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Kolumne

Skype

Sonntag, 10. Juli 2011 | Text: Gastbeitrag | Bild: Designwork

Geschätzte Lesezeit: eine Minute

Liebe Leser,
kennen Sie Skype? Kommunikation ist wichtig und das Bildtelefon ist, seit es 1989 erstmalig auf der CeBIT vorgestellt wurde, der Traum aller Gerntelefonierer. Wir mussten uns von den Pessimisten der Südstädter Kaffeehauslandschaft erklären lassen, die Technik beraube uns der letzten Refugien des Privaten. Wir könnten nie mehr nackt, mit Gurkenmaske oder verzogener Grimasse in den Fernsprecher flöten, ohne dass unser Gegenüber uns auf Lebenszeit verachte.

Und nun, gute zwei Dekaden später, skypen wir! Ohne Probleme nackt. Gerne mit Gurkenmaske oder  verzogener Grimasse. Allerdings ist uns dies nur möglich, weil skype zuweilen die unmöglichsten Bild- und sogar Tonaussetzer liefert, die jedes noch so unseriöse Bild in der Störung aufzulösen vermögen. Eine subversive, technikinhärente Guerillamaßnahme der Privatsphärenpolizei der Südstädter Kaffehauslandschaft? Vielleicht. Doch ich mag nicht recht daran glauben.
Vor kurzem entführte mich skype zu den Wurzeln der menschlichen Psyche, versetzte mich in eine Art Höhle oder erdliche Gebärmutter. Die Welt, in die ich  mich für das Bildgespräch begeben hatte, wurde schwarz, nur selten zuckten Lichtpunkte, vage Schatten auf und wieder ab. Mein Gegenüber, in diesem Fall handelte es sich um meine Mutter, der ich zum 80sten Geburtstag einen Laptop mit kleiner Webcam geschenkt habe, war verschwunden. Und das Einzige was ich hörte waren tiefe, wabernde Geräusche. Dazu hatte meine Stimme einen Hall.. all.. all. Das Gespräch brach nicht ab, sondern gab mir Zeit, mich in gewisser Art und Weise mit meiner psychischen Herkunftshöhle zu konfrontieren, der wohligen Sicherheit im Schoße von Mutter Erde.
Ich finde es faszinierend, wie das Leben, und vielleicht sogar in besonderem Maße das digitale Leben, so man ihm mit steter Offenheit begegnet, in der Lage ist, durch Fehler, Türen zu Bereichen zu öffnen, die einem ansonsten für immer verschlossen blieben.
Genauso sollte, im besten Fall, eine Psychotherapie funktionieren. Sie sollte eine große Durchlässigkeit für alle möglichen Fehler haben und so Bereiche öffnen, die Patient und Therapeut aus sich heraus nicht betreten hätten.

In diesem Sinne:
Alles Liebe.. iebe.. iebe,
Ihr Dr. Hanno Verbier

 

 

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