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Politik

Stattentwicklung im Veedel

Montag, 28. November 2016 | Text: Judith Levold | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Das will ich mir mal so ganz in Ruhe anschauen. Am helllichten Tage. Zusammen mit Architekt Johannes Finkelstein und Fotograf Dirk Gebhardt bin ich auf Meckertour, in Wort und Bild. Am Ubierring auf dem Gehstreifen im Wendehammer der Linie 15 haben wir uns verabredet. Denn da geht’s los, ganz besonders sogar da, wie Finkelstein findet.

 

„Hier müsste sich der Ubierring ja öffnen und zum Beispiel mit einer Freitreppe zum Rhein hin ergießen. Schau mal geradeaus zurück, durch die Bäume – das ist eine Achse bis zum Lutherkirchturm. Hier müsste freier Zugang zum Fluss sein, aber nee“, redet sich der Architekt in Rage. Josef Stübben, renommierter Baumeister im ausgehenden 19. Jahrhundert., hatte vor mehr als hundert Jahren diese städtebauliche Anlage so entworfen, ebenso wie die Erweiterung in die Neustadt nach Abriss der Stadtmauer.

 

Stadtmöblierung – muss das so?

Aber den freien Zugang zum Rhein hier im Südosten der Südstadt, das hat Köln ja schon vor Jahrzehnten versaubeutelt. Nämlich als der Rheinufertunnel nicht wie geplant bis zur Schönhauser Straße durchgezogen wurde, denke ich. Der Fotograf fotografiert und grinst.

 

„Und dann guck Dir das an, die so genannte Stadtmöblierung, sowieso ein Euphemismus, aber da gibt es einfach kein einheitliches Konzept zur Gestaltung des öffentlichen Raums“, meint Johannes Finkelstein. „Da, ein Trafo, hier im Umkreis von fünfzig Metern drei verschiedene große Werbeträger, dort die Uhr, hier ein Toilettenhäuschen von der KVB, eine Mülltonne der AWB, städtische Laternen, Schilder, alles über die Jahre so nach und nach hier aufgestellt – und die schönen historischen Steinbänke total vergammelt. Das ist doch kein Konzept für öffentliche Grünflächen!“.

 

Wir wandern weiter, in der Mitte des Ubierrings, dessen Grün allenfalls als Hundewiese genutzt wird, dabei könnte das gesamte Areal eine wunderschöne Parkanlage sein – findet zumindest Johannes Finkelstein. Er weist mich auf viele Elemente im Straßenbild hin, die eine Stadt tatsächlich nicht verschönern. Achtet mal drauf: Wenn ihr vorbei an der Bottmühle bis zur Ubierschänke geht, dann seht ihr in Richtung Chlodwigplatz einen Parcours von gefühlt hundert Schildern, Pinökeln, Litfaßsäulen, Stromkästen und sonstwas. Gerne alles auch mitten in den Sichtachsen.

 

Neubau: Nix Neues und nix Wegweisendes

Doch genau hier biegen wir in die Alteburgerstraße ein, denn wir wollen uns heute eigentlich Neubauten anschauen. Also den Lückenschluss, die so genannte Nachverdichtung, die in den letzten Jahren hier in der Südstadt passiert ist. So entstand zwar zusätzlicher Wohnraum, allerdings vorwiegend sehr teurer. In der Alteburgerstraße kann man das an gleich mehreren Stellen betrachten. Da, wo früher die Ubia-Garage neben ein paar abgerockten Mittelaltbauten stand, ist es heute höher als damals und wir sehen massiv Fassade mit mehreren Hauseingängen – alles einerlei.

 

„Das ist völlig monoton“, sagt Herr Finkelstein, obwohl, oder vielleicht genau weil er selbst drin wohnt. „Hier hat man schon in der Planung versäumt, wirklich optische einzelne Häuser zu bilden, sie also voneinander unterscheidbar zu machen. Wäre schon mit Farbe gegangen… Und dann ist es auch billig, billiger Putz, billigste Styropor-Dämmung, Klinkerriemchen, Kunststoff-Fenster.“ „Aber trotzdem teuer, sich da ne Wohnung zu kaufen oder?“ falle ich ein, „Bestimmt nicht unter 4.000 Euro pro Quadratmeter?“ „Also heute sicher, vor ein paar Jahren, als ich eingezogen bin, 3.500 Euro.“

 

Die Wohnungen im Erdgeschoss tragen nicht bei zu Lebendigkeit in der Alteburger Straße, die bis in die 30er Jahre die Einkaufsmeile der Südstadt war. Überall Läden im Parterre damals. Da ist Finkelstein in seinem Element: „Ja, Erdgeschosse sollten nicht zum Wohnen genutzt werden. Geschäfte, Cafés, Restaurants – das ist viel urbaner, einfach eine Mischnutzung: Wohnen und Gewerbe. Und sowas kann man mit einem Bebauungsplan festschreiben, das müsste gemacht werden hier und überall. Mit einer Gestaltungssatzung dazu.“

 

Garagen statt Gaststätte?

Ein paar Meter weiter, an der Eburonenstraße – ein ganz aktueller Fall. Hier will „Wohnwert“ das Eckgebäude, in dem die Gaststätte Tavernaki schon viele Jahre ihre Heimat hat, höher und tiefer und komplett mit Wohnungen bebauen. Im Erdgeschoss waren zunächst Garagen geplant. Gegen diese Gestaltung erhob sich Widerstand, obwohl sie rechtlich abgedeckt ist durch §34 des NRW-Baurechts. Er besagt, dass ein Bauvorhaben zulässig ist, wenn es sich „…nach Art und Maß der baulichen Nutzung… in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt…“.

 

Der Widerstand wurde erst in unserer „Meine Südstadt“-Facebookgruppe laut, später auch in der Bezirksvertretung. Die Grünen boxten schließlich mit den Stimmen von Linken und Piraten einen Antrag auf Bebauungsplan für diese Gegend der Südstadt durch. Doch den müssten erst noch der Stadtentwicklungsausschuss und der Rat beschließen, damit er wirksam würde. Inzwischen hat der Investor einen Rückzug gemacht: keine Garagen mehr Parterre, dafür Wohnen.

 

 

„Klar, wahrscheinlich mit so niedrigen Geschossen unten, gefühlt 1,80 Deckenhöhe, das sieht man auch schön ausgereizt zum Beispiel in der Rolandstraße, Ecke Zugweg: Das ist die Maximalausnutzung des Volumens, ohne Hochhaus zu sein und das soll jetzt natürlich hier auch noch durchgewinkt werden, bevor per Bebauungsplan eine Veränderungssperre käme“, schimpft Finkelstein. Ab mehr als sieben Etagen gilt ein Haus als Hochhaus, und dann fallen zwingend andere Fluchtwege und Brandschutzmaßnahmen an. Viele Investoren vermeiden das. Stattdessen quetscht man ins Volumen von sechs Geschossen sieben. „Die Gestaltung folgt eben nur ökonomischem Druck“ sagt Finkelstein.

 

Immer mehr Desselben

Ja, denke ich, und es sieht einfach alles gleich aus. Nur 30 Meter weiter, auf derselben Straßenseite, ist Hausnummer 103 abgerissen und -ebenfalls tiefer und mit exklusiven Stadtvillen im rückwärtigen Hof- optisch 08/15 neu gebaut worden. Vorher natürlich entmietet und jetzt nix zu haben unter schlappen 4.500€ pro m2.

 

Damit verändert man die Bewohnerschaft eines Viertels, das leuchtet ein. Bestes Beispiel ist natürlich der Rheinauhafen: null grün, null sozial gemischt und null wegweisend, weder gestalterisch noch was ökologisches Bauen betrifft. Aber sehr wirkungsvoll im Hinblick auf die rasant steigende Entwicklung der Miet- und Kaufpreise in der angrenzenden Südstadt.

„Ich bin der Meinung, dass da das einzige effektive Instrument wäre, wenn die Städte wieder selbst bauen würden. Dann könnten sie das verhindern. Oder ihre Grundstücke in Erbpacht und an die besten Nutzungskonzepte vergeben. Natürlich ist auch die Baugesetzgebung reformbedürftig, man müsste den Schlüssel ändern, nachdem man bei soundsoviel Wohnungen auch einen Anteil sozial geförderter Wohnungen bauen muss – das müsste einfach unabhängig von der Größe des Bauvorhabens immer Standard sein, dass da auch sozial geförderter Wohnraum dabei ist.“

Ja, es gäbe Möglichkeiten für Politik und Verwaltung, Städte zu gestalten und das Bewohnen und die Bewohnermischung zu beeinflussen, anstatt das Ganze einfach dem Immobilienmarkt zu überlassen – das zumindest ist mein Fazit dieses Spaziergangs in herbstlicher Sonne durch mein Viertel. Vielleicht wird das ja in der neuen Parkstadt Süd dann mal umgesetzt – die Hoffnung stirbt zuletzt.

Text: Judith Levold

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