Steffen Baumgart – Shooting-Star an der Severinskirche
Dienstag, 8. März 2022 | Text: Elke Tonscheidt | Bild: Elke Tonscheidt
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Und zum Schluss steht da der kleine Joschka und bittet um ein Selfie. Natürlich ermöglicht das Steffen Baumgart sofort. Beide lächeln ins Handy und ich frage den Jungen später, mit wem er denn hier sei? „Alleine, ich wohne dort“, sagt mir der 12jährige und zeigt zu seiner Wohnung in Sichtweite des Vringstreffs. Ich stutze. „Mich hat ein Freund angerufen und gesagt: Da ist jemand vom FC. Da bin ich sofort losgelaufen“, freut sich Joschka noch immer.
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Die Wagenhalle – außergewöhnliches Gasthauserlebnis in historischem AmbienteDieser Jemand ist also Steffen Baumgart, der berühmte Trainer, der den 1. FC Köln wieder ins Rampenlicht geholt hat. So würde der das vermutlich nicht sagen, so empfinden es aber viele Kölner. Selbst ich, kein ausgesprochener Fußballfan, weiß das. Als Mutter eines 11jährigen ist es immer gut, auch über Sport informiert zu sein… Und so verwundert es mich auch nicht, dass dieser Mann heute dabei ist und sich selbst eben nicht ins Rampenlicht stellt. Dabei soll er genau da hin.
Wie es zu der Aktion kam
Am Anfang war das Duschen. Cornels Duschen. Denn der stadtbekannte Cornel Wachter hatte die Idee zu dieser Aktion im Badezimmer – und bekennt: „Mich reißen so gut funktionierende Kampagnen immer enorm mit. Ich bin auch total begeistert von der Professionalität der Stiftung des 1. FC Köln; deren Elan hat uns alle zu möglichen Höchstleistungen getrieben“.
Und so ging am „Set“ auch alles sehr professionell zu. Schon von weitem sah man eine Menschentraube, lange bevor Steffen Baumgart überhaupt da war. Menschen in der Linie 132, die an der Severinskirche entlangfährt, halten ihr Handy an die Fensterscheibe um die Szenerie zu fotografieren. Und als der Trainer dann sein Auto geparkt hatte, „überfiel“ ihn gleich ein DHL-Mann. Klar, dass auch er sein Foto bekam.
Und darum geht es konkret
Der Vringstreff hatte zu einem „Shooting mit Steffen Baumgart für Housing First Köln“ eingeladen. Darüber haben wir bereits mehrfach berichtet. Nun kamen, dem FC sei Dank, viele Journalisten und waren neugierig: Ein Fußballtrainer soll sich in eine „Platte“ setzen? Ist das nicht ein bisschen sehr gestellt?
Das frage ich Andreas, den 1. Mieter von Housing First Köln. Er schüttelt den Kopf und antwortet: „Gar nicht. Ich stehe voll dahinter und mache da sehr gern mit fürs Team.“ Denn Andreas hatte das Vringstreff-Team beraten, dass die Platte auch so lebensecht wie möglich ist. Sie sieht richtig schön aus, finde ich. Mir ist das fast zu kuschelig, so mit Plüschtieren, Gitarre und leuchtend-bunter Patchworkdecke. Aber Cornel Wachter erzählt mir, wieviel Mühe man sich gegeben hätte, das alles so hinzukriegen. Bei Ebay geshoppt, im Keller aufgeräumt und auf der Severinsstraße sogar das kleine Tischchen gefunden. „Außerdem hat uns Andreas dirigiert, was geht und was nicht“, sagt er anerkennend.
Obdachlos zu sein bedeutet, außerhalb einer Wohnung übernachten zu müssen, zum Beispiel in Parkanlagen, unter Brücken, auf Bänken, in Hauseingängen, auf Baustellen oder in Bahnhöfen. Eine umgangssprachliche Bezeichnung für diese Lebensweise ist „Platte machen“. Dass eine solche Platte offenbar oft so aussieht, war mir nicht bewusst. „Und meistens“, sagt der Sozialarbeiter Kai Hauprich anschließend in die Fernsehkameras, „fehlen den Obdachlosen zu einem ordentlichen Leben „nur“ die eigenen 4 Wände und ein eigenes Klo“. Housing First sei deshalb, heißt es in der Pressemitteilung von Vringstreff, FC-Stiftung und eben Housing First, „eine wunderbare Perspektive zum selbstverwalteten Leben und der Gewinnung von Selbstwert und Teilhabe“.
Steffen Baumgart trommelt sympathisch
Jetzt also hat Steffen Baumgart ordentlich getrommelt. Er tut das mit seinem ihm eigenen sympathischen Auftreten („Hallihallo! Was soll ich tun, hier bin ich!“) und Cornel Wachter sagt über ihn noch das: „Er hat so einen gewissen Schalk, ihm glaubt man das.“ Die professionelle Unterstützung der FC-Stiftung tut ihr Übriges und, ja, es ist nun mal auch für einen guten Zweck.
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Severinstorburg – Tor zum VringsveedelUnd es geht um viel Geld, das man sich erhofft, wenn das Plakat bald in ganz Köln, etwa 200 mal, hängen wird. Die bekannte Firma Ströer stellt die Flächen zum Selbstkostenpreis zur Verfügung, so dass der Vringstreff nach eigenen Angaben „Ströer die Kosten für den Druck der Plakate und das Auf- bzw. Abhängen bezahlt“; sonst nichts. Pro bono auch die Foto-Produktion, die Thomas Ahrendt vom Studio 157 übernommen hat.
Das alles, um auf die Spendenverdopplungs-Aktion hinzuweisen, die – wir berichteten – noch bis Ende Mai läuft und von einer weiteren Stiftung, der Bethe-Stiftung aus Bergisch Gladbach, ermöglicht wird. Einzelspenden werden von ihr mit dem Stichwort „Housing First“ und bis 2.000 Euro verdoppelt. Das Geld fließt dann in die Anschubfinanzierung weiterer Wohnungen von Housing First Köln.
Mehr als ein Symbol
Für Steffen Baumgart ist die ganze Aktion übrigens mehr als ein Symbol. „Das ist tatkräftige Unterstützung“, antwortet er auf meine Frage. Denn jeder könne doch mal in eine Situation kommen, „dass er am Boden liegt“. Dann seien Ansprechpartner mit Lösungen und ersten Schritten als Unterstützung das A und O. Es scheint, als hätten sich hier gleich mehrere Unterstützer*innen gefunden.
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Kommentare
Sehr sehr schön, schade das ich das nicht mitbekommen habe. Ich werde Euch jetzt auch unterstützen. Weitermachen bitte,
Gruß
Thomas