Problemfall Chlodwigplatz: Was wird aus dem Herz der Südstadt?
Sonntag, 17. April 2011 | Text: Gastbeitrag | Bild: Dirk Gebhardt
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Elisabeth und Martin Smeets haben den Überblick. Sie wohnen hoch oben über dem Chlodwigplatz, seit bald einem Jahr. Ohne zu zögern lassen sie uns hinauf in ihre Wohnung, damit auch wir ihn einmal von ganz oben sehen können: diesen Platz, der jahrelang Baustelle war, eingehüllt in Lärm und Staub – und der jetzt langsam wieder zu leben beginnt. Das Herzstück der Südstadt, der erste Eindruck: Schön ist der Chlodwigplatz – zumindest im Moment – noch nicht. Von hier oben bei den Smeets sieht man vor allem eines: eine graue Asphaltwüste. „Der Lärm ist schon sehr präsent“, sagt Elisabeth Smeets. „Ich bin jetzt aber nicht die meckernde Frau am Fenster“, meint sie und lacht. Die Musik in der Torburg und unter dem Torbogen zum Beispiel genießt sie sehr. Den Geruch der vier Döner-Restaurants weniger. „Ein Eiscafé oder Weinlädchen da unten“, schlägt sie vor, „das wäre doch mal nett.“
Es ist ein sonniger und ziemlich warmer Mittag, und wir machen für „Meine Südstadt“ eine Bestandsaufnahme: Wie wird der Chlodwigplatz genutzt? Von wem? Wie kommt er an? Was stört die Kölner, was gefällt ihnen? Was muss passieren?
„Treffpunkt Chlodwigplatz“: Da fängt das Chaos schon an. Der Platz mag nicht besonders groß sein, aber wir brauchen trotzdem ein paar Minuten, bis wir uns gefunden haben. „Severinstorburg“ wäre wahrscheinlich der bessere Treffpunkt gewesen. Wir stehen mitten auf der asphaltierten Fläche – und wundern uns. Denn die ganze Fläche steht voller Fahrzeuge. An erster Stelle ein großer grau-orangefarbener AWB-Müllwagen, davor ein Kleinlaster der KVB, außerdem zwei Wagen einer Elektrofirma. Aus alter Baustellengewohnheit heraus denken wir: „Die arbeiten hier“. Aber weit gefehlt. Bei genauerem Hinsehen entdecken wir schnell, dass alle hier nur eines tun: Sie machen Mittagspause und essen Döner. Erstaunlicherweise scheint sich niemand an den vielen, unübersehbaren Schildern zu stören: Absolutes Halteverbot! Wir fragen nach.
„Das ist ein sehr guter Platz zum Stehen mit dem Müllwagen“, sagt einer der AWB-Mitarbeiter, der uns seinen Namen nicht verraten will. „Wir stehen hier jeden Montag um 12 Uhr.“ Etwas gesprächiger ist der Mitarbeiter der KVB. Er nennt uns seinen Vornamen (Ramazan), und die Botschaft bleibt die gleiche: „Wenn hier alles grün gemacht wird, wo sollen wir uns dann hinstellen? Für das Grün haben wir doch den Volksgarten.“ Bleibt der Fahrer eines Mercedes, E-Klasse. Auch er hat einen Döner in der Hand und bleibt lieber anonym. „Wenn mich die Polizei anspricht, sagen sie eh nur: Iss auf und fahr. Hier fehlen halt Parkplätze.“ Wir zählen nach. Fünf Parkplätze gibt es auf dem gesamten Platz, und zwar direkt vor der Gaffelstube.
Draußen vor der Gaffelstube sitzen Theodor und Marita, die seit 22 Jahren hier am Chlodwigplatz leben. Das hier ist ihre Stammkneipe. Wie gefällt ihnen der Platz? Theodor bringt es auf den Punkt: „Schwachsinn. Im Moment ist das nicht mehr als ein illegaler Parkplatz. Die Gestaltung ist einfach fantasielos.“ Am gleichen Tisch sitzt auch Georg, er ist Architekt. „Ich würde gern einen Vorschlag einreichen, zumindest für eine vorübergehende Lösung, für die Optik.“ Die drei sind sich einig: Ein Café oder ein Wochenmarkt, das wäre doch eine Idee.
Vor der Severinstorburg treffen wir per Zufall auch die Polizei. Oberkommissar Ralf Schwung ist mit seiner Kollegin Iris Naß und einem Praktikanten auf Fußstreife. „Naja, der Chlodwigplatz ist im Moment eben noch ein Provisorium“, sagt er. „Da haben die so eine Art Plombe oben draufgesetzt. Aber die Bonner Straße ist sehr schön geworden.“ Wir wollen wissen, womit er hier meistens zu tun hat. „Die üblichen Streitigkeiten, manchmal mit den Obdachlosen aus der Annostraße. Oder wenn die KVB hier Fahrgäste ohne Fahrschein aussteigen lässt und wir dann die Personalien feststellen.“
Unsere Runde um den Platz führt uns schließlich zum Kreisverkehr und in die Ubier-Apotheke zu Gunther Franke. „Wir erleben hier jeden Tag diese Beinah-Unfälle. Die Menschen laufen ihrer Bahn hinterher, und der Autostrom ist nicht gut geregelt. Das ist schon gefährlich, was wir hier mitbekommen.“ Auch die Beleuchtung sei ein Problem, sagt Franke und berichtet, dass er und die Deutsche Bank gegenüber die Zebrastreifen beleuchtet hätten, und zwar von November bis Februar. „Sonst wäre das dunkel.“
Zusammen mit unserem Fotografen Dirk sitzen wir schließlich bei Merzenich zum Kaffee im Sonnenschein – direkt an der Straße, und dort ist es heute besonders laut. Die Reizüberflutung ist groß. Erst quietscht die Linie 16, dahinter folgt ein LkW, an einer Ecke hämmern Bauarbeiter Pflastersteine in den Boden. Alle unsere Sinne sind voll eingespannt. Es ist heiß, es ist laut, es riecht nach Abgasen, die Augen kommen nicht zur Ruhe. Wir verstehen nicht so recht, warum hier jeden Tag die Tische besetzt sind, uns ist das zu anstrengend.
Wir fassen zusammen: Der Chlodwigplatz ist im Augenblick noch das pure Chaos, eine Fehlkonstruktion, mit der kaum jemand zufrieden ist, abgesehen vielleicht von den Falschparkern, die sich mittags um 12 Uhr ihren Döner holen. Die Anwohner, die wir gefragt haben, sind sich einig: Hier muss was passieren.
Margret von Medem und Jörg-Christian Schillmöller
Was sind die Pläne der Stadt für den Chlodwigplatz? Welche Visionen gibt es? Lest dazu in Kürze mehr auf „Meine Südstadt“ – oder postet Eure eigenen Ideen für den Platz hier als Kommentar!
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