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Umwelt

Südstadtgold auf Flügeln

Mittwoch, 25. Oktober 2017 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Den ganzen Sommer über haben wir sie gehört, gesehen und manchmal auch gespürt: Die fleißigen Bienchen haben gearbeitet. Den Ertrag, das Südstadtgold, gibt es sogar käuflich zu erwerben. Wir haben für Euch die Bienen der Südstadt getroffen und wurden dabei nicht gestochen.

An einem warmen Tag treffen wir sie, zwei Südstadtimkerinnen. Lisa Löffler und Birgit Helberg. Seit 2014 haben sie im Gemeinschaftsgarten NeuLand geimkert. Seit März diesen Jahres stehen ihre Bienen an einem anderen Ort. Einem ganz besonderen Ort: Nämlich auf dem Gelände der RheinEnergie-Elektrizitätswerkes am Bonner Wall. Dort sind wir verabredet. Adrian Bolz von der Pressestelle der RheinEnergie ist auch mit von der Partie.

Auf dem Gelände an der Ecke Bonner Wall und Zugweg stehen mehrere alte, rote Backsteinhäuser. Zwischen 1899 und 1901 wurden sie erbaut. Hier sind Wasserwerke und es entsteht Fernwärme. Ungefähr 250 Menschen arbeiten hier. Wunderschöne, alte Bäume stehen auf dem Gelände. Herr Bolz und die Imkerinnen führen uns zu den drei Bienenvölkern in ihren Kästen am Rand des Geländes.

„Dieses Jahr war ein schwieriges Jahr für Bienen. Es gab im vergangenen Winter  einen großen Völkerverlust. Viele Völker sind an Durchfallerkrankungen gestorben“, sagt Birgit Helberg. Die erste Ernte am neuen Standort fiel etwas dürftig aus. Zehn Kilogramm Honig sind die Ausbeute. Die wird verschenkt haben. Einen Name für den Honig gibt es natürlich auch. „Bee Wild“, erzählt Lisa Löffler. Aber Honig ist zwar ein willkommener Nebeneffekt, aber nicht der Hauptantrieb für das Hobby. „Man lernt, dass alles zusammen hängt. Man lernt, wie Wetter, Klima, Natur und Tiere miteinander verbunden sind. Wie das Bienenvolk organisiert ist und kommuniziert,“ erklärt Helberg uns weiter und verweist auf die Bestäubungsleistung der Bienen, die immens wichtig für Mensch und Natur ist.

Bei Anruf Bienen

Wie es zu der ungewöhnlichen Zusammenarbeit kam, berichtet uns Lisa Löffler: „Wir haben nach einer Freifläche in der Südstadt gesucht. Ungefähr im Radius von drei Kilometern um den Volksgarten. Wir haben relativ lange gesucht. Dann haben wir den Werksleiter, Herrn Schönfuß, angerufen. Der fand die Idee spannend und hat uns sofort eingeladen.“  Beide Imkerinnen sind Mitglieder im Kölner Imkerverein von 1882. Auf NeuLand haben sie das Imkern von Hobby-Imker Frank Methien gelernt.

Smoke auf die Biene

Über ihre Alltagskleidung streifen die Imkerinnen ihre Schutzanzüge samt Kopfbedeckung. Jetzt sehen sie aus wie Astronautinnen. Mit einem Smoker ausgestattet geht es nun zu den drei Kisten, in denen die Bienen leben. Rege fliegen sie ein und aus. Birgit Helberg gibt Rauch aus dem Smoker auf die Bienen. So werden sie ruhiger. Die Imkerinnen öffnen die Kästen und gehen an die Arbeit. „Das Bienenjahr ist fast vorbei, der Honig ist geschleudert, jetzt wird noch für den Winter eingefüttert und gegen die Varroa-Milbe behandelt.“

Stadthonig besser als Landhonig

Honig mitten aus der Stadt? Vom Bonner Wall? Ist das wohl gesund? „Dieser Honig ist nicht so pestizidbelastet wie auf dem Land. Der Stadthonig schmeckt besser als der Landhonig,“ weiß Lisa Löffler. „Im Sommer leben die Bienen ca. vier Wochen. Im Winter bis zu sechs Monaten. Deswegen ist es so wichtig, dass sie fit sind. Wir achten auf Nahrung, Wasser, Futtersirup und Wabenpflege. Dafür reichen ungefähr ein bis zwei Besuche die Woche aus,“ klärt sie uns weiter auf. Und auf die Varroa-Milbe aus Südostasien müssen sie besonders aufpassen. Das ist der größte Feind der Honigbiene. Doch die Imkerinnen wissen, wie man sie ganz natürlich bekämpfen kann. Verantwortungsbewusste Imker bekämpfen die Varroa-Milbe mit Ameisen- und Milchsäure. „Angefangen haben wir mit einem Volk, jetzt haben wir drei und für nächstes Jahr wünschen wir uns vier,“ sind sich die Imkerinnen einig.


Über 50 Heilpflanzen wie Melisse, Christrose, Bella Donna und Alraune wachsen hier.

Südstadt-Oase

Und noch eine Oase für Bienen gibt es in der Südstadt. Auf der Lothringerstraße liegt das Tobiashaus. Wir besuchen hier Dr. Markus Karutz. Im kleinen, aber reich bepflanzten Garten hinter dem Haus hat er 2008 das Imkern angefangen. Über 50 Heilpflanzen wie Melisse, Christrose, Bella Donna, Maiglöckchen, Alraune und Holunder wachsen hier. Das gefällt den drei Bienenvölkern. Durch seinen Beruf ist Dr. Karutz zum Imkern gekommen: „Ein Kollege im Krankenhaus war Hobby-Imker. Er hat mich auf diese Idee gebracht. Im Tobias-Haus haben wir so viel mit Krankheit zu tun. Anthroposophische und homöopathische Ärzte sind daran interessiert, wie alles mit der Natur verbunden ist. Daher auch Heilpflanzen und Bienen. Medizin findet nicht in Krankenhäusern abgekapselt statt, sondern muss mit Leben gefüllt werden“.

Angefangen hat er mit einem Imkerkurs und zwei Völkern. Inzwischen leben drei Völker im Garten des Tobiashaus und weitere 12 in Roggendorf, Fühlingen und der Michaeli-Schule im Volksgarten. Karutz erinnert sich: „Ich habe mich gefragt, geht das mit den Patienten hier? Alle Patienten dürfen den Garten nutzen. Meine Frau hat eine Praxis für Kinder im Haus und der Waldorfkindergarten eine Gruppe. Was ist mit den Stichen? Doch bis heute ist noch kein Patient hier gestochen worden.“.


„Das ist als ob eine Frau 20 Kinder täglich gebären würde.“

Von März bis August

Das Bienenjahr geht von März bis August. Abgeschleudert wird, wenn die Linde verblüht ist. Dann wird das Wachs eingeschmolzen und im Winter werden daraus Kerzen gezogen. „Bei 0 Grad Celsius hört die Königin auf, Eier zu legen. Im Sommer legt sie ca. 2000 Eier täglich. Das ist als ob eine Frau 20 Kinder täglich gebären würde,“ erklärt und Markus Karutz. Wir sitzen in dem paradiesischen Garten. Vögel zwitschern, Schmetterlinge und Bienen fliegen um uns herum. Auch Herr Karutz streift sich Schutzkleidung über und bewaffnet sich mit dem Smoker „Letztes Jahr hatte ich 700 kg Honig. Alles von Hand geschleudert. Wenn eine Wabe voll ist, ergibt sie vier Kilo Honig.“. Er öffnet einen Kasten, nimmt eine Wabe heraus und zeigt sie uns. Der Honig ‚Tobiasgold’ kann in der Praxis gekauft werden. Der Erlös wird an Wohlfahrtsvereine oder Patienten zum Kauf von Medikamenten gespendet

Workshops für Kinder und Vorträge

Markus Karutz kann jedem das Imkern nur empfehlen: „Man braucht nicht so viel Zeit. Aber man braucht viel Platz!“. Das ganze Jahr über setzt er sich für die fleißigen Insekten ein, hält Vorträge und lädt im Frühjahr Kinder zu einem Workshop ein: „Das Bienensterben ist heute ein großes Thema. Wenn man mit Imkeraugen durch die Stadt geht, dann sehen Sie viele Pflanzen in den Hinterhöfen. Da könnten überall Bienen leben. Die Bienen befruchten und das tut den Pflanzen gut. Das geht Hand in Hand.“

 

Text: Aslı Güleryüz

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