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Gesellschaft

„Verkehrte Welt“ in Köln

Donnerstag, 15. Juni 2023 | Text: Judith Levold | Bild: Judith Levold

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Hier am Bahnhofsvorplatz in Köln Deutz steht sie, die „verkehrte Welt“: Ein Autoscooter, in dem Kinder flitzen, aber ohne Scooter. Die Performance Gruppe Turbo Pascal initiiert hier mitten in Köln das STADTPROJEKT, einen der drei Programmschwerpunkte des Impulse Theaterfestivals. Beteiligte Theater aus Köln sind die studiobühneköln und – erstmals als Produzentin – die COMEDIA aus der Südstadt.

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Konfrontationsraum Straßenverkehr

Es ist laut und sehr bewegt, die Kinder spielen Verkehr. Demonstrieren, angeleitet von den Performer*innen, ihre Erfahrungen als Teilnehmende von öffentlichem Verkehr. Sie ordnen sich der Fußgänger-Gruppe zu, laufen Polonaise als Busfahrende oder rollen Autoreifen umher, raumgreifend und dicke SUVs simulierend. Und tun, als es um ihre Wünsche geht, so, als ob sie mehr Raum, sicherere Wege und weniger Autos in der Stadt hätten. Sie zeigen bei diesem Vorab-Termin, was bis kommenden Sonntag dann jede*r kann, in diesem „Konfrontationsraum im Autoscooter für alle ab 10“.

Die Kinder spielen verschiedene Mobilitäts-Formen und Verkehrsteilnehmer*innen Dicke Autoreifen dürfen nicht fehlen – soll ja realtitätsnah sein. (Foto: Judith Levold)

Nix hier, was nicht gut ist

Die Schüler*innen der Carl von Ossietzky-Gesamtschule machen angeregt mit und spielen ihre eigenen Erlebnisse im Straßenverkehr nach. „Ich finde besonders gut, dass die hier unsere Schulwege und Geschichten verwenden“, sagt Collen, 11 Jahre alt. Und seine Mitschülerin Ela ergänzt: „Es gibt eigentlich hier nix, was wir nicht gut finden.“

Ela, links und Collen von der Carl von Ossietzky Gesamtschule (Foto: Judith Levold)

Zugang zu Theater

Nicht nur dieses STADTPROJEKT in Köln, auch die anderen beiden Programmsparten des Festivals, die Akademie in Mülheim an der Ruhr und SHOWCASE in Düsseldorf, haben schon am Fronleichnamstag gestartet. Seit gut 30 Jahren ist das Impulse-Theaterfestival Plattform und Treffpunkt der freien Theaterszene im deutschsprachigen Raum, gefördert vom NRW-KULTURsekretariat. Die Macher*innen bieten modellhaft Theater jenseits des klassischen Stadttheaterbetriebs, tauschen sich aus und vernetzen sich.

Viele künstlerische oder ästhetische Neuerungen und Ideen gehen jedes Jahr von diesem 10 Tage währenden Festival aus – und werden dadurch auch international bekannt. Impulse für die Entwicklung neuer Formen und spielerischem Zugang zu freiem Theater – im Grunde das, was auch die COMEDIA als „Zentrum der Kultur für junges Publikum in Köln und NRW“ macht. Über die COMEDIA als Produzentin konnte die Produktion – speziell eben für Kinder und Jugendliche konzipiert – aus Bundesstiftungsmitteln gefördert werden.

Was habt Ihr schon im Straßenverkehr, auf dem Schulweg erlebt? (Foto: Judith Levold)

Best of Theaterjahr

Unter der Rubrik SHOWCASE, in diesem Jahr in Düsseldorf in Kooperation mit dem Forum Freies Theater (FFT), bekommen Besucher*innen vom 8.-18. Juni täglich andere Stücke und Darbietungen zu sehen und hören – die 10 besten Arbeiten des vergangenen Theaterjahrs, ausgesucht von einer sechsköpfigen Jury aus Künstlerischer Leitung des Festivals und den kooperierenden Häusern.

Nix wie hin – hier kann man echt was ausprobieren – super Ausflug mit Kindern, kostet nix. (Foto: Judith Levold)

Drängendes Problem der Stadt

Das STADTPROJEKT, mit „Verkehrte Welt“ von Turbo Pascal in diesem Jahr in Köln, verknüpft immer gesellschaftliche Fragen mit lokalen Gegebenheiten und Akteur*innen — ein Herangehensweise, die in der Freien Szene entstanden ist. Die Formate sind besonders zugänglich und laden ein breites Publikum dazu ein, das Freie Theater kennenzulernen. „Wir gucken immer in der Stadt, in der wir das Stadtprojekt machen, auf ein drängendes Problem“, so Heiko Post, künstlerischer Leiter des Festivals. „Und da wechseln wir dann die Perspektive, in dem Fall mal: Verkehr, aus Kindersicht.“ Und Eva Plischke vom Theaterkollektiv Turbo Pascal sagt: „Wir machen Performance, die sehr auf Interaktion zielt – und das zieht gerade Kinder und Jugendliche rein.“

Heiko Pfost leitet das Festival (Foto: Judith Levold)

Wie können neue Regeln aussehen?

So bietet STADTPROJEKT eine freie Fläche für Bewegungs-Fun, einen Übungsplatz für die Stadt von morgen. Kinder, aber auch Erwachsene sind eingeladen, gemeinsam mit Turbo Pascal über den Verkehr der Gegenwart nachzudenken, Ideen für ein anderes Morgen zu sammeln und diese mit ganz viel Action im Autoscooter auszuprobieren: Was erlebt Ihr auf Euren Wegen durch die Stadt, zu Fuß, auf dem Fahrrad, in der Straßenbahn, im Bus und im Auto? Wann wird’s gefährlich? Und gefallen Euch die Regeln im Straßenverkehr? Wie könnten neue Regeln aussehen?

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Impulsgebend

Davon spürt man hier auf dem Deutzer Ottoplatz sehr viel und bis zum kommenden Sonntag, 18. Juni gibt es das täglich zu erleben, inklusive am letzten Tag ab 15 Uhr den Abschluss mit Kidical Mass Köln, Turbo Pascal, Überraschungsband und Rollerdisco mit DJ Sveamaus.
Impulse gibt Impulse, die dafür sorgen sollen, Theater weiter lebendig zu halten und zu entwickeln und vor allem: Publikum für diese darstellende Kunst zu begeistern.

Text: Judith Levold

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