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Lükes Liebes Leben

Tierisch einparken

Sonntag, 12. Februar 2017 | Text: Reinhard Lüke

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Mit dem Exitus ist nicht zu spaßen. Aber was mir dennoch zunehmend Vergnügen bereitet, ist das Studium der Todesanzeigen in den Wochenendausgaben unserer Lokalpresse, die ich inzwischen sogar vor dem Sportteil lese. Da hat sich in den letzten Jahren doch einiges getan. Vor allem, was die bildliche Gestaltung angeht. Früher gab´s da ja eigentlich nur Dürers „Betende Hände“ oder eine skizzierte, trübsinnige Trauerweide. Heute lächeln mich die Toten vorzugsweise von Fotos (bisweilen sogar in Farbe) an, die ihre Hinterblieben aus nicht immer nachvollziehbaren Gründen als besonders vorteilhaft ausgewählt haben. Gern stehen da mit 80 Verstorbene in der Blüte ihres Lebens an irgendwelchen Gipfelkreuzen oder sitzen angelnd im Camping-Stuhl an friedlichen Gewässern. Dazu werden dann gern Blüten wie „Sie wollte immer hoch hinaus“, bzw. „Er ruhte in sich selbst“ getextet.

Lissy Schmitz (Name von der Red. geändert)
Letztens hat mich eine Annonce aber dann doch ernsthaft irritiert. Gestorben war da offenbar eine Katze namens Lissy Schmitz (Name von der Red. geändert). Zumindest zierte die Anzeige ein Farbfoto eines schwarzweißen Stubentigers auf einer roten Samtdecke. Nanu? Druckt unser darbender Stadtanzeiger nun auch Todesanzeigen für Haustiere? In einem Land, in dem Fressnapf alljährlich über zweistellige Zuwachsraten jubelt, gibt es dafür sicher einen Markt. Und wenn es die Kleintierhalter sind, die unsere Zeitungen vor dem Untergang retten, soll es mir auch recht sein. Aber offenbar hat unser Ortsheimatblatt die Marktlücke doch noch nicht entdeckt. Denn Lissy Schmitz sollte angeblich 84 Jahre alt geworden sein. Also doch eher das Frauchen, das uns da verlassen hatte. Aber warum dann dieses Bild? Hatte die kamerascheue Dame zeitlebens niemand geknipst? Oder hatte die trauernde Katze die Anzeige womöglich selbst aufgegeben?

Säbelzahntiger im Garten
Ich hab ja die ersten 18 Jahre meines Lebens in der ostwestfälischen Pampa verbracht. Tiere inklusive. Kühe, Schweine und Hühner vor allem. Hie und da auch mal Karnickel oder ein Pferd. Nutzloses Kleinvieh nahm man da irgendwie nicht so wahr. Bisweilen wähne ich mich heute in meiner Südstadtwohnung mit Terrasse und Garten allerdings in einem veritablen Biotop. Neugierige Eichhörnchen auf der Fensterbank, Eichelhäher, die energisch an die Scheibe klopfen, und Buntspechte, die munter Löcher für den Nachwuchs in die Styropor-Dämmung hämmern, weil sie nunmal weicher als jeder Baumstamm ist. Dazu Singvögel aller Art und natürlich die unvermeidlichen Halsbandsittiche. Aber letztens hatte ich doch eine Begegnung der etwas anderen Art.

Sitze ich lesend am Küchentisch, nehme ich im Augenwinkel wahr, dass das da irgendwas Großes auf die Terrasse segelt. Vermutlich die Mieter über mir, denke ich, die irgendeinen Karton vom Balkon geworfen haben, um ihn -hoffentlich- später in den Müll zu entsorgen. Hab´ mich dann aber doch erhoben, um mir die himmlische Bescherung anzusehen. Nix da mit Karton. Das saß ein ausgewachsener Bussard und hatte eine noch zuckende Taube in den Fängen. Gehörte ich zu den Zeitgenossen, die stets ihr Handy zur Hand haben, hätte ich vermutlich ein Foto gemacht. So aber habe ich nur die Tür geöffnet und den Greif samt Beute damit natürlich vertrieben. Er schaute kurz irritiert, krallte sich seine Luftratte und schwebte mit ihr elegant davon. Gut so.

Solche Schlachtfeste in freier Wildbahn sind doch immer mit einer ziemlichen Sauerei verbunden, die ich mühselig hätte entfernen müssen. Täusche ich mich oder gibt es in deutschen Großstädten einen neuen Trend zur Verwilderung? Holt sich die Natur da gerade was zurück? Man liest ja auch immer von der Waschbärplage in Kassel und zahllosen Wildschweinrotten, die nächtens über Berlin herfallen. Auf was muss ich mich da in absehbarer Zeit in meinem Südstadt-Garten einstellen? Wölfe? Braunbären? Säbelzahntiger womöglich?

Heidegger im SUV auf Sylt
Tragen sie sich vielleicht mit dem Gedanken, demnächst ein Parkhaus zu errichten? Ich meine jetzt nicht das Umfunktionieren einer innerstädtischen Brachfläche zu Stellplätzen sondern so ein richtiges Parkhaus. Mit mehreren Etagen, Dach, Bezahlschranke und so. Dann haben Sie als Bauherr ja auch sicher mitbekommen, dass am 1. Januar in NRW eine neue Garagenverordnung in Kraft getreten ist. Die besagt vor allem, dass ab sofort großzügiger gebaut, bzw. gepinselt werden muss. Wo einst für einen Stellplatz eine Breite von 2, 30 Metern vorgeschrieben war, werden nun satte 3, 50 verlangt. Weil die Deutschen es inzwischen auf der Straße gern besonders dicke haben.

SUV! Steht übrigens für Sport Utility Vehicle. Was an diesen überdimensionierten Kinderwagen sportlich sein soll, hat sich mir noch nie erschlossen und als Nutzfahrzeuge dürften auch die wenigsten davon im Einsatz sein. Meiner Beobachtung nach dienen diese monströsen Karossen vor allem dazu, die Kinderchen vor der KiTa auszuladen oder samstags die Innenstadt zu verstopfen. Und für Letzteres braucht´s jetzt eben die breiteren Parkbuchten. Auf einer Fläche, auf der früher drei PKWs problemlos nebeneinander Platz fanden, sind es jetzt eben nur noch zwei. Was die Tickets natürlich entsprechend teurer macht. Und zwar nicht nur die für SUV-Pfosten sondern auch für Smart-Fahrer. Letztere können sich dann zwar quer oder diagonal in eine Parkbuchten stellen, blechen aber denselben Preis.

Irgendwie erinnert mich die Nummer doch an die Mercedes S-Klasse in den 90er Jahren. Da hatten die Stuttgarter eine montröse Luxus-Limousine (nach heutigen Maßstäben eher ein Kleinwagen) auf den Markt gebracht, aber nicht bedacht, dass das Vehikel für die Autoreisezüge der Bahn zu breit war. Nun ja, welcher betuchte Wagenlenker fährt schon mit dem Autoreisezug in den Urlaub oder sonstwohin? Da schickt man doch den Chauffeur und nimmt selbst den nächsten Flieger. Im Prinzip richtig. Aber Sylt! Hat zwar auch einen kleinen Flughafen, aber mit dem Auto kommt man nunmal nicht hin. Jedenfalls nicht ohne Bahn.

Meiner Erinnerung nach wurden die entsprechenden Waggons wegen der S-Klasse damals generös verbreitert. Auf Kosten der Steuerzahler, versteht sich. Die auch jetzt für die SUV in städtischen Parkhäusern zahlen müssen. Alternativvorschlag: Vielleicht könnte sich doch der Dobrindt, Alexander von seine albernen PKW-Maut, die uns ja jährlich 60 Millionen Euro kosten statt einbringen wird, verabschieden und dafür sämtliche Parkflächen -in- wie outdoor- mit einer Technik ausstatten, mit der sich Autos exakt vermessen lassen. Und geblecht wird dann je nach Größe. Kann doch kein Problem sein. Aber wahrscheinlich hält es der Herr Minister wieder lieber mit Ex-Kicker und Ex-Dschungelcamper Thorsten Legat, der unlängst diese Lebensweisheit von sich gab: „Der Sinn und Zweck war, da habe ich mich beirren lassen von meiner Kompetenz, was ich nie getan habe.“ Vermutlich alter Heidegger-Schüler.

Text: Reinhard Lüke

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