Rotlicht statt Grüngürtel?
Donnerstag, 31. März 2011 | Text: Gastbeitrag | Bild: Visualisierung
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Prostituierte gegenüber von McDonald’s, Sado-Maso an der Alteburg, Saunaclubs unweit des Temma – ist das denkbar? Bei der Stadt Köln gibt es offenbar ernsthafte Überlegungen, mehrere Einrichtungen des Rotlichtmilieus im Kölner Süden zu bündeln.
Demnach soll unter anderem das „Pascha“, laut Eigenwerbung „Europas größtes Laufhaus“ und derzeit noch in der Hornstraße ansässig, im kommenden Jahr einen Neubau an der Koblenzer Straße beziehen. Bereits seit längerem sucht das Bordell nach größeren Räumlichkeiten. Nach Informationen unserer Redaktion hat man sich nun mit der Stadt auf einen Umzug nach Bayenthal geeinigt – für den Fall dass der Neubau der Fachhochschule auf dem Gelände der ehemaligen Dombrauerei nicht kommt (wir berichteten am Donnerstag). Nicht nur das Pascha soll vor die Tore der Südstadt ziehen – eine ganze Reihe anderer Bordelle auch. Räkeln sich dort, wo mal im Grüngürtel die Wissenschaft blühen sollte, schon bald im Rotlicht hunderte von Callgirls?
Der Kölner Ordnungsamtsleiter Robert Kilp hatte bereits im Dezember, als die FH-Neubaupläne endgültig ins Wackeln gerieten, einen runden Tisch einberufen. Neben dem obersten Ordnungshüter der Stadt selbst saßen daran auch Polizeichef Klaus Steffenhagen und die Geschäftsführer von fünf Einrichtungen aus dem Rotlichtmilieu, darunter Pascha-Chef Armin Lobscheid und der neue Inhaber des „Cesar’s Palast“ auf der Merowinger Straße, Keywan Niroumand.
Die Stadt wolle die Rotlichtbranche auf dem Gelände der einstigen Dombrauerei zentralisieren, verkündete Kilp bei dem Treffen mit Verweis auf ein Richtungspapier von Stadtdirektor Guido Kahlen. So solle einerseits das Angebot für interessierte Bürger gebündelt und überschaubarer gemacht werden. Andererseits käme nach der Fertigstellung der Nord-Süd-Bahn die verbesserte Verkehrsanbindung auch zahlreichen Betrieben des Rotlichtmilieus zugute. Für die Polizei wie für die Betreiber habe die Bündelung den Vorteil, dass die Kriminalität besser kontrolliert werden könne.
Geht es nach dem Willen von Stadt und Polizei, dann soll auch die Straßenprostitution von den Ausfallstraßen wie der Brühler Straße weggeholt und in Bayenthal ansässig gemacht werden. Vor allem das Problem der Gewalt gegen Frauen durch Zuhälter sei so besser in den Griff zu bekommen, sagte Steffenhagen. Ein städtisches Stundenhotel knüpfe da durchaus an eine Tradition an: Das Gebäude, in dem heute das Pascha ansässig ist, wurde 1974 als Dirnenhaus von der Stadt Köln gebaut.
Um den Umzug zahlreicher Betriebe nach Köln-Süd zu unterstützen, werde die Stadt gemeinsam mit dem landeseigenen Baubetrieb BLB, dem die Grundstücke gehören, Fördergelder aus dem EU-Strukturfonds beantragen. Damit könne zumindest ein Teil der Brache an der Alteburger Straße neu bebaut werden. Die Anträge seien vorbereitet. Sobald die Entscheidung gegen einen FH-Neubau im Kölner Süden gefallen sei, könne man loslegen.
Die Prostitution gilt als einer der wichtigsten Wirtschaftszweige für Köln. Mit bis zu 30.000 Besuchern pro Monat, vor allem in Messezeiten, hat allein das Pascha einen geschätzten Jahresumsatz von 45 Millionen Euro. Der Betrieb beschäftigt 150 Frauen und 90 Festangestellte.
„Von der Wirtschaftskraft und den entstehenden Arbeitsplätzen können auch die angrenzenden Stadtteile profitieren“, heißt es in dem Richtungspapier des Stadtdezernenten, das „Meine Südstadt“ vorliegt. Dies sei für die knapp 2.000 Arbeitslosen in Bayenthal und Neustadt Süd „eine gewaltige Chance“.
Vier der fünf Rotlicht-Größen erklärten sich nach Informationen von „Meine Südstadt“ zum Umzug bereit, darunter auch Pascha-Chef Lobscheid. Bei zwei weiteren Treffen im Januar und März wurden die Modalitäten festgezurrt. Speziell die Anforderungen des Pascha werfen derzeit aber noch bauliche Probleme auf. Traditionell sei das Pascha ein Hochhaus, so Geschäftsführer Lobscheid gegenüber unserer Redaktion. Auf dem betreffenden Gelände in Bayenthal dürfe man aber derzeit nur siebengeschossig bauen: „Daran müssen wir noch arbeiten“.
Ignaz Wrobel
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