegeben hat.
Polonaise durchs Wohnzimmer?
Die Corona-Schocks hören nicht auf. Die (großen) Weihnachtsmärkte wurden allesamt abgesagt, wo mich Marzipanbrote und Spekulatius in den Supermarkt-Regalen gerade in romantische Advendsstimmung versetzen. Oktoberfest ist nicht und der beliebte Tauschtag von Kastanien gegen Gummibärchen bei Haribo fällt auch aus. Und dann ist da noch Karneval. Bin ich ja mal echt gespannt, wie das laufen soll. Ich als Westfale kann damit leben, wenn meine Pappnas in dieser Session auf dem Speicher bleibt, aber was machen eingefleischte Karnevalisten?
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Dreiling Orthopädie-SchuhmacherFeiern die daheim im engsten Familien- oder Freundeskreis und laufen zur Polonaise durchs Wohnzimmer Luftschlangen und Konfetti in die Luft werfend? Und was macht eigentlich unser Ortsheimatsender? Schließlich hat der WDR sonst ab Januar doch gefühlt rund 437 Stunden Fastelovend im Programm? Die Eröffnungszeremonie an Weiberfastnacht soll ja stattfinden. Nicht auf dem Alter Markt, aber sie wird live übertragen. Ohne Publikum. Also so eine Art karnevalistisches Geisterspiel. Und für den Rest der üblichen.Sendezeiten wird man vermutlich Konserven aus dem Vorjahr abspielen. Also den Rosenmontagszug von 2020 nochmal in voller Länge. Aber die fröhliche Narretei findet ja traditionell vornehmlich in Kneipen und draußen statt.
Alles schließen. Auch Apotheken
Wie das aussehen soll, kann ich mir derzeit beim besten Willen nicht vorstellen. Soll sich da jeder Jeck beim Betreten des Lokals in eine Liste eintragen und beim Schunkeln 1,5 Meter Abstand halten? Wird schwer. Und lauthals die üblichen Lieder mitgrölen geht gar nicht. Und wie in aller Welt will man das feierwütige und durstige Jungvolk davon abhalten, massenhaft die Straßen zu bevölkern und dabei sämtliche Corona-Regeln zu missachten? Einzige Lösung: Öffentlichen Nahverkehr komplett einstellen und totalen Lockdown für Köln und das Umland verhängen und den erst am Tag vor Weiberfastnacht nach Ladenschluss verkünden, damit die Leute sich nicht noch mit Stoff eindecken können.
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Capricorn (i) Aries BrasserieAlles zu. Kneipen, Supermärkte, Kioske und auch Apotheken. Nicht, dass die Narren sich in ihrer Verzweiflung mit alkoholhaltigem Hustenhaft zudröhnen. Die Radikalkur wird’s natürlich nicht geben. Wenn der ohnehin gebeutelten Gastroszene auch noch sämtliche Karnevals-Einnahmen wegfielen, würden in vielen Kneipen vermutlich für immer die Lichter ausgehen. Aber zunächst steht ja für alle Beteiligten als eine Art Probelauf der 11.11. ins Haus. Ich bin echt gespannt, wie das ablaufen wird.
Stunk fürs Fernsehen?
Aber was macht eigentlich der etablierte Alternativ-Karneval in dieser Session? Bei der Stunksitzung, wo einige Mitglieder des Ensembles ganzjährig von den närrischen Darbietungen leben dürften, hat man offenbar noch Hoffnung. Abgesagt ist Sause bislang jedenfalls noch nicht. Auf der Homepage heißt es: „Da wir noch nicht endgültig wissen, wie die behördlichen Vorgaben für Veranstaltungen im Winter sind, müssen wir noch abwarten, ob und wie wir eine Stunksitzung unter Einhaltung aller geltenden Vorgaben mit größtmöglichem Schutz aller Besucher durchführen können. Wir bitten noch um Geduld und werden rechtzeitig über unseren Newsletter informieren!“ Also fleißig weiter proben, ohne zu wissen, ob man die Nummern überhaupt irgendwann auf die Bühne bringen kann. Auch kein schönes Gefühl. Aber womöglich machen sie ja im schlimmsten Fall eine einmalige Geistersitzung. Nur fürs Fernsehen. Beim Geisterzug muss man sich ja nicht mal einen neuen Namen ausdenken. Der kann gehen. Nur ohne Teilnehmer.
Pappnas und Maske
Wie gesagt, ich kann mit dem Karnevalsausfall leben. Vermissen werde ich allenfalls die Stunden nach dem Dienstagszug in der Südstadt, wo man ohne Touris und Alkis noch ein paar Stunden mit Nachbarn und Freunden auf der Eiche stand. Aber vielleicht ergibt sich sowas in der Richtung diesmal spontan. Vielleicht sicherheitshalber die Pappnas doch vom Speicher holen. Schon um zu testen, ob sie über die Atemmaske passt.
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