Parkstadt Süd: Politik beschließt mehr Mitsprachemöglichkeiten für die Bürger
Mittwoch, 30. Januar 2019 | Text: Susanne Wächter | Bild: Susanne Wächter/Stefan Rahmann
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Die Bürgerbeteiligung am Planverfahren Parkstadt Süd bezeichnet die Stadt gern als vorbildlich. Schließlich ging die bisherige Beteiligung über das gesetzlich vorgeschriebene Mindestmaß hinaus. Doch bei denen, die sich in den letzten Jahren mit Ideen eingebracht haben, wächst die Kritik. Auch die Bezirksvertreter aus Rodenkirchen sehen in der Bürgerbeteiligung noch Nachholbedarf. Sie beauftragten in ihrer jüngsten Sitzung die Verwaltung, ein Gremium einzurichten, das die Bauleitplanung für die Parkstadt kontinuierlich begleitet. Zuvor hatten sich bereits die Bezirksvertretungen Lindenthal und Innenstadt für einen solchen Beirat ausgesprochen.
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Living Mindfulness – mit Achtsamkeit durchs LebenNeben Mitarbeiter*innen aus den beteiligten städtischen Ämtern sollen Bezirksvertreter und maximal elf Bürger*innen dieses Gremium bilden. Das beschlossen die Politiker*innen im Beisein von Baudezernent Markus Greitemann und Anne Luise Müller, Leiterin des Stadtplanungsamtes. Müller und Greitemann folgten einer Einladung, die die Politiker*innen schon mehrfach ausgesprochen hatten. Die Integrierte Rahmenplanung für die Parkstadt Süd stand bei der jüngsten Sitzung im Rodenkirchener Bezirksrathaus auf der Tagesordnung. Diesen Punkt hatten die Bezirksvertreter*innen seit September 2018 immer wieder wegen Klärungsbedarfs vertagt. Nun war es endlich soweit. Es habe leider vorher zeitlich nicht gepasst, versuchte sich Greitemann freundlich lächelnd an einer Entschuldigung. Zur Diskussion der Bezirksvertreter über ein begleitendes Gremium sagte er nur: „Sie können sich natürlich für ein solches Gremium entscheiden. Die planerischen Entscheidungen liegen aber bei uns.“ Dabei zeigte er auf die Amtschefin Müller und sich selbst. Ein Alibi-Gremium also?
Der Vorwurf, die Mitsprache der Bürger*innen sei nur ein Lippenbekenntnis, schien auch früher schon in der Luft zu liegen. Es war im Frühjahr 2015, als Greitemanns Vorgänger als Baudezernent, Franz-Josef Höing, auf einer der Beteiligungs-Veranstaltungen vollmundig ankündigte: „Das hier ist keine Alibi-Veranstaltung“. Wollte er die zu diesem Zeitpunkt noch herrschende Aufbruchstimmung anfeuern und zur Motivation beitragen? Das Kooperative Vefahren mit Ideenworkshops und enger Einbindung der Bürger*innen war bis dato wirklich ein neues Format. Unter Markus Greitemann scheint jedoch alles ein wenig anders zu laufen.
Der Experte für Zwischennutzungen kündigte Zusammenarbeit
Die erste Beteiligungsveranstaltung unter Leitung des neuen Dezernenten Ende vergangenen Jahres verlief anders. Und dies war nicht nur den Autonomen geschuldet, die lautstark ihre Mitsprache und den Erhalt ihres Zentrums einforderten. Viel wesentlicher scheint ein von vielen BesucherInnen kaum bemerkter Punkt: Die Büros Urban Catalyst und neubig hubacher, die bisher die Veranstaltungen moderiert hatten, waren nicht mehr dabei. Klaus Overmeyer von Urban Catalyst stand für Bürgerbeteiligung und Zwischennutzungskonzepte. Dafür war er damals von der Verwaltung engagiert worden. Die beiden Büros haben die Zusammenarbeit mit der Stadt aufgekündigt. „In unserem Angebot waren Beteiligungsformate vorgesehen, die die Stadt nicht mehr abgerufen hat. Dafür gab es seitens der Stadt sicher nachvollziehbare Gründe. Für uns war die Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit in diesem Projekt damit jedoch nicht mehr gegeben“, sagt Overmeyer. Zu Details äußert er sich nicht. Thematisiert wurde diese wesentliche Personalie auf der Beteiligungsveranstaltung nicht. Statt Overmeyer und Hubacher moderierte nun Professor Dr. Franz Pesch aus Dortmund.
Fest steht, Ankündigungen der Stadt aus den vergangenen Jahren wurden nicht umgesetzt. Ein Bürgerbüro etwa sollte längst eingerichtet sein. Das alte Marktamt steht seit Ende 2017 leer. Mit der Entkernung habe man bereits angefangen. Der Einzug wurde für Mitte 2018 angepeilt, so steht es auch noch im 122-seitigen Rahmenplan von RMP Lenzen und Ortner&Ortner Baukunst vom Juni letzten Jahres. Auch die BezirksvertreterInnen fragten danach, erhielten aber keine Antwort. Und sie vergaßen offenbar im Laufe der Diskussionen mit Greitemann und Müller weiter nachzubohren, zu sehr waren sie auf ihre Einigung für ein Beteiligungsgremium fixiert. Auf mehrmalige Nachfrage von meinesuedstadt.de antwortete die Verwaltung, dass das Stadtteilbüro voraussichtlich im zweiten Quartal 2019 den Betrieb aufnehmen kann. Nachträglich aufgetretene Brandschutzauflagen verzögerten die Umbauarbeiten.
„Wir haben seit Beginn des Parkstadt-Süd-Planungsverfahrens kritisiert, dass die Bürger*innen nirgends institutionell vertreten sind. Wir freuen uns, dass nach den Bezirksvertretungen Lindenthal und Innenstadt nun auch die Politiker*innen aus Rodenkirchen beschlossen haben, Bürger*innen fest in ein Gremium zum Planverfahren einzubinden. Und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit den Bezirksvertreter*innen und Herrn Greitemann. Auch wenn die Freude auf unserer Seite momentan noch ein wenig größer scheint als auf der des Dezernenten. Aber das kann sich im Laufe der nächsten 20 Jahre ja noch ändern“, sagt Rahmann vom NeuLand-Gemeinschaftsgarten.
Der Vorstand des Kölner NeuLand e.V. vermisst bislang nämlich den Willen der Verwaltung – und speziell des neuen Baudezernenten Markus Greitemann – die Bürgervorschläge und vor allem die Bürgerbeteiligung wirklich ernst zu nehmen. „Beteiligung beschränkt sich auf diszipliniertes Zuhören und das wiederholte Abfragen von Ideen an Thementischen, deren Themen vorher von der Verwaltung gesetzt werden“, kritisierten die Gärtner*innen in einem Brief an die Rodenkirchener Politiker*innen. Thementische wird es wohl auch künftig geben, wie Greitemann in der Sitzung der Ortspolitiker*innen ankündigte.
Ein Sieger, der keiner sein sollte
Und noch etwas stört Kritiker des Verfahrens. RMP Lenzen und Ortner&Ortner hatte beschlossen, das man aus den fünf Entwürfen die besten Ideen zusammenfassen wollte. Auch Anwohner Dr. Alexander Follmann kritisiert genau das: „Es gibt so viele Ungereimtheiten. Zum Beispiel den Siegerentwurf, den es nicht geben sollte in einem kooperativen verfahren. Dann die Weiterbeauftragung des „Siegers“, der eigentlich aus vergaberechtlichen Gründen nicht hätte weiter beschäftigt werden dürfen. So hatte es nämlich am 3. April 2014 der Stadtentwicklungsausschuss beschlossen. Auch Zwischennutzungskonzepte sollten eingeschickt werden. Einen Aufruf dazu hat es jedoch nie gegeben.“ Follmann ist Geograf an der Uni Köln. Er beschäftigt sich auch beruflich unter anderem mit solchen Beteiligungsverfahren.
In der Dokumentation des Ideenworkshops im November 2018 – übrigens die erste, die derart konkret und detailliert Ideen und zum Teil Verwaltungsantworten gegenüberstellt – heißt es etwa, dass „die Ideenvorschläge im Rahmen der Planung des Inneren Grüngürtels geprüft werden“. Auch die Verortung einzelner Ideen werde in den weiteren Planungsschritten erfolgen. Dazu will sich die Verwaltung der Konzeptvergabe bedienen. Auch das sollte längst geschehen. Und was ist eigentlich aus der Verwaltungsankündigung „Grün zuerst“ geworden? Die Integrierte Planung, über die der Stadtentwicklungsausschuss am 7. Februar beschließen soll, hat das Grün nicht berücksichtigt. Da geht es nur um Gebäude. Es sind viele Beispiele, die nach Ansicht des NeuLand-Vorstands die „Tricksereien, Heimlichtuereien und Hinterzimmermauscheleien“ zeigen, mit denen die Verwaltung dieses Projekt verfolgt.
Stadt muss noch fünf Grundstücke für den Inneren Grüngürtel erwerben
Das Presseamt der Stadt teilt auf Nachfrage zur Parkstadt Süd mit, dass sich „im Kernbereich zwischen Vorgebirgstraße und Rhein noch sechs Grundstücke in Privatbesitz befinden. Fünf der sechs privaten Flächen werden für die Realisierung des Inneren Grüngürtels benötigt.“ Follmann befürchtet, dass die Parkstadt letztlich hinter verschlossenen Türen weitergeplant wird. „Schaut man auf die Website der Parkstadt, so wird die Entwicklung des Eifelwalls nun vollmundig als erster Baustein angekündigt. Doch der freiraumplanerische Wettbewerb verlief komplett hinter verschlossenen Türen. Dies darf bei der Parkstadt nicht passieren.“
Keine Flächen für Zwischennutzungen
Die in den Beteiligungsverfahren vorgebrachten Ideen, im Laufe der Entwicklung der Parkstadt Süd für Zwischennutzungen als Teile eines neuen, sich lebendig entwickelnden Stadtteils zu ermöglichen, wurden aufgenommen und dokumentiert, bekräftigt die Verwaltung indes. Das Konzept konnte allerdings nicht weiter entwickelt beziehungsweise umgesetzt werden, schreibt das Stadtplanungsamt auf Nachfrage. Die Prüfung der bestehenden Miet- und Pachtverträge von Gebäuden und Flächen habe ergeben, dass keine geeigneten Flächen oder Gebäude kurz- und mittelfristig dafür zur Verfügung stehen.
Mehrheit ist unzufrieden mit Beteiligungsverfahren
Vieles läuft also nicht rund bei der Bürgerbeteiligung in der Parkstadt Süd. Vielleicht sind auch deshalb viele der Workshop-Teilnehmer*innen nicht zufrieden mit dem bisherigen Prozess. Dies geht aus den Antworten bei einer Befragung der Verwaltung unter den Teilnehmer*innen der Veranstaltung im November 2018 hervor. 54,5 Prozent sind mit dem Beteiligungsprozess nicht zufrieden. Nur 7,7 Prozent beurteilten ihn als „sehr gut“. Greitemann indes lobt die Bürgerbeteiligung als „wichtigen Impulsgeber“ für die planerischen Entscheidungen. Impulse bekommt er in Zukunft auch aus dem neuen Begleitgremium. Auch von Bürger*innen. Die sind ja jetzt verlässlich beteiligt.
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