Parkstadt Süd: Großmarkt-Betriebe sollen vorzeitig weichen!
Donnerstag, 9. Mai 2019 | Text: Judith Levold | Bild: IG Kölner Grossmarkt e.V. / LINK Architekten Köln
Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten
Die Mitglieder der Interessengemeinschaft Kölner Großmarkt e.V. sind sauer, ihre Kritik richtet sich gegen das Vorgehen der Stadtverwaltung, besonders das des Liegenschaftsamtes.
Anzeige
Meine Südstadtpartner
Tanzetage Köln – Jeder Mensch ist ein TänzerIm Verein der IG Großmarkt-Köln sind Händler und Gewerbetreibende rund um das komplexe Geschehen am Großmarkt zusammengeschlossen – sie alle werden von Schließung und Umzug des Großmarktes Radeberg betroffen sein und sind es teilweise jetzt schon. Obwohl die Laufzeit des Großmarktbetriebes per Ratsbeschluss im November 2018 bis zum 31.12.2023 verlängert und der Umzug verschoben wurde, soll für viele von Ihnen das AUS bereits jetzt oder spätestens im Jahr 2020 anstehen. Ein funktionierender Großmarktbetrieb könne dann nicht mehr garantiert werden, viele Existenzen hingen an der „intransparenten Vertreibungspraktik“ der Stadt, wie Michael Rieke, Sprecher des Kölner-Grossmarkt e.V. das Vorgehen des Liegenschaftsamtes beschreibt.
Nicht nur Obst und Fleisch
„So eine Standortgemeinschaft wie sie auf dem Großmarkt über Jahrzehnte gewachsen ist, hat viele Komponenten – da ist nicht nur der Gemüse- oder Fleischhändler. Da sind Dienstleister für Kühlkapazitäten, für Verpackungsmaterialien, für Gastronomiebedarf, da sind Werkstätten, Tankstelle und, und, und – das ist für die Kunden wichtig, das alles dort vorzufinden.“ sagt Rieke. Schließlich laufe die komplette Versorgung des ungebundenen Lebensmittelhandels über den Großmarkt, wie er erklärt. Das heißt, LebensmittelhändlerInnen, kleine LadeninhaberInnen, Gastronomen, Kioske u.ä., also alle, die nicht Teil großer Ketten wie REWE, LIDL oder ALDI sind, kaufen ihre Waren nachts und frühmorgens auf dem Großmarkt. Dort, wo in Zukunft die Parkstadt Süd entstehen soll.
Alleingelassen, statt in Gemeinschaft
Jeder Einzelne, dem jetzt schon von der Stadt gekündigt oder dessen auslaufender Vertrag nicht verlängert werde, gehe unter, wenn er alleine jetzt „irgendwohin ziehen“ müsse – denn einen neuen Großmarkt-Standort gibt es ja noch nicht. Damit „zersetze die Stadt den Großmarkt“, noch vor dessen eigentlichen Ende am Standort Radeberg. Und das, obwohl man seitens der Interessengemeinschaft viele Vorschläge gemacht habe, auch im Bürgerbeteiligungsverfahren zur Parkstadt Süd. Zum Beispiel, wie man einen umorganisierten Großmarkt/Frischezentrums-Betrieb auch im Einklang mit dem neuen (Wohn-)viertel gestalten könnte.
Anzeige
Meine Südstadtpartner
Die Wagenhalle – außergewöhnliches Gasthauserlebnis in historischem AmbienteDer Ratsbeschluss zur Verlagerung des Großmarktes stammt übrigens aus dem Jahr 2007, darin sicherte die Stadt den UnternehmerInnen rund um den Großmarkt eine Standortgarantie bis zu dessen Umzug (damals für 2020 geplant) zu. Die Änderung dieses alten Beschlusses im neuerlichen Ratsbeschluss von 2018 betrifft nur einen Punkt, nämlich den der Laufzeitverlängerung für den Großmarkt bis Ende 2023. Er gelte demnach auch für das komplette Großmarkt-Gelände und die Betriebe, die im Sinne der Marktsatzung dort tätig seien. An diese Tatbestände aber halte sich das Liegenschaftsamt nicht, so Michael Rieke, „Die suchen nicht nach Lösungen gemeinsam mit uns, die wollen einfach alles platt machen hier, um schnell mit dem Bau der Parkstadt beginnen zu können. Sagen aber nie offen, wo genau sie denn anfangen wollen, zu bauen. Wo der angekündigte Pionierpark hin soll, auf welchem Baufeld mit der Entwicklung des Teilquartiers „Markstadt“ begonnen werden soll undsoweiter. Das ist intransparent und riecht nach Willkür. Denn es erhalten Gewerbetreibende, die nichts mit dem Großmarkt gemein haben, teilweise Vertragsverlängerung, dagegen manche Händler, die auf dem Großmarkt sich entsprechend als solche betätigen, eine Ablehnung.“ regt sich Rieke auf.
Bleiben, bis Alternative steht
Einige der betroffenen Händler und Unternehmer haben sich in ihrer Not an die IHK Köln gewandt. Deren stellvertretender Hauptgeschäftsfüher Dr. Ulrich Soénius sagt gegenüber meinesuedstadt.de klar: „Wir fordern, dass alle so lange da arbeiten können, bis es an anderer Stelle einen neuen Großmarkt gibt.“ Es könne nicht sein, dass Mieter oder Pächter in Unsicherheit lebten, wie lange sie denn noch bleiben dürften, denn schließlich müssten sie ja auch investieren, sich ständiger Zertifizierung aussetzen u.ä. Ohne Verträge jedoch könne man bei keiner Bank vorsprechen und nicht investieren. Die am Großmarkt tätigen gut 150 Unternehmen mit mehr als 2000 MitarbeiterInnen bräuchten Planungssicherheit.
„Alle Unternehmer, die dort großmarktbezogen arbeiten, müssen ihre Verträge bis mindestens zum jetzt festgelegten Laufzeitende des Großmarktes im Dezember 2023 verlängert bekommen.“ so Soénius weiter. Und das habe auch OB Henriette Reker in einem Gespräch mit ihm und der Interessengemeinschaft Kölner Großmarkt e.V. vergangenen September zugesagt. Zumindest alle, die sich auf den städtischen Grundstücken befänden – bei denen auf nördlicher gelegenen Gebieten, ehemals AURELIS-Flächen, solle individuell verhandelt werden, wie das sozialverträglich am besten zu lösen sei im Einzelfall. „Es kann ja nicht sein, dass sich das Liegenschaftsamt nicht an das hält, was unsere Oberbürgermeisterin in meinem Beisein den Leuten zugesagt hat.“ bemerkt Soénius abschließend. Davon, dass die vom Rat 2007 beschlossene Sanierung des Großmarktes noch immer nicht erfolgt sei, wolle er erst gar nicht reden…
Keine Auskunft vom Liegenschaftsamt
Von der Stadtverwaltung wurde die Anfrage von meinesuedtsdat.de zu den Vertragsverlängerungen für die GroßmarktunternehmerInnen bislang nicht beantwortet, wir bleiben aber dran. Auf der Homepage der Stadtverwaltung, im Ratsinformationssystem, kann aber zum Beispiel jeder nachlesen, dass im Stadtentwicklungsausschuss am 16. Mai eine Beschlussvorlage zur Abstimmung steht, nach der ein Bebauungsplan (vorhabenbezogen) für die kleine Sechtemer Straße am Ostrand des Großmarktes, parallel zur Bonnerstraße genehmigt werden soll. Nun erklärt sich für Michael Rieke, „Warum da Unternehmer keine Vertragsverlängerung bekommen haben, obwohl sie auf städtischen Grundstücken im Kerngebiet des Großmarktes arbeiten und denen das zugesagt worden war. Und was im übrigen im bis heute gültigen Ratsbeschluss von 2007 steht.“
Dir gefällt unsere Arbeit?
meinesuedstadt.de finanziert sich durch Partnerprofile und Werbung. Beide Einnahmequellen sind in den letzten Monaten stark zurückgegangen.
Solltest Du unsere unabhängige Berichterstattung schätzen, kannst Du uns mit einer kleinen Spende unterstützen.
Paypal - danke@meinesuedstadt.de
Artikel kommentieren
Kommentare
Ich habe bereits vor Jahren gefordert, dass die Option zum Verbleib der Händler und einiger Betriebe in Raderberg von der Stadt geprüft wird. Mein entsprechender Prüfantrag wurde von allen anderen Parteien abgelehnt. – Die kölner Freien Wähler könnten sich durchaus ein rein privatwirtschaftlich finanziertes Projekt, wie z.B. ein kleines Frischezentrum, oder eine Art ständiger Spezialitäten-Nasch-Markt im Bereich der historischen Hallen (Beispiel Stuttgarter Innenstadt) vorstellen. Das Eigen-Modell mit Wohnbebauung hätte Charme. Leider agiert die Kölner Politik völlig plan-, und instinktlos auf Kosten der Händler und ihren Kunden. Stadtentwicklung geht anders !