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Kultur

Stunk will geübt sein

Freitag, 6. November 2015 | Text: Judith Levold | Bild: Judith Levold

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Immer schon habe ich mich gefragt, ob das Ensemble der Stunksitzung den ganzen Tag im Proberaum herumturnt und sich schlapplacht oder ob das harte Arbeit ist. Jetzt durfte ich endlich mal Mäuschen spielen, an einem ganz normalen Proben-Tag, sechs Wochen vor Premiere im Dezember im E-Werk, und ich habe gelernt: Es ist beides – diszipliniertes Trainieren und Feilen und zugleich Sich-Beömmeln.
Die basisdemokratische Art, mit der die Stunker seit 1984 alles gemeinsam entscheiden und wo fast jeder an fast jeder Nummer mit entwickelt, vermittelt den Eindruck, als habe sich hier eine Großfamilie versammelt, um in lockerer Atmosphäre das zu erarbeiten, was seit inzwischen 32 Jahren zunehmend jede Session rockt: die Stunksitzung.

„Sehr verehrte alte Menschen, Scheintote, Renten-Abzocker…schönen guten Lebensabend – Ihr seid alt und Ihr werdet ur-alt!“ begrüßen Bruno Schmitz und Doro Egelhaaf als Moderatoren ihr Probenpublikum. Das besteht aus zwei Regisseuren -insgesamt sechs arbeiten mit Hauptregisseur Thomas Köller am Programm-, aus Regieassistenten, aus gerade in dieser Nummer nicht beteiligten anderen Stunkern, einer Bühnenbildnerin, Stunksitzungssprecher Winni Rau, meinem WDR-Kamerateam und mir. „Wir wollten was machen mit orthopädischen Hilfsmitteln – dass das dann so Rollis für Alt-Linke werden, das hat sich erst später daraus entwickelt. Nach unserer Klausur, wo wir die Themenbereiche so entwickeln, kommt dann ja eine Schreibphase, dann legen unsere Autoren los und dann kommt immer noch was dazu.“ erklärt mir Winni und dass es schlussendlich etwa gut 20 Nummern bis zur Showreife schafften. Von Anfang an war Rau dabei, als 1984, quasi aus einer Südstadt-WG heraus, ein paar Pädagogikstudenten mit der ersten Stunksitzung ein winterliches Pendant zum Kölner Spielecircus versuchten. In der Südstadt, inzwischen aber nicht mehr in WG, lebt Winni immer noch, zum Brainstormen und Proben treffen sich die Stunker aber heute nicht mehr im FILOS, sondern im Norden Mülheims, wo ihre Firma Tuschfactory ihren Sitz hat.
Für die seit Mitte Oktober laufenden intensiven Proben hat ein befreundeter Regisseur und Bühnenbildner – n.n-Theater-Mitglied Michl Thorbecke- besondere Rollatoren „gebastelt“ – beim Durchlauf der Nummer mit den Hilfsmitteln für Alt-Linke wird ihr Einsatz geprobt.

Als Verkäufer von „Sanitätshaus Sturz“ präsentieren Schmitz und Egelhaaf die neuesten Produkte für die Alten, denn „Ihr habt die Kohle, wir die Gehhilfen!“
Einer nach dem anderen rollen sie auf die Bühne: Rosi alias Doro Dietzold mit dem Bürgerrechts-Rollator, optimal für die altersgerechte Demo-Teilnahme ausgerüstet, samt integrierter Trockenhaube für „nach dem Wasserwerfer-Einsatz“ und Alu-Felgen im Peace-Zeichen-Design. Oder Didi Jünemann im Autonomen-Rolli, einer Mülltonne auf Rädern „geländetauglich und mit festmontierter Hochleistungs-Zwille!“ wie Verkäufer Bruno Schmitz begeistert anpreist. Dann kommt Wolfi und wird angekündigt: „Er lebte Ende der 60er in einer WG und war schon immer für ´Ordnung schaffen ohne Waffen´, außerdem Stammkunde bei IKEA.“ Und wen wundert´s – er kommt mit dem Billy-Rollator auf die Bühne. Der natürlich prompt zusammenbricht, ganz von alleine, aber das nur 45teilige Gerät kann problemlos per Bauanleitung wieder zusammengesetzt werden und ist leicht zu handhaben für jedes Alter zwischen siebzig und hundertacht…In zwei Durchläufen bricht Billy etwa sechs mal polternd zusammen, nicht zuletzt, weil Ozan Akhan ihn mit seinem Easy Rider Rolli rücksichtslos rammt und so hockt Tom Simon meist am Bühnenboden, „schraubst Du noch, oder rollst Du schon?“

Die Darsteller sind noch nicht ganz textsicher, es entsteht ein Stau hinter der Bühne, weil die Rollatoren sich verhakeln oder ihre Bremsen noch nicht geschmeidig gelöst werden können, und als Martina Klinke alias Uschi, die „damals für die sexuelle Befreiung der Frau gekämpft hat“ die Tabledance-Stange ihres Rotlicht-Rollators herablassen will, kracht sie damit herunter – es gibt heftiges Gelächter. Überhaupt wirken alle ziemlich gut gelaunt und zugleich hoch konzentriert – der Regisseur und seine Assistenten machen Anmerkungen und korrigieren hier und da, vor allem aber notieren sie akribisch jede Änderung und davon gibt es viele. Weil: jeder schlägt was vor oder ruft Ideen rein. „Wir arbeiten mit einem Regisseur, ja, und der kann auch sagen, was er möchte, aber wir reden natürlich gerne alle mit und wissen auch irgendwie alles besser.“ bringt es Martina Klinke, Gründungsmitglied der Stunksitzung auf den Punkt. Oder wie Bruno Schmitz, ebenfalls von Beginn an dabei, es ausdrückt: „Unsere Arbeit macht uns Spaß, das kommt ja alles von uns, es gibt ja nicht den einen, der über allem steht als Chef, wir machen alles selbst. Und 70% von den GründerInnen der Stunksitzung stehen auch heute noch gemeinsam auf der Bühne.“ Im Probenraum von Köbes Underground zwei Türen weiter studiert er gerade mit Musiker Friso eine Opernpartie ein – ein Stück aus Carmen, natürlich umgetextet: „Ich bohr´ bis zum Rohr, das kommt hier öfters vor…“. Diese Nummer sei ein Muss gewesen, erzählt er von der Ideen-Klausur im August: Wo das in Köln so schwierig sei mit der Oper, die Sänger aber ja singen wollten, habe man sich entschlossen, daraus einen Sketch zu machen, in dem die Opernsänger einfach ´raus zu den Menschen kämen zum Singen. In die Fleischerei, die KiTa oder, so in seiner Partie, die Zahnartpraxis.

In der kleinen Raucher-Pause vor dem Rolltor stehe ich mit Günter Ottemeier zusammen, dessen „Kitchen-Climbing“ aus dem Jahr 1990 nach wie vor eine meiner Lieblingsnummern ist. „Könnt ich heut auch noch, bloß der Schrank is kaputt“ bemerkt er trocken, bevor er wieder reingeht: die Nummer Stauradio Köln ist jetzt dran. In ein paar Tagen geben die Stunker eine erste Testvorstellung vor 70 Freunden und Bekannten, wer einen Einblick mag, kann mal reinschauen am 06.11.15, 19:30h in die WDR Lokalzeit aus Köln
 

Text: Judith Levold

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