Sommer in Deutschland ein Märchen?
Mittwoch, 13. Juli 2011 | Text: be süd
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Kennen Sie das? Das Gefühl, dass man, sobald die Sonne scheint, an allen nur erdenklichen Aktivitäten teilnehmen möchte? Eine Art Sommer–Sonne-Spaß-Zwang, und wir müssen unbedingt dabei sein? Außer den privaten Sommerpartys (Schulabschieds-, Sportvereins- und Geburtstagsgrillen) gibt es eine gehörige Portion von kulturellen Angeboten wie das Summer Jam, das Summer Stage, die Kölner Lichter, die Festivals…. UHH! Ich bin noch nicht unterwegs und schon erschöpft! Tief ein- und wieder ausatmen.
Kennen Sie das? Das Gefühl, dass man, sobald die Sonne scheint, an allen nur erdenklichen Aktivitäten teilnehmen möchte? Eine Art Sommer–Sonne-Spaß-Zwang, und wir müssen unbedingt dabei sein? Außer den privaten Sommerpartys (Schulabschieds-, Sportvereins- und Geburtstagsgrillen) gibt es eine gehörige Portion von kulturellen Angeboten wie das Summer Jam, das Summer Stage, die Kölner Lichter, die Festivals…. UHH! Ich bin noch nicht unterwegs und schon erschöpft! Tief ein- und wieder ausatmen.
Solange die Sonne scheint, der Himmel blau ist und die Mauersegler da sind, ist es Sommer in Deutschland. Aber wie lange? Im Hinterkopf schwirrt immer der Gedanke: Irgendwo lauert es schon wieder, das schlechte Aprilwetter, die plötzlichen Wechsel der Temperaturen, die unser Gemüt wie ein Yo-Yo hoch und tief schwingen lassen. Wir fühlen uns regelrecht gezwungen, solange die Sonne scheint, die kulturellen Angebote auf Teufel kommt raus mitzunehmen. Denn morgen könnte es schon wieder vorbei sein mit der Sonne! Wie die Eichhörnchen, die Nüsse für den Winter sammeln, versuchen wir die Sonne und den Sommerspaß, in unsere Körper aufzusaugen und zu speichern.
Die Devise lautet: „ Let’s party!“ Im Zweifelsfall feiern wir, bis der Doktor kommt. Und überhaupt, lass‘ uns in der Sonne brutzeln! Und am Tag danach… SCHHHH, nicht so laut denken! Während wir beim Spazieren den Restalkohol ausdünsten lassen, schleichen wir sonnenanbetenden, feierwütigen Helden uns durch den Tag. Als Beweis für unseren Sommerspaß dient der Sonnenbrand, und “bumm, bumm“ – wer spielt Bass in meinem Kopf? Dann klingelt das Telefon, und etwas benommen fange ich schon wieder an, Pläne zu schmieden, für was sonst: die nächste Party! Das kennt man doch. Diese „Wir nehmen doch alles mit“-Mentalität. Bei unserem Pensum könnte man meinen, es geht eher um die Quantität als um die Qualität!
Ist dieser Sommerspaß-Drang nur ein Produkt unseres Klimas und des Wetters? Rennen auch die Südländer, sobald die Sonne scheint, wie ferngesteuerte Roboter raus, oder ist das eher dem Nordländer zuzuschreiben?
Fest steht, dass wir nicht sonderlich verwöhnt werden mit dem Wetter in Köln. Der letzte Sommer ließ sehr zu wünschen übrig! Grau, nass und ungemütlich – manche hatten schon während des Sommers ihre Winterdepressionen!
Wir sind sonnendurstig! Wir brauchen die Sonne, denn sie stößt die Produktion von Vitamin B an, die wichtig für unsere Knochenbildung ist. Sie unterstützt unsere Gelenkfunktionen, reguliert den Kalziumspiegel im Blut und macht uns glücklich! Ja, wenn die Sonne scheint, machen die Glückshormone (Endorphine) ein Tänzchen durch unseren Körper und bekämpfen die schlechte Laune!
Während die sonnenverwöhnten Spanier am liebsten eine Siesta machen, um der Sonne zu entkommen, kennen wir mies-Wetter-verwöhnten Deutschen keine Siesta, nur das dringende Gefühl: Die Sonne muss genossen werden! Es entsteht ein Zwang, der uns unglaublich unter Druck setzt und uns aussehen lässt wie verrückte Hühner ohne Kopf, ziellos herumrennend, auf der Suche nach den besten Sonnenplatz, dem ultimativen Spaß und der optimalen Bräune! Denn eins wollen wir in den Sommermonaten auf gar keinen Fall: käsebleich sein!
Wo kommt dieses Gefühl, nichts verpassen zu wollen, eigentlich her? Hat es wirklich was mit unserem Klima zu tun, oder ist das unser Naturell? Während die Franzosen das Savoir Vivre, in allen Zügen gemächlich genießen, machen die Nordländer einen Sport daraus, so viel wie möglich in so kurzer Zeit wie möglich, mitzunehmen! Das erinnert mich an die „Europa in einer Woche“-Reisen der Amis. Wie in einem Film rauschen die Bilder dieser Woche vorbei, ein Feuerwerk der Farben und Lichter, gemischt mit Hitze, Regentropfen und Musik. Der Sommer-Spaß-Marathon fordert viel Kraft und ein unglaubliches Organisationstalent. Da ich in meiner Hektik auch noch einen Geburtstag vergessen habe, überlege ich kurzerhand, ob ich mir einen „Personal Manager“ engagieren sollte. Doch ein Blick auf mein Konto lässt diesen Gedanken verblassen. Auch wenn die Hitze mir zu schaffen macht, die gleißende Sonne in meinen Augen brennt und ich schweißgebadet bin, werde ich durch die Sonne angezogen, wie die Motte vom Licht. Dann höre ich wie einer sagt: „Morgen soll´s regnen! Das war´s mit dem Sommer!“ Sommer in Deutschland – ein Märchen? Schon Napoleon wusste bescheid : „Die Deutschen haben sechs Monate Winter und sechs Monaten keinen Sommer“.
Doch, heute scheint die Sonne …. Ich muss raus!
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