„Tannhäuser“ oder das Ende der falschen Regeln
Mittwoch, 5. Mai 2010 | Text: Doro Hohengarten | Bild: Dorothea Hohengarten
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„Die meisten tragen blaue Schuluniformen, mit grünen Schärpen und Käppis“, beschreibt Elena begeistert die Entwürfe, und Max ergänzt: „Die Hosen sind grün, die Oberteile dunkelblau, und eines der Käppis hat eine Gitarre obendrauf“. Auch Leyli ist ganz stolz: „Venus sieht ganz anders aus als die anderen. Die ist ganz bunt, mit Jeans und rosa T-Shirt.“ Aufregung bei der „Mäuseklasse“ der katholischen Grundschule Mainzer Straße (KGS). Gestern fuhren die 31 Schülerinnen und Schüler mit dem Bus und ihrem Klassenlehrer Nico Stolz nach Bayreuth. Im Gepäck: Eine Rolle mit den 10 Kostümentwürfen für die Oper „Tannhäuser“. Die werden sie heute um 14 Uhr den kritischen Augen der „Fairplay“-Jury präsentieren, die den Kostümwettbewerb ausrichtet. Auch die Richard-Wagner-Nachfahrin und Festspielleiterin Katharina Wagner gehört zur Jury. Sie hat die KGS vor kurzem besucht. Fünf Schulen aus ganz Deutschland nehmen an dem Wettbewerb teil. Er findet dieses Jahr zum zweiten Mal statt, und nur die KGS ist auch das zweite Mal dabei. „Unsere Entwürfe haben denen letztes Jahr so gut gefallen, dass wir wiederkommen durften“, sagt Rektorin Barbara Sengelhoff. Sollte die Mäuseklasse gewinnen, dann werden ihre Entwürfe von Kostümbildnern auch umgesetzt – für die Kinder-Inszenierung des „Tannhäuser“ bei den Bayreuther Festspielen im Sommer. Die Festspielleitung ließ die Geschichte vom Minnesänger Tannhäuser, der zwischen irdischer und göttlicher Welt zerrissen ist, in eine moderne Version umschreiben. Tannhäuser heute, das ist immer noch eine handlungsreiche und nicht ganz umkomplizierte Story. Aber Leyli, Max, Alexander, Frederick und Gökesel können sie mühelos und bis ins letzte Detail nacherzählen: Tannhäuser ist ein Junge, der Straßenmusiker werden will. Auf seinem Weg trifft er auf die wilde und leidenschaftliche Venus, lernt die musikbegeisterte und verantwortungsvolle Elisabeth kennen, tritt mit seinem Freund Wolfram in einen Sängerwettstreit und mischt das strenge Leben in einem Internat auf. „Am Ende sind alle frei und es gibt keine Regeln mehr. Nur doch die da“, sagt Alex und zeigt auf ein Plakat an der Klassenzimmerwand, das die Regeln des Umgangs beschreibt. Wochenlang haben sich die Grundschüler im Musik-, Kunst- und Deutschunterricht mit „Tannhäuser“ beschäftigt und dabei auch einen Zugang zur Wagners schwerer Opernwelt gefunden. Alexander: „An der Musik hört man, wie so die Stimmung gerade ist. Wenn alle fröhlich sind, ist die Musik auch fröhlich.“ Leyli: „Und wenn die Musik traurig und langsam und tief wird, dann hört man wie traurig sich Tannhäuser fühlt“. Ganz klar – bei so viel Interesse ist schon der Weg das Ziel. Ob die Mäuseklasse dieses Jahr wieder gewinnt, da ist Lehrer Nico Stolz nämlich noch skeptisch. „Schließlich ist das ja ein Fairplay-Wettbewerb, deshalb kann es gut sein dass dieses Jahr auch mal eine andere Schule zum Zug kommt“. Die Südstadt drückt auf jeden Fall die Daumen!
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