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Südstadt

Tee als Trost für die Seele

Dienstag, 26. April 2016 | Text: Alida Pisu | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

„Tee ist ein Kunstwerk und braucht eines Meisters Hand, um seine edelsten Eigenschaften zu offenbaren.“, so schrieb der japanische Kunstwissenschaftler Kakuzo Okakura in seinem 1906 erschienenen „Buch vom Tee“. Wer sich als Meister fühlt oder wer einfach nur gerne Tee trinkt, braucht außer dem guten Händchen auch beste Teequalitäten als Voraussetzung für einen Geschmack, der den Kenner entzückt.
Vor fast genau 35 Jahren, am 15.01.1981, eröffneten Hans-Rudolf Bartz und Jürgen Schneider den „Teeladen am Chlodwigplatz“. Sie folgten damit der Empfehlung eines Bekannten, der meinte, das Einzige, was in der Südstadt noch fehlen würde, wäre ein gut sortiertes Teegeschäft. Anlässlich dieses Jubiläums stattete „Meine Südstadt“ den beiden Herren einen Besuch ab, trank eine Tasse Tee bei Ihnen und unterhielt sich mit Herrn Bartz, während Herr Schneider Kunden beriet, Tee abwog und jeden Einzelnen mit einem freundlichen Lächeln verabschiedete.  

Meine Südstadt: Herr Bartz, wie trinken Sie Ihren Tee? Und wie sähe Ihre Vorstellung von einer gemütlichen Stunde aus, in der Sie einfach nur genießen?
Hans-Rudolf Bartz: Einerseits brauche ich morgens sofort meinen Tee, sonst werde ich überhaupt nicht wach. Seit ein paar Jahren trinke ich morgens Matcha-Tee, kurz danach noch einen Assam mit Kandiszucker. Aber wir haben beispielsweise im äußersten Nordwesten Deutschlands, in Ostfriesland, ja eine besondere Teekultur. Da war ich einige Male, auch im Winter. Wenn so ein richtig kalter Wind ist, dann einen Strandspaziergang machen an der Nordsee. Anschließend in eine Teestube, die gibt es dort überall. Ein Ostfriesentee, dazu ein leckeres Stück Kuchen. Das ist so richtig gemütlich: erst der Sturm am Meer, danach der warme Tee. Ist zwar nicht die Gourmet-Art, Tee zu trinken, ist aber trotzdem schön. Die Ostfriesen haben übrigens einen 10 Mal höheren Pro-Kopf-Verbrauch als der Durchschnittsdeutsche.

Ostfriese müsste man sein! Aber Kölle wollen wir ja auch nicht missen… 35 Jahre in der Südstadt sind eine lange Zeit. Wie haben Sie es geschafft, den U-Bahn – Bau mit seinen Folgen zu überstehen? Haben Sie dadurch Kunden verloren? Oder auch durch veränderte Kaufgewohnheiten, sprich: Online-Handel?
Hans-Rudolf Bartz: Die 80er Jahre waren schwierig, es hat zehn Jahre gedauert, bis wir uns etabliert hatten. Der U-Bahn – Bau war dann ein leichter Rückschlag, aber es ging. Manche Kunden sagten, sie könnten nicht mehr kommen, sie hatten einfach Angst, z. B. wegen der Gräben vor dem Haus. Damals haben wir unser Tee-Sortiment ins Internet gestellt. Wir haben keinen professionellen Webshop, aber wir verschicken auch Tee. Es gibt einige Stammkunden, die das regelmäßig nutzen. Bei uns ist es eher so, dass wir keine gedruckte Teeliste haben. Viele Kunden gucken aber ins Internet, was wir anbieten und kommen dann persönlich vorbei.

 

Wie sieht Ihr Sortiment denn aus?
Hans-Rudolf Bartz: Man muss ja unterscheiden. Die klassischen Tees, die von der botanischen Teepflanze stammen. Schwarzer Tee, grüner Tee, Oolong Tee, gelber Tee und weißer Tee, das sind ja die fünf Hauptteearten. Von denen haben wir alle Qualitäten und alle Preislagen. Bis auf die extrem hohen Raritäten, auf die wir nicht so spezialisiert sind. Und dann haben wir natürlich noch Kräutertees, Pfefferminze, Kamille etc. oder auch Mischungen an Kräuter- oder Früchtetees. Es gibt auch neuere Entwicklungen wie ayurvedische Kräutertees, die gerne getrunken werden. Zum Zubereiten über Siebe, Kannen, Tassen, das ist auch alles da.

Was erwartet der Kunde von einem Fachgeschäft – und was erwartet den Kunden bei Ihnen? Was ist das Besondere?
Hans-Rudolf Bartz: Unser „Erfolgsgeheimnis“ ist die Qualität. Der Kunde erwartet Qualität und die halten wir hoch. Wenn es teurer wird, dann wird es halt teurer. Aber mit der Qualität runter zu gehen, hat keinen Sinn. Das hat auf Dauer keinen Erfolg, weil die Kunden nicht wiederkommen. Den Kunden erwartet hier eine große Auswahl. Wir kaufen bei ganz vielen verschiedenen Lieferanten, picken uns da die Rosinen heraus, z. B. japanischen Grüntee von einem ganz kleinen Händler. Aber wir haben auch einen Hauptlieferanten, mit dem wir seit 30 Jahren gut zusammen arbeiten. Die meisten Händler kommen auch einmal im Jahr vorbei, wir kennen sie also sogar persönlich.

Gibt es einen „typischen“ Teetrinker, der zu Ihnen kommt?
Hans-Rudolf Bartz: Es gibt bestimmte Familien, wo schon immer Tee getrunken wurde. Ältere Leute, aber auch Jüngere, die das weiterführen. Dann gibt es Wechseltrinker. Die kommen nach einem Jahr wieder und sagen: „Ich hatte mich auf Kaffee umgestellt, will aber jetzt wieder Tee trinken.“ In den letzten Jahren gab es auch einen starken Trend zu japanischem Pulvertee, Matcha-Tee. Da kommen sogar Leute, die morgens Espresso getrunken haben und sich auf Matcha-Tee umstellen. Weil es sehr anregend ist, ähnlich wie Kaffee, aber die Vorzüge von Grüntee hat. Dann haben wir auch noch Gesundheits-Trends. Wenn in der Presse ein neues „Wundermittel“ verkündet wird, fragen Kunden bei uns nach, weil wir bestimmte Kräuter vorrätig haben.

 

Wie sieht die perfekte Zubereitung für den ultimativen Tee-Genuss aus?
Hans-Rudolf Bartz: Es gibt unterschiedliche Methoden. Wir machen es immer mit zwei Kannen. D. h., wir tun den losen Tee in eine vorgewärmte Glaskanne, dann das kochende Wasser darauf. Meistens wiegen wir sogar ab, 12 g auf einen Liter. Zwei Minuten ziehen lassen. Und dann schütten wir um, durch ein Sieb in die Servierkanne, eine Porzellankanne. Das ist noch besser als es im Teesieb zu machen. Teesieb ist auch okay, wenn es groß genug ist. Es darf nicht zu klein sein, weil der Tee sein Volumen in der kurzen Ziehzeit verdreifacht. Wenn er sich dann nicht ausdehnen kann, wirft man das Aroma sozusagen weg.

Hat Tee für Sie so etwas wie eine „Seele“?
Hans-Rudolf Bartz: Ja, die Teepflanze ist schon eine ganz besondere Pflanze. Es gibt in China ein Sprichwort: „Dieser Mensch hat Tee in sich.“ Das soll bedeuten, dass er etwas Besonderes an sich hat. Oder: „Die Welt hat sich in der Teeschale gefunden“, ist ein japanisches Sprichwort. Das finde ich sehr interessant, weil der Tee ja wirklich universal ist. Es gibt in fast jedem Land eine Teekultur, wenn es auch nur, wie in USA, Teebeutel-Teekultur ist. Marokko hat die Teekultur mit Pfefferminztee. Japan hat wohl die höchst entwickelte Teekultur, obwohl ursprünglich alles aus China kam. Die Teepflanze ist schon besonders, wenn man bedenkt, dass es ja immer eine bestimmte Pflanze ist. Wobei man es sich vorstellen muss wie bei Äpfeln. Da gibt es ganz verschiedene Apfelsorten. So gibt es eben auch von der Teepflanze über 100 Kultivare (Züchtungen von einer Pflanze, d. Redaktion). Man könnte auch sagen: die Teepflanze ist ein ganz besonderes Kraut. Aber kein Kräutertee.

Jürgen Schneider (der sich kurz zu uns setzt, Foto rechts): Man könnte auch sagen: Tee ist ein Trost für die Seele, die durch Stress verwundet wird. Wer viel Stress um die Ohren hat, freut sich auf eine Tasse Tee. Dann geht es den Leuten wieder gut.

Das ist doch ein schönes Schlusswort! Meine Herren, vielen Dank für das Gespräch!

 

Text: Alida Pisu

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