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Kolumne

„Sala Gabotse Köln“

Dienstag, 25. September 2012 | Text: Wassily Nemitz

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Wenn Deutsche an Afrika denken, stellen sie sich vermutlich meist unberührte Landschaften mit trommelnden Menschen vor, die in heruntergekommenen Dörfern leben, permanent unter Hunger leiden, HIV-infiziert sind und jeden westlichen Besucher sofort nach seiner Ankunft überfallen.
So musste es mir auch vor meinem Abflug vorkommen. Jeder Zweite warnte mich: „Pass bloß auf! Südafrika ist wirklich kriminell!“ Nicht selten wurden solche Kommentare pflichtbewusst scheinheilig mit den Worten „Ich will ja nichts sagen…“ oder „Ohne jetzt rassistisch sein zu wollen…“ eingeleitet.

Wenn Deutsche an Afrika denken, stellen sie sich vermutlich meist unberührte Landschaften mit trommelnden Menschen vor, die in heruntergekommenen Dörfern leben, permanent unter Hunger leiden, HIV-infiziert sind und jeden westlichen Besucher sofort nach seiner Ankunft überfallen.
So musste es mir auch vor meinem Abflug vorkommen. Jeder Zweite warnte mich: „Pass bloß auf! Südafrika ist wirklich kriminell!“ Nicht selten wurden solche Kommentare pflichtbewusst scheinheilig mit den Worten „Ich will ja nichts sagen…“ oder „Ohne jetzt rassistisch sein zu wollen…“ eingeleitet.

Inzwischen bin ich mehr als drei Wochen hier und noch im vollständigen Besitz meines Eigentums. Aids habe ich auch nicht, und hungernde Menschen suche ich bislang vergeblich. Zugegeben: hier gibt es sicherlich mehr Kriminalität als in der Bundesrepublik. Verhältnismäßig schlimm erscheint die Statistik hier aber unter anderem deswegen, weil es im Gegensatz zu vielen anderen afrikanischen Ländern überhaupt eine gibt. Außerdem muss zwischen den einzelnen Regionen Südafrikas unterschieden werden. Zweifellos ist es nicht die beste Idee, in einem Township vor Johannesburg nachts alleine mit einer Spiegelreflexkamera um den Bauch herumzulaufen.

Hier in Kgautswane, dem Ort in der nordwestlichen Provinz Limpopo, in dem ich mich im Rahmen meines Freiwilligen Sozialen Jahres elf Monate lang aufhalte, hingegen können wir unsere Räume unabgeschlossen lassen; auch wenn wir Wertsachen darin aufbewahren. Diese Sicherheit verdanken wir vor allem Mama Clara, der Gründerin und Leiterin des Kgautswane Community Development Centers (KCDC), in dem wir leben. Es wurde 1991 nach der Freilassung Nelson Mandelas gegründet. Hier können sich die Bewohner des Ortes treffen, an Computern arbeiten oder Kurse besuchen. Gründerin Mama Clara, mit bürgerlichem Namen heißt sie Clara Masinga, ist eine rüstige, rundliche Dame um die 70 und meine neue Mutter. Gleich am Anfang stellte sie es klar: „I am your mother!“. Und so funktioniert auch das Zusammenleben mit ihr. Auf der Basis von „I love you“ gibt es einige Regeln, die von uns zu beachten sind – und das, was bei Mama Clara eine Regel ist, das ist Gesetz.
Beispiel: Nach 18 Uhr abends dürfen wir uns nicht mehr außerhalb des Center-Geländes aufhalten. Was auf den ersten Blick etwas seltsam und willkürlich klingt, ergibt bei genauerer Betrachtung durchaus Sinn. Mama Clara verbietet uns das Verlassen des Centers zu dieser Zeit nur, um uns zu schützen. Sie möchte verhindern, dass wir von Betrunkenen angegriffen oder von Schlangen (die sind im Sommer ein Problem) gebissen werden. Bislang haben wir uns mit dieser Regeln gut arrangieren können – denn nachts kann man hier in Kgautswane auch nicht wirklich viel unternehmen, es gibt noch nicht einmal Straßenlaternen.

Knapp elf Monate Aufenthalt liegen noch vor mir, und ich kann nicht behaupten, dass ich persönlich völlig vorbehaltsfrei an die Sache herangehe. Was das Leben im ländlichen Afrika aber wirklich bedeutet, dass werde ich in der kommenden Zeit erfahren. Im Rahmen dieser Kolumne möchte ich Sie als Leser von „Meine Südstadt“ daran teilhaben lassen – jeden zweiten Montag werde ich aus Kgautswane berichten und versuchen, ein Leitmotiv für jede Folge zu finden und die Kölner Südstadt dabei nicht ganz aus den Augen zu verlieren. Da die Diskussion um die Teilinbetriebnahme der Nord-Süd-Stadtbahn in der Südstadt derzeit besonders stark diskutiert wird und für Empörung sorgt, werde ich in zwei Wochen darauf blicken, wie hier der öffentliche Nahverkehr organisiert wird – und was man hier wohl zu einer U-Bahn sagen würde.

Diese, erste einführende Folge darf aber nicht zu Ende gehen, ohne wenigstens zwei Wörter auf Sepedi, der hier gesprochenen, südafrikanischen Regionalsprache, erwähnt zu haben:
Ke a leboga (Vielen Dank) für Ihr Interesse und Sala Gabotse (Auf Wiedersehen)!

Text: Wassily Nemitz

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