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Gesellschaft

Südstadtkneipen: Zwischen Aufbruch und Verzweiflung

Freitag, 15. Mai 2020 | Text: Susanne Wächter | Bild: Susanne Wächter

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Die Gastronomie in der Südstadt hat zum größten Teil wieder geöffnet. Die Stimmung schwankt zwischen Aufbruch und Verzweiflung. Denn die große Frage, ob sich das alles rechnet, wenn nur die Hälfte der Gäste bewirtet werden kann, trübt die Freude.

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Die Nachricht, dass die Gastronomie wieder öffnen darf, kam überraschend und plötzlich, findet Daniel Rabe. Er selbst wolle erst mal abwarten und nicht direkt an dem schon „erlaubten“ Montag öffnen, sagt der Betreiber von Bagatelle und Brasserie aller Kolör.

Bald auch wieder geöffnet: Die Bagatelle, mit angepasstem Angebot

Jetzt steht fest, am kommenden Dienstag, 19. Mai, öffnet auch die Bagatelle wieder. Mit einem kleineren Angebot und Flaschenbier/Flaschenwein. Wegen der Hygiene, bis geklärt ist, wie die Gläser heiß gespült werden.

Pure Freude auf Seiten der Gäste

Für die Gastronomen ist es Neuland, das sie mit dem Wieder-Betrieb ihrer Gaststätten jetzt betreten. Für die Gäste allerdings auch: An den Eingängen hängen Desinfektionsmittelspender, die Kellner tragen Mundschutz, die Gäste auch, wenn sie den Laden betreten oder zur Toilette gehen. Am Tisch dürfen sie ihn ablegen. Auch das ein- und aus-checken per App, das schon viele Gastronomen anbieten, ist eine Neuerung. Denn ab sofort müssen die Wirte vier Wochen lang die Adressen ihrer Gäste aufbewahren und damit festhalten, wann und wie lange sie vor Ort waren. Und wo sie gesessen haben. Das dient der möglichen Nachverfolgung von Infektionsketten durch das Gesundheitsamt, sollte ein Gast positiv getestet werden. Ein Horrorszenario, das, so hoffen die Südstadtkneipiers, nicht eintreffen darf.

Wieder offen -Brauhaus Johann Schäfer in der Elsaßstraße

Die Stimmung bei den Südstädtern ist auf jeden Fall als pure Freude zu bezeichnen. „Toll, dass ihr wieder aufhabt“, ruft eine junge Frau lachend als sie mit dem Fahrrrad am Brauhaus Schäfer vorbeiradelt, Till Riekenbrauck zu. Der Betreiber des Brauhaus‘ Schäfer hat am Mittwochmittag seinen Laden wieder eröffnet. „Es muss ja weitergehen, auch für unsere Beschäftigten“, so Riekenbrauck. Aber ob sich das finanziell wirklich rechnen wird – dazu zuckt er die Achseln. Der Grund der Sorge liegt in der dünneren Gästebewirtung. Schließlich müssen die 1,50 Meter Abstand auch in der Gastronomie eingehalten werden. Soviel Plätze wie früher wird er deshalb nicht zur Verfügung stellen können.

Ein bißchen distanzierter

Dabei scheint auf den ersten Blick alles wie immer. Draußen stehen Tische und Stühle an der Hauswand, einige Gäste lassen es sich schmecken. Und trotzdem, es ist anders als sonst. Das wird spätestens klar, als der Kellner aus dem Lokal schreitet und zwei Mittagessen auf seinem Tablett balanciert. Er trägt einen Mundschutz und hält großen Abstand zu den Gästen. Ein kurzes „bitteschön“ und schon verschwindet er wieder im Laden. Alles wirkt ein bisschen distanzierter als früher. Vielleicht muss sich neue Situation erst einmal einpendeln.

Allgegenwärtig: Händedesinfizieren!

Torburg fokussiert sich auf die Außengastro

Das haben sich auch Martin Wolf und seine Frau Hülya gedacht. Das Gastropaar von der Torburg will sich eh auf das Biergartengeschäft konzentrieren. Und anfangs sei nicht so richtig klar gewesen, ob sie auch als Nicht-Restaurant überhaupt schon öffnen dürfen. Das aber ist längst geklärt. Sie dürfen. Aber sie sind auf gutes Wetter angewiesen. Warum, erklärt Martin Wolf: „Unser Laden ist einfach zu klein. Wenn wir die Abstandsregeln einhalten, was logisch ist, können wir kaum mehr als zehn Gäste in den Laden lassen. Das rechnet sich überhaupt nicht.“ Montag ist es dann soweit. Ab 15 Uhr wird auch in, oder besser gesagt an der Torburg ein kühles Kölsch serviert.

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Die knapp 50 Sitzplätze werden sie wohl besetzen dürfen. Abstand genug haben sie vor ihrem Laden. Und die Stadt habe signalisiert, dass sie mehr Straßenraum einnehmen dürften in dieser Saison. Das sagt zumindest Till Riekenbrauck, in seiner zweiten Funktion als Vorstandsmitglied der Anfang des Jahres gegründeten Kölner IG Gastro. Die zählt übrigens mittlerweile etwa 250 Mitglieder.

Alle wachsen ein wenig

Um nicht in Vergessenheit zu geraten und um die Künstler, denen die Torburg regelmäßig eine Bühne gibt, trotzdem ihre Konzerte spielen zu lassen, hat das Torburg-Team die Konzerte online live aus der Torburg präsentiert und den „Hut“ virtuell rundgehen lassen. Wie es mit dem Streamen weitergeht, wenn die Torburg draußen geöffnet hat, das weiß Wolf noch nicht, ist sich aber sicher, eine Lösung zu finden. Die Zeit lasse alle auch ein wenig wachsen und neue Ideen kreieren.

Phaedra verkauft zusätzlich außer Haus

Ideen haben fast alle Gastronomen. Konstantin Tzikas vom Phaedra an der Elsaßstraße hatte damit begonnen, verschiedene kreative Pita-Brote außer Haus zu verkaufen. Das wollen er und seine Restaurantleiterin Lisa Arendt auch beibehalten. Das Lokal mit moderner, mediterraner-griechischer Küche, hat seit Donnerstag wieder geöffnet. Zuvor rückten die Mitarbeiter Tische, maßen immer wieder mit dem Zollstock nach, damit die Abstände auch korrekt sind und bereiteten sich auf ihren ersten Tag vor.

Lieber doppelt nachmessen – Vorbereitungen im Phaedra

Die beiden blicken zuversichtlich in die Zukunft, können ihre Ängst aber auch nicht ganz wegdrücken. Was passiert, wenn sich zum Beispiel neue Infektionsketten bilden oder die Einnahmen nicht so sind, wie sie es sich vorgestellt haben? Fest steht, die Karte wird ein wenig reduziert. Klingt logisch, denn von den eigentlich 50 Stühlen können sie wegen der Abstandsregeln nur 28 besetzen. Zuviele Vorräte will man deshalb nicht lagern. Auch Reservierungen laufen anders als früher. Wer im Phaedra essen möchte, hat dafür zwei Zeitfenster zur Verfügung: Von 18 bis 20. 15 Uhr und 20.30 Uhr bis zum Betriebsschluss.

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„Wir wollen auch weiter unseren Gästen einen guten Service bieten, benötigen aber auch mehr Zeit für das Prozedere, das nun auf uns zukommt“, sagt Restaurantleiterin Arendt. So müssen Tische und Stühle desinfiziert werden und die nächsten Gäste dürfen erst Platz nehmen, wenn sie von einem Kellner zu ihrem Tisch geführt wurden. Einige Lokale weisen an ihrem Fensterscheiben daraufhin.

Keine Scheibe ohne Hinweis

Bleibt abzuwarten wie sich ein Restaurantbesuch in Corona-Zeiten anfühlt. Das Bier jedenfalls schmeckt seit Montag wieder so einigen Gästen.

Text: Susanne Wächter

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