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Kultur Umwelt

Unter Kontrolle?

Donnerstag, 26. Mai 2011 | Text: Judith Levold | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Im Rahmen der NRW-Premiere seines Films UNTER KONTROLLE im ODEON-Kino, treffe ich Volker Sattel, Jahrgang 1970, Regisseur und Kameramann. UNTER KONTROLLE ist eine intensive Beobachtung deutscher Atommeiler und ihrer Mitarbeiter. Drei Jahre haben Sattel und sein Team mit Recherchen, Dreharbeiten und Montage verbracht – nicht in alle deutschen AKW erhielten sie Einlass. Herausgekommen ist ein beeindruckender Film, der Ausmaße und Folgen dieser Energiegewinnungssparte spürbar macht. Ich hatte zuvor eine private Pressevorführung bekommen und, ganz allein im Kinosaal, die Macht der Bilder erlebt – eine komplette Filmdramaturgie nur aus verstörend starken, die Anlagen teilweise ästhetisierenden und vor allem glaubhaften Bildern. Bildern von Technik und der sie steuernden Menschen. Die Außenansichten der Atomreaktoren, eingebettet in Landschaften in Niedersachsen, Bayern, Sachsen oder NRW, wirken auf surreale Weise wie Ritterburgen, von Wassergräben umgeben, prägend für die Gegenden, in die sie –schon Ende der 60er und 70er Jahre größtenteils- hinein gebaut wurden.

 
Meine Südstadt: Herr Sattel, sind Sie auch im Schatten eines AKW aufgewachsen?
 
Volker Sattel: Ja, Phillipsburg. Als Kind war das noch nicht problematisch, das AKW war eben da, wie eine Landmarke, egal, ob man im Pfälzer Wald stand oder sonst wo – immer hat man die Dampfsäule aus den riesigen Kühltürmen gesehen. Erst als Jugendlicher begann dann die Auseinandersetzung mit dem Thema Atomkraft, das Wahrnehmen der Bedrohlichkeit.
 
Was hat Sie dazu bewogen, in diesem Film so ganz ohne Text und Musik zu arbeiten?
Ich mag diese Arbeitsweise beim Film generell, wenn nicht ein Kommentar durch den Film führt, das habe ich schon in anderen Filmen so gemacht. Das Thema Atomkraft ist ja ein Reizthema, irgendwie hat jeder was dazu zu sagen. Ich wollte einen anderen Blick darauf, nicht mit Texten über Störfälle etc. erzählen, sondern es nur mit den Bildern und einer entsprechenden Montage spürbar machen. Das braucht keinen Kommentar, da muss man den Zuschauern nichts vor-deuten. Die Bedeutungsebene der Bilder kommt auch über die Echtzeit, die Bilder sind so gedreht, wie du sie auch selbst erleben bzw. sehen könntest. Das ist die Stärke des Films: die Komponenten Zeit und Dauer. Ich wollte der oft ideologisch und unpräzise geführten Debatte etwas entgegensetzen: Genauigkeit in der Beobachtung.
 
Glauben Sie nach den Erfahrungen während der Arbeit am Film, dass in Deutschland in Sachen Atomtechnik alles „Unter Kontrolle“ ist?
Nö. Ich fand es generell interessant, wie die Beschäftigten der Branche in Statistik-Dimensionen denken, wie selten Fall x oder y auftreten kann, wie gut die Sicherheits- und Kontrollsysteme automatisch, also ohne menschliches Zutun, arbeiten usw. Die spalten das emotional ab. Da dachte ich: spannender Moment – in Deutschland verlassen wir uns nicht auf Menschen, sondern auf Technik. Plus Restrisiko. Das Interessante im Film, eben schon im Titel, ist dieser Glaube, alles unter Kontrolle haben zu können und die gleichzeitige Angst davor, es doch nicht unter Kontrolle zu haben.
 
Wie hat es sich denn beim Drehen angefühlt? War das, wie wenn man zu nah an ein Feuer geht? Faszination und Bedrohung?
Das ist ganz passend als Bild. Es ist schon sehr verstörend, wenn man das Kontrollgerät, das man am Körper trägt, tickern hört, weil es misst, wie viel Strahlung ankommt, wobei das ja noch keine Information über die tatsächliche Kontamination ist. Aber ähnlich wie von einem großen Feuer, geht auch eine Magie davon aus, zum Beispiel von dem blauen Leuchten aus dem Wasser der Behälter. Man spürt, dass das etwas ist, was es so in der Natur eigentlich nicht gibt, was der Mensch geschaffen hat – durch Wasser abgebremste Beta-Strahlen, die einen permanenten Lichtnebel erzeugen – wenn man da reinschaut, kann man Atomphysiker irgendwie verstehen.
 
Angst? Auch vor der Hinterlassenschaft, dem Atommüll?

Ja, schon. Da ist viel Unangenehmes. So ein Atomanlagen-Betrieb ist so eine lebensfeindliche Welt, wie im Science Fiction. Für Filmemacher natürlich spannend, dann mit entsprechenden Verweisen zu arbeiten. Ich habe mit Angestellten gesprochen, ob zum Beispiel das Design der Schaltpulte und so aus frühen Science-Fiction-Filmen abgeguckt ist oder ob die Filmemacher gekommen sind, und sich bei ihnen Anregungen geholt haben. Aber die sind gar nicht auf Design aus. Da gehen Moden dran vorbei, das ist ein komplettes Paralleluniversum. Ein männliches.

 
Was haben Sie nach den Dreharbeiten im Simulationszentrum für Störfälle gedacht?

Also, man darf sich da nichts vormachen. Mit der Drehgenehmigung wollte man natürlich auch den Beweis antreten und uns zeigen, dass deutsche AKW die sichersten der Welt sind. Aber letztlich: Man kann einen GAU nicht simulieren, man kann nicht ein Flugzeug in ein AKW krachen lassen, um zu beweisen, dass Sicherheitssyteme und Menschen das dann trotzdem im Griff haben.

 
 
 
 
Mein persönliches Highlight im Film: Ein Pressesprecher im Außenbereich einer Atomanlage erläutert die verschiedenen Blöcke und weist darauf hin, dass sich bei Meldung einer Flugzeugbewegung auf den Standort zu -eine Information, die von der deutschen Luftraumsicherung kommt – Vernebelungskartuschen öffneten. Damit werde das gesamte Areal sofort großräumig und blickdicht vernebelt – 15 Minuten lang. „Tatsächlich vernebelt“ fügt er, wie zur Bekräftigung, hinzu.
Klingt wie eine Analogie zur Kommunikationspolitik der Atomindustrie.
 

 

Text: Judith Levold

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