Aufgeschnappt: Buchvorstellung von ArchivKomplex +++ 38. Dauerlauf im Severinsviertel – Anmeldung bis 22. April 23 +++ Maja Lunde in der Comedia +++
An event every day that begins at 20:00, repeating until 14. März 2020
One event on 15. März 2020 at 18:00
Elodie hat die Nase gestrichen voll. Ihr Vater ist ja SO peinlich. Nicht auszuhalten. Und er versteht sie einfach nicht! Hört nie richtig zu! Ist nur mit seiner eigenen Midlifecrisis beschäftigt! Aber so ist das wohl, mit den Vätern. Zumindest, wenn der eigene Vater der Teufel, der große Satan, der Morgenstern, Beelzebub, Mephisto, der Leibhaftige, der Stärkste aller Widersacher, der teuflische, unübertroffene Höllenfürst höchstpersönlich ist.
Dabei will Elodie ja gar nicht viel: Sie will nur einmal raus aus der Hölle. Sich mit Gleichaltrigen unterhalten. Am liebsten mit Gleichaltrigen des anderen Geschlechts… Wäre ihr Seelenvertrag bloß auffindbar! Aber natürlich hat Luzi den verschusselt, als er Elodie adoptiert hat. Elodies leibliche Eltern wollten nämlich lieber reich sein als eine Tochter haben, weshalb sie kurzerhand einen Pakt mit dem Teufel eingegangen sind: Erstgeborenes gegen Reichtum, einen Berg Knete, richtig viel Zunder, einen Haufen Kohle, ne Menge Moos eben – ziemlicher Standardkram. Aber um sicher zu sein, dass das wirklich des Pudels Kern ist, müsste Elodie den Vertrag nun einmal selbst sehen. Mit den Verträgen in der Hölle kennt sie sich nämlich bestens aus, da ihr Ziehvater natürlich immer viel zu „beschäftigt“ ist, für die ganze Bürokratie. Ohne sie wäre die Hölle schon längst zugefroren, aber hallo! Nur ein bisschen öde ist es eben manchmal.
Da kommt es überraschend passend, dass ausgerechnet jetzt eine verlorene Seele in der Hölle auftaucht, die auch keinen Seelenvertrag zu haben scheint und auch ihre, äh, also seine Eltern nicht kennt und ganz zufällig der süßeste Junge ist, den Elodie je gesehen hat! Das ist fast so perfekt wie in den Liebesromanen, die sie immer liest! Das muss Schicksal sein! Und fast lebten sie glücklich bis ans Ende ihrer Tage, wenn wir hier nicht eben doch in der Hölle wären und der Teufel nicht eben doch eine … mhh, wie drückt man es freundlich aus: emotional launenhafte Persönlichkeit wäre. Außerdem lebt neben dem Teufel, Elodie und ihren Hausdämonen ja auch noch Zerberus in der Hölle, der als längster und bester Kumpane Luzifers diesen sehr gut kennt und sich in letzter Zeit immer häufiger darüber wundern muss, dass el Jefe sich (sogar für den Teufel) etwas seltsam verhält. Irgendwas liegt hier in der Luft, und das ist sicher nicht der Schwefelgeruch, an den man sichüberraschend schnell gewöhnt …
Die Hölle als abstrakte Verortung des menschlichen Abgrunds: eben da, wo sich Angst,Hass, Leid und vor allem das unendlich Böse manifestieren. Kein Ort, für ein junges Mädchen, oder? Überhaupt, kein Ort für Spaß, Humor, Leichtigkeit, Freude und Konfetti, möchte man meinen. Oder? Aber warum eigentlich nicht? Wir leben in einer Welt, in der sich permanent Dinge manifestieren, die so gar nicht feierlich sind, jeden Tag aufs Neue sorgen Angst, Hass und Leid dafür, dass ein Stückchen Hölle konkret wird, real. Hier bei uns. Aber muss man denn immer ernst sein, um etwas ernst zu nehmen? Manchmal tut es doch auch gut zu lachen. Und eine Geschichte zu hören. Die unterhält und berührt. Die einen zum Lachen bringt – und wenn man will auch ein bisschen zum Denken. Und genau dieser Wunsch, eine solche Geschichte zu erzählen, ist der Leitfaden, an dem dieses Stück sich versucht: für alle greifbar zu sein, absurd und alltäglich zugleich, bunt, abgefahren und trotzdem mit-fühlbar. Und vor allem bereit, allen Klischees die Krone, äh, Hörner aufzusetzen. Herrlich platt und gleichzeitig mit mindestens so vielen Ebenen, wie man sie auch in der Hölle zählt …
Bild: Luka Glisic