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Schluss mit lustig – Kartäuserwall 14 geräumt!

Donnerstag, 1. Oktober 2015 | Text: Judith Levold | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Recht vollstreckt
7:15 Uhr am Morgen, „es machte Bääämmm an der Tür und fünf Sekunden später standen sie auch schon drin“, die Polizisten, erzählt Besetzer Vincent. „Wir waren zu zehnt im Haus, haben geschlafen und wurden dann richtig durchsucht, das ganze Programm. Obwohl, den Räumungsbescheid haben sie uns nicht gezeigt“ weiß er noch anzumerken.

Ich stehe mit Fotografin Tamara am Eingang zum Kartäuserwall vor der martialisch wirkenden Polizeisperre und denke bei mir: So ein Aufriss für die paar Menschen in dem Haus, der Chlodwigplatz komplett dicht mit Einsatzfahrzeugen, Durchgang in den Kartäuserwall nur für Anwohner und Presse…

Die Gruppe der Besetzer, die sich selbst „NutzerInnen des Kartäuserwall 14“ genannt hatten, steht fröstelnd und kaffeeschlürfend neben uns, einige durften in Begleitung von Polizisten nochmals zurück ins Haus, um ihre Sachen zu holen. Auch Kalle Gerigk, mit bundesweitem Aufsehen im letzten Jahr aus seiner Wohnung im Agnesviertel geräumt, ist gekommen, ebenso wie die ursprünglich aus dem Haus Kartäuserwall 14 geräumte Familie Montag, Mutter Marina und Tochter Antonella. Den beiden kullern Tränen aus den Augen „Das berührt einen einfach sehr, wenn da jetzt alles kaputt gemacht wird, was wir früher selbst, von eigenem Geld renoviert und bezahlt haben und wo wir 28 Jahre lang gelebt haben, ich seit meiner Geburt im Klösterchen!“ sagt Antonella und kann ihren Blick nicht lösen von dem Stückchen Straße, an dem ihr ehemaliges Zuhause (noch) steht.
Denn dass es kaputt gemacht wird, scheint klar – die Abrissgenehmigung des Eigentümers, von der Stadt Köln gegeben, liegt vor. Und um eine erneute Besetzung nach der Räumung zu verhindern, ist ab sofort schon mal ein vom Eigentümer angeheuerter Bautrupp im Kartäuserwall 14 zugange.
„Das Haus wird jetzt verriegelt und unbewohnbar gemacht“ informiert mich Polizeisprecher Dirk Weber, der zuvor betont hat, dass die Räumung am frühen Morgen „absolut friedlich und störungsfrei“ verlaufen sei. Man habe die Personalien der zehn dort angetroffenen Leute aufgenommen und Platzverweise erteilt, jetzt würden die Strafverfahren wegen Hausfriedensbruch anlaufen. Natürlich auf Antrag des „Geschädigten“, also des Hauseigentümers Gewerbepark Hüsten GmbH, der auch zu Beginn der Woche die Räumung beantragt habe, wie Dirk Weber hinzufügt.

Vehandlungen beeendet

Das wiederum wundert und ärgert Bernd S., ein bisschen der Sprecher der Besetzergruppe. „Schon komisch, wo wir gestern, also Mittwoch, den 30. September, noch mit Herrn Gieraths vom Gewerbepark Hüsten gesprochen haben. Wir waren dabei, einen Verein zu gründen und hatten für heute ein Kaufangebot vorbereitet – wir wollten das Haus dem Markt entziehen, wir haben hier so viel Unterstützung erlebt in den letzten Wochen, die Nachbarschaft wollte das Haus erhalten, wir wollten ein Mietercafé da rein machen – aber Herr Gieraths hat der Polizei wohl gesagt, die Verhandlungen mit uns seien gescheitert. Und das Anfang der Woche, wo wir gestern noch telefoniert haben, das ist einfach gelogen!“ stellt Bernd in den Raum. Mit anderen aus der Gruppe will er nun per Vollmacht eines benachbarten Hauseigentümers Einsicht in die Akten bei der Bauaufsicht bekommen.

 

(Bilder: Tamara Soliz. Chlodwigplatz im Einsatz; Marina Montag und Kalle Gerigk; geräumte BesetzerInnen am Kartäuserwall; Rückseite von Kartäuserwall 14, Inhalt der Wohnung auf dem Flachdach dahinter, von li.o.nach re.u.)

Ich telefoniere mit Herrn Gieraths, der mir sichtlich ermüdet berichtet, ein Kaufangebot der Besetzergruppe habe nicht bis zum gestrigen Mittwoch, sondern bis Mittwoch 23.09.15 vorliegen sollen, die Frist hätten sie als Eigentümer nochmals verlängert, aber bis zum jetzigen Zeitpunkt liege da nichts vor seitens der Besetzer und so habe man eben die Räumung veranlasst. Doch auch jetzt – solange der Abriss nicht beginne, gebe es ja noch die Option, etwas anzubieten, und wer in den Keller des Hauses hinabsteige, der werde sehen, was auch unabhängige Gerichtsgutachter schon bescheinigt hätten: unter anderem die gesamte Haustechnik, sämtliche Leitungen, seien derart marode, dass das nicht einfach mal instand zu setzen sei, das müsse umfänglich saniert oder eben ganz neu gebaut werden.„ Und irgendwann verhandle ich nicht mehr, nicht mit Leuten, die einfach widerrechtlich in mein Haus eingedrungen sind und dort täglich Wasser und Strom nehmen, mir Verhandlungen aufdrängen und dann die Abmachungen nicht einhalten.“

Akteneinsicht beim Bauaufsichtsamt

Transparenz in Sachen Bugenehmigungsverfahren wollen neben den Besetzern auch Nachbarn des jetzt wochenlang besetzt gehaltenen Hauses, etwa die, die im Kartäuserwall 18, einem Haus im Besitz der Landesentwicklungsgesellschaft leben. Sie haben sich bei ihrem Vermieter, der LEG Immobilien AG eben erkundigt, ob diese einem Neubau, wie von der Gewerbepark Hüsten GmbH beantragt, zugestimmt habe. Und dem ist laut Brief der LEG etwa an Mieterin Julia Währisch mitnichten so, stattdessen schreibt ihr die LEG am 18. September, Zitat: „Allerdings wissen wir weder offiziell noch inoffiziell von einem Bauvorhaben in der von Ihnen beschriebenen Art. Es ist niemand an uns herangetreten und hat? uns über dahingehende Pläne informiert”.

 

(Bilder: Tamara Soliz. Fassade und Fenster von Kartäuserwall 14, vor der Malerarbeit des Bautrupps)

Wir begleiten Julia Währisch, die sich seit der Besetzung am 4. September für die Botschaft der Initiative interessiert und sympathisiert hat, in ihre Wohnung. Die Besetzer wollten mit der Aktion aufmerksam machen auf die nach wie vor übliche Praxis, günstigen Wohnraum im Zuge von Sanierung oder Abriss und Neubau durch teuren Wohnraum zu ersetzen. Auf der Rückseite des Kunsthaus KAT18, über den Innenhof hinweg, gelangen wir ins Wohnzimmer von Julia Währisch, dessen terrassenartiger Vorsprung der Rückseite vom gerade geräumten Kartäuserwall 14 zum Greifen nahe ist.

Auf Abstand

„Das sind keine vier Meter Abstand, wie es nach Architektenaussage sein müsste.“ sagt Julia Währisch, „das sind zwei Meter dreißig – wenn hier höher gebaut wird, sitze ich komplett im Dunklen, das Thema Brandschutz dürfte auch problematisch sein.“ erklärt sie.

Und wir sehen von hier aus live und in Farbe, wie Kartäuserwall 14 „unbewohnbar“ gemacht wird: hier fliegt -Bautrupp sei Dank- alles an Innenausstattung nach draußen auf ein Flachdach. Wandteile, Türen, Jalousien, Fensterteile, Holz, Metall…

Politik und ihre „gemischte Quartiere“

Mit dem stadtplanerischen Instrument einer Milieuschutzsatzung -auch in der Kölner Politik seit Jahren diskutiert- hätte eine Umwandlung von bezahlbarem Miet- in hochpreisigen (Eigentums-)Wohnraum jedenfalls abgefedert werden können. Was nicht nur der Südstadt, in der eine Gentrifizierung bereits fortgeschritten ist, gut bekäme.

 

 

Mehr im Netz
wohnraumfueralle.noblogs.org
wohnraumfueralle.noblogs.org/2015/09/21/sockenpuppen-video/
 

Text: Judith Levold

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