Vier Säcke Socken
Donnerstag, 21. Dezember 2017 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Dirk Gebhardt
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Groß gewachsen ist er und hat blonde Haare. In dunkler Winterjacke und Jeans kommt er zu unserem Treffen. Ursprünglich stammt er aus Koblenz, lebt und arbeitet aber schon lange in der Gastronomie in Köln.
Und an seinem Arbeitsplatz fing alles an, vor 10 Jahren. „Unser Unternehmen machte das Catering und unterstütze die Aids-Hilfe mit einem Spendenmarathon. Das hat mich sehr beeindruckt,“ erinnert sich Dennis Bucek. „Dadurch habe ich Kontakt zu obdachlosen Aids-Infizierten bekommen. Ich habe bemerkt, dass für die Aids-Hilfe sehr viel getan wird, aber für die Obdachlosen nicht. Ich wollte etwas für sie tun.“. So fing er an, privat Dinge an Obdachlose zu verteilen. Er sammelte Kleider, Lebensmittel, Schuhe und Drogerieartikel. Die verteilte er Abend für Abend an Obdachlose in der Stadt. „Ich habe Kontakt zu Lebensmittelgeschäften aufgenommen und dort bei Ladenschluss die nicht verkauften Waren eingesammelt. Die habe ich auf der Straße verteilt.
Straßenwächter
Zehn Jahre lang hat er jeden Abend Obdachlose alleine versorgt. Vor einigen Monaten entschied er sich, sich weitere Helfer zu organisieren. Über Facebook. Er gründete die Seite ‚Straßenwächter’. Mit diesem Namen möchte er vermitteln, dass seine Gruppe Hilfe, Schutz, Kleidung und Lebensmittel vergibt. „Es haben sich viele Medien und Menschen gemeldet. Inzwischen haben wir 65 Helfer. Und auf unserer Facebook-Seite haben wir 1400 Likes.“
Auch Tadia ist Mitglied und Helferin. Sie wohnt in der Südstadt und macht derzeit ihr Referendariat an einem Gymnasium. „Vor zwei Monaten bin ich aus Oldenburg nach Köln gezogen. Ich war neu in Köln und habe mich auf Facebook nach Gruppen umgeschaut. Da habe ich die ‚Straßenwächter’ gefunden. Um in der Gruppe aufgenommen zu werden, habe ich einige Fragen beantwortet. Dann bin ich aufgenommen worden und habe mich mit Daniel, einem Helfer, getroffen. Er hat mir die beiden Routen beigebracht und gezeigt, wie die Verteilung funktioniert. Wir haben einen Bollerwagen mit unserem Namen dabei. Den befüllen wir mit Lebensmitteln, Drogerieartikeln und den Sachen, die gespendet worden sind. Dann verteilen wir alles an die Obdachlosen. Es gibt mir ein gutes Gefühl, mich zu engagieren. Ich habe mich immer gefragt, wem kann ich helfen? Was kann ich machen? Auf diese Art und Weise zu helfen, finde ich gut.“.
Inzwischen kennt Tadia auch ein paar andere Helfer. Doch am bekanntesten ist Dennis! „Den kennen viele Obdachlose namentlich. Sie fragen dann oft nach ihm. Mich kennen sie noch nicht so gut,“ fügt Tadia hinzu. „Inzwischen frage ich auch, was die Obdachlosen brauchen, was sie sich wünschen. Sie haben keine hohen Ansprüche und wünschen sich, Obst, Salat, Smoothies. Sie sind mit kleinen Dingen glücklich. Einmal wollte einer Kerzen. Die habe ich ihm gebracht.“.
Gute Organisation und Sicherheit
Die ‚Straßenwächter’ sind gut organisiert. „Wir haben einen Helferkoordinationsleiter, einen Administrator und Helfer, die neue Mitglieder einweisen. Sie erklären die Routen, zeigen, wie man in den Läden auftritt, weisen darauf hin, wie man erkennt, wer obdachlos ist. Nicht allen sieht man es an und es liegt auch nicht jeder Obdachloser auf der Straße. Jeder Helfer bekommt eine Notfallnummer. Manchmal haben wir sehr begehrte Spenden wie Schlafsäcke, Koffer oder Schuhe. Wenn wir die verteilen organisiere ich auch einen Sicherheitsdienst zum Schutz der Helfer und der Waren,“ erklärt Dennis die Art der ‚Straßenwächter’, zu arbeiten. Zum Beispiel waren sie am Mittwoch im Veedel Club auf der Luxemburgerstraße bei der Veranstaltung ‚Ben Hammer & Friends’. Sechs verschiedene Künstler haben ihre Werke verkauft und den Erlös den ‚Straßenwächtern’ gespendet. Am 23. Dezember werden die ‚Straßenwächter’ mit einem mobilen Weihnachtsbaum auf Rädern unterwegs sein und den Menschen, die keine Wohnung haben, einen Weihnachtsbaum bringen. Mit dabei haben sie 170 Weihnachtspakete, die ihnen aus ganz Deutschland zugeschickt wurden. Am Samstag treffen sie sich um 14 Uhr und ziehen mit der Karawane durch die Stadt.
Vier Säcke Socken
Das Logo der ‚Straßenwächter’ besteht aus der Skyline von Köln und Besteck. Die Gabeln sind links aufgereiht und die Messer rechts vom Namen ‚Straßenwächter’. Ich betrachte das Logo. Das Besteck ist derart geschwungen, dass es aussieht wie sich ausbreitende Flügel. Die ‚Straßenwächter’ sind die Engel der Straßen. Das sei nicht beabsichtigt gewesen, sagt Dennis. Aktuell haben sie vier Säcke voll mit selbstgestrickten Wollsocken gespendet bekommen. Jedes Paar hat eine andere Farbe. Weich sind die Wollsocken in grün, rot und blau. Sie alle haben ein individuelles Strickmuster. Jedes Paar ist mit einem Etikett versehen. Darauf steht die Größe und das, was jeder schon weiß: „Mit Liebe gestrickt“. So einfach kann Nächstenliebe sein.
Mehr im Netz
www.facebook.com/Strassenwaechter/
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