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Gesellschaft Neuigkeiten Umwelt

Ran an die Schubkarren

Donnerstag, 21. Juni 2012 | Text: Antje Kosubek | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Während sich der wolkenverhangene Himmel nicht entscheiden kann, ob er noch eine Runde Regen hinunter werfen soll, schwitzen vier Männer auf der Brache an der Alteburger Strasse. Alex und Dirk treffe ich am späten Dienstagnachmittag bei „NeuLand“ gegen halb sechs, inmitten eines riesigen Kompostberges, der dringend abgetragen werden muss. Ich bin erstaunt, was sich hier alles getan hat, seit dem Flashmob im Juli vergangenen Jahres. Damals kamen fast 200 Menschen zusammen, um die Brache zu bepflanzen. Kurze Zeit später entstand der Verein „Kölner NeuLand e.V.“ und die Zwischennutzung des Geländes als Gemeinschaftsgarten wurde beantragt.

Kaum vorstellbar, dass ich hier auf einer Ebene von mehr als 1000 Quadratmeter bedeckter Fläche mit Tennissand stehe, die von vielen fleißigen Helfern geschaffen und vorher noch von Bauschutt und Müll gesäubert wurde. Mittlerweile hat sich die so genannte „Brache“ in einen riesigen Gemüsegarten verwandelt. Holzkisten mit bepflanzten Beeten reihen sich aneinander. „Zur Zeit haben wir hier 200 Beete auf dem Platz und 500 sollen es noch werden“ erklärt mir Dirk, während er weiter fleißig Kompost in seine Schubkarre schippt. Neben mir schraubt und bohrt Alex an Pflanzkisten aus Europaletten. Die Beete darin sind über einen Meter lang und 70cm hoch, aufgebockt auf Steinen. Zwischen all den unterschiedlichen Tomatenpflanzen, Kapuzinerkresse, Zucchini, Kartoffeln, Blumenkohl, Mangold, Eisbergsalat, Peperoni und Topinambur fühle ich mich wie in einer alternativen Gärtnerei und das hier – mitten in der Stadt.

 

Doch der Gemeinschaftsgarten ist viel mehr, als eine kommerzielle Gärtnerei, denn die Gemeinschaft steht nicht nur wortwörtlich im Vordergrund. Im Juni legten MitarbeiterInnen eines Versicherungskonzerns einen Freiwillligentag ein, schaufelten, sägten und schleppten mehrere Stunden auf dem Gelände.
„Hier kann jeder kommen und helfen oder einfach auf einen Plausch vorbeischauen  und Tipps geben. Wer keinen Schubkaren schieben kann oder möchte – man darf auch Unkraut jäten oder Kompost sieben“ sagt Dirk und zeigt auf Fläche bis zum Zaun an der Alteburger Strasse: „dort sollen bis zum Sommerfest am Sonntag noch über 100 Pflanzkisten stehen. Dafür muss aber erst der Kompostberg abgetragen werden. Hier jetzt zählt jede Hand, die hilft, damit zum Sommerfest alles fertig wird.“

Mein Blick fällt auf den riesigen Kompostberg und ich finde Gefallen an dem Gedanken an körperliche Arbeit in der Natur als Ausgleich zum starren Bürojob im Kunstlicht. Man spürt und riecht förmlich die Energie. Hier wächst nicht nur etwas in der Erde, sondern hier ist etwas Großes gewachsen, eine Vision, die immer mehr zur Wirklichkeit geworden ist. Ein weiterer Helfer kommt dazu und beginnt damit, einen Holzunterstand zusammen bauen. Mit Nägeln und einem Akku-Bohrschrauber in der Hand erklärt mir Alex, dass daraus mehrere Holzhäuser hintereinander, vielleicht auch eine Art Laubengang entstehen könnten. Vorerst soll das Holzhaus vor allem als Unterstellmöglichkeit genutzt werden. Bei dem durchwachsenen Wetter der vergangenen Wochen, eine sinnvolle Idee.

 

Während ich weiter von Beet zu Beet laufe und auf kleinen Schildern lese, was hier alles wächst – muss ich immer wieder mit einem „Ah“ und „Oh“ vor Begeisterung und Erstaunen stehen bleiben. Was hier alles wächst und gedeiht: Rettich, Bohnenkraut, dicke Bohnen, Erdbeeren, Staudensellerie und immer wieder Tomaten. Es gibt sogar ein Beet auf dem Hokkaido-Kürbisse wachsen! Die verschiedenen Pflanzkisten, teilweise mit und ohne Dach, sind nicht nur beschriftet, sondern auch mit kleinen Info-Zetteln versehen, wie zum Beispiel ,Diese Bohnen wollen kein Wasser‘. Das wäre sehr hilfreich für jemanden wie mich, der keinen grünen Daumen hat.

Während die nächste Pflanzkiste fertig ist und mit Erde gefüllt wird, frage ich mich wie man sich bei so vielen ehrenamtlichen Helfern eigentlich tagtäglich organisiert?  „Der Verein „Kölner Neuland e.V.“ ist sehr gut organisiert“ erklärt mir Dirk: „jeden Donnerstag treffen wir uns um 20 Uhr und es werden alle relevanten Sachen, wie weitere Planungen, Dienst- und Arbeitspläne besprochen und Übergaben gemacht“.

Manchmal muss man sich trotz aller Organisation und Planung auch wieder einschränken, denn der Vermieter, das Bau- und Liegenschaftsamt des Landes NRW, hat wegen der anstehenden Abrissarbeiten des Gebäudes an der Alteburger Str. 140 – 144 den nördlichen Teil eingezäunt. Dieser Zaun soll Ende des Monats abgebaut werden und danach soll diese Fläche für „NeuLand“ wieder offen sein. Auch im südlichen Teil, wartet man noch darauf, dass das große Loch in der Erde auffüllt, damit auch dieser Teil der Brache genutzt werden kann.

„Neuland ist als Begegnungsstätte gedacht, hier kann ein Tauschmarkt für Pflanzen statt finden, man kann Sachen aus dem eigenen Garten oder vom Balkon abgeben, die man nicht mehr braucht“ und Dirk ergänzt: “Wir können eine Plattform bieten, aber auch zum Interessenaustausch. Momentan tauschen wir gern Kompost, denn davon haben wir zur Zeit jede Menge“.

 

Das Engagement der „Neuländer“ kennt keine Grenzen, es wurden Spendenkonten eingerichtet, Fördergelder beantragt und Verhandlungen mit Rheinenergie wegen Wasserversorgung geführt.
Denn zum Aufbau einer Infrastruktur auf dem Gelände wird neben der körperlichen Mitarbeit auch eine finanzielle Unterstützung benötigt. Die ersten Geldspenden wurden in dringend benötigte Regenwassertanks investiert. Bald sollen auf dem Gelände die ersten Workshops für interessierte Bürger stattfinden.
Beim Sommerfest am kommenden Sonntag (24.6.) könnt Ihr Euch alle selbst vom den Fortschritten im Gemeinschaftsgarten überzeugen. Euch erwartet ein buntes Programm mit Kaffee, Kuchen und Kölsch für Kind und Kegel, Jung und Alt –  musikalisch begleitet von der „Eierplätzchenband“ und „One Take Toni“.  Sängersongwriter Pike wird Gemüse und Jungpflanzen versteigern, natürlich geht der Erlös als Spende ans NeuLand-Projekt.

Ich bin immer noch gefangen von den vielen Pflanzen und dem frischen Duft nach Natur und bedauere es, dieses Mal nur zum Interview hier zu sein, denn nach einem achtstündigen Bürotag bekomme ich sofort Lust Hand an die Schippe anzulegen und selber Sand zu schaufeln. Beim nächsten Mal bin ich dabei!

 

 

Mehr über die Initiative an der „Brache Dom-Brauerei“ erfahren Sie im Neuland-Dossier.

Oder unter: www.neuland-koeln.de

 

Am Sonntag den 24.06.2012 findet das NeuLand Sommerfest statt. Mehr Infos finden Sie hier.

Text: Antje Kosubek

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