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Politik

Party statt Gedenken am Waidmarkt

Freitag, 4. März 2011 | Text: Wassily Nemitz | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: eine Minute

Wie schon vor einem Jahr hängen sie wieder da, die Gedenkkränze von Oberbürgermeister Jürgen Roters und der KVB – da der zweite Jahrestag des Archiv-Einsturzes mit Weiberfastnacht zusammenfiel, hatte es am Vorabend des 03.03. eine kleine, stille städtische Gedenkveranstaltung an der Unglücksstelle gegeben. Dadurch ließen sich die Mitglieder des Bündnisses „Köln kann auch anders“ aber nicht davon abhalten, am 03.03. eine eigene, so genannte „Gedenk-Veranstaltung“ auf die Beine zu stellen. Auf den Bewerbungs-Flyern war angekündigt worden, man wolle „inne halten“, um den zwei Toten vom 03.März 2009 zu gedenken. Davon war wenig zu spüren.

 

Zu Beginn der Veranstaltung (um 13:13 Uhr) versammelten sich rund 80 bunt verkleidete Kölner an der Einsturzstelle, stießen an und feierten Karneval vor der Kneipe „Papa Rudi’s“. Irgendwann stellte sich jemand auf eine Bank und hält eine „Rede“. Doch kaum jemand hört zu, denn aus dem mikroskopisch kleinen Lautsprecher kam nur unverständliches raus.

 

Anschließend sang eine kleine Band Lieder, manche Jecken begannen zu tanzen – es herrschte eher ausgelassene Party als Gedenk- und Trauerstimmung. Das war zwar auch mit ein Ansatz der Initiatoren; Gedenken und Karneval miteinander zu verbinden – doch das Gedenken beschränkte sich auf ein kleines Banner.

 

Anwohner und Betroffene sind von der äußerst chaotisch und strukturlos wirkenden Veranstaltung wenig begeistert: „Das ist mir viel zu laut und nicht besonders würdevoll“, sagt die Kioskbesitzerin Renate Hohndorf, deren Kiosk nur wenige Meter von der Einsturzstelle entfernt liegt und die am 03.03.09 mit dem Schrecken davon kam.

 

Gegen viertel vor eins liefen zahlreiche Trommler der „Ahl Säu“ auf, die begannen, bis ca. 14:05 Uhr lautstark zu trommeln – um 13:58 Uhr, als das Archiv einstürzte, herrschte am Waidmarkt Party statt Trauer. Es wurde nicht, wie zuvor behauptet, inne gehalten, sondern ausgelassen gefeiert.  Bei allem Respekt für „Köln kann auch anders“: Diese Veranstaltung ging völlig am Ansatz vorbei – vermischt mit bizarren Dauerprotestlern, die unter dem Motto „Wir sind gegen Alles“, Anti Stuttgart-21-Fahnen schwenkten oder sich gegen den Godorfer Hafen äußerten. Schade, denn die Idee, Trauer und Gedenken mit Karneval zu verbinden, ist an sich ja gar nicht schlecht. Der Versuch, diese Gratwanderung zu bestehen, ist gescheitert.
 

Text: Wassily Nemitz

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