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Gesellschaft

„Stolz, ne Kölsche zo sin“: Wie die Südstädter ihre letzte Ruhe finden

Mittwoch, 2. Juni 2010 | Text: Kathrin Rindfleisch | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Wo werden eigentlich die Südstädter beerdigt? Und vor allen Dingen, wie?! Setzen sie sich schon zu Lebzeiten mit dem Thema Tod auseinander und was sagen de Lück, wenn man et anders macht…?!

Auf der Suche nach Antworten bin ich bei einem der drei Bestatter der Südstadt gelandet, bei Harald Deike vom Bestattungshaus Klemmer am Karolingerring.? Und Harald Deike, der das Geschäft im März dieses Jahres übernommen hat, ist ´ne Type. Mit Harley-Tattoo und kölschem Spruch auf den Lippen wird ziemlich schnell klar: der Tod ist traurig genug, ein leidender Bestatter macht´s da nicht besser. Und so ist sein Credo dann auch: „Wer lacht, ist getröstet!“ Und dann erzählt er, wie er versucht, die Menschen aus der Trauer rauszuholen, in dem er ihnen sagt, „dat se alles machen können, un nix machen müssen“ und “dat ejaal es, wat de Lück denken!“

Kann dä dat och op Kölsch??

 

Und damit sind wir auch schon bei den Südstädtern, die „zum Klemmer“ gehen, weil „dat es so is“, die vornehmlich – entgegen dem bundesweiten Trend – die traditionelle Erdbestattung der Feuerbestattung vorziehen, weil „Verbrennen? Jit et nit!“ und deren wichtigstes Anliegen bei der Trauerrede die Frage nach der Sprache ist: „Kann dä dat och op Kölsch?“!  Harald Deike spürt diese kölsche Südstadtseele. Obwohl selbst Immi, aus Essen zu Haus, ist er „Kölscher im Herzen“, wie er sagt. 26 Jahre Leben in Köln und eine Ehefrau, die in der Kurfürstenstraße, mitten in der Südtstadt geboren wurde, prägen. Und nur so ist zu erklären, wie eine Urne mit der Aufschrift „Stolz, ne Kölsche zo sin“, die es exklusiv nur bei ihm gibt, der Bestseller des Hauses ist, für die sogar die traditionelle Ablehnung gegen das Verbrennen über Bord geworfen wird. Es soll tatsächlich Südstädter geben, die se sich schon mal bestellt haben, für alle Fälle…man weiss ja schließlich nie…!

Wer wat auf sich hält, wählt Melaten?…

 

Und eigentlich weiss man´s ja doch ganz genau: Wir sind alle dran, ob wir wollen, oder nicht! Und darum wissen wir jetzt schon mal, dass man sich seine letzte Ruhestätte, unabhängig vom Wohnort, frei wählen kann. Die meisten Südstädter wählen den Südfriedhof, er ist einfach der nächstgelegene. Wer wat auf sich hält – oder sich gern dort aufhält, wo man wat von sich hält – wählt Melaten, aber egal, welcher städtische Friedhof es sein soll, die Gebühren sind überall gleich und jeder bekommt einen Platz. Die kirchlichen Ruhestätten sind in der Stadt allerdings begrenzt und daher auch vorrangig den jeweiligen Gemeindemitgliedern vorbehalten.??

 

Es tut auch ´ne Fichte?

 

Und wo wir grade dabei sind, was auch wichtig ist zu wissen und nur zu gerne nicht aufgeklärt wird (das Geschäft damit ist einfach zu gut…!): ein Eichensarg hält auch nicht viel länger! Ammenmärchen wie diese sind Harald Deike ein Dorn im Auge. Weil sie seine Zunft verrufen. Als „Ausnutzer in der Trauer“, als „Halsabschneider“. Dagegen geht er an. Mit kölscher Offenheit und Pragmatismus: Es tut auch ´ne Fichte und ´ne Anzeige im Stadtanzeiger macht auch nur Sinn, wenn man nicht alle Adressen der Bekannten kennt! Auch der Bestatter bekommt sie zu spüren, die allgemeine Wirtschaftskrise. Den Spruch eines Südstädters „Ich bin doch nich verrückt und jag einen VW-Golf unter die Erde!“ hört er in letzter Zeit öfter. Ob es nun die Krise ist, oder die Südstädter an sich gerne alles regeln, bevor´s zu spät ist: das Angebot des Bestatters, einen Vorsorgevertrag schon zu Lebzeiten abzuschließen, um dann im Sterbefall abgesichert zu sein, wird gerne und zahlreich angenommen. Und das nicht nur von Menschen, die Ihren natürlichen Tod in naher Zukunft erwarten. Ab 30 aufwärts sind die Südstädter, die sich von Harald Deike beraten lassen und verfahren mit dem Thema Tod dabei genau so mündig und selbstbestimmt, wie mit allen anderen Fragen des Lebens auch.?

Eine Arbeit für die Verstorbenen

 

?Eines stellt der Bestatter allerdings klar: Ob mit Vorsorgevertrag, oder ohne, der Verstorbene steht im Mittelpunkt. Es gibt keinen Wunsch, der nicht erfüllt wird, „Geht nicht gibt´s nicht!“, um den letzten Eindruck des Verstorbenen in würdiger Erinnerung zu behalten.

 

Text: Kathrin Rindfleisch

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