Von Anfang an willkommen!
Mittwoch, 28. März 2018 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Marc Loecke
Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten
Vor der Haustüre treffe ich Annette Robels. Ich erkenne sie gleich an ihrer blauen Tasche. Wir wollen dieselbe Klingel in dem Mehrfamilienhaus drücken. Unsere Verabredung heißt: KiWi!
Besuch von der Blauen Tasche
Wer nach dem Jahre 2008 ein Kind bekommen hat, weiß, dass mit KiWi keine Frucht gemeint ist. KiWi ist die Abkürzung für ‚KinderWillkommen’ und gemeint sind damit die Besuche, um neue Kölner und Kölnerinnen zu begrüßen. Koordiniert von der Stadt Köln und der Bundesinitiative Frühe Hilfen, organisiert in jedem Bezirk Kölns ein anderer Träger der Jugendhilfe diese Besuche durch Ehrenamtler*innen: 10jähriges Jubiläum feiert KiWi in diesem Sommer, insgesamt gut 180 Besucherinnen sind stadtweit unterwegs, um Babies willkommen zu heißen.
Nun stehen wir aber vor einer Haustüre in Bayenthal. Maresa (32), Oliver (32) und Paul (4 Monate) öffnen uns. Die frisch gebackenen Eltern haben nach der Anmeldung ihres Sohnes von der Stadt Köln einen Brief über die ‚KiWi-Besuche’ mit einem Terminvorschlag erhalten. Den bekommen alle neuen Eltern. Wenn sie den Termin nicht ausdrücklich absagen, steht irgendwann ein Ehrenamtler oder eine Ehrenamtlerin mit einer blauen Tasche vor der Tür. Maresa und Oliver bitten uns ins Wohnzimmer und wir setzen uns alle an den Tisch. Annette Robels packt ihre Tasche aus.
Begrüßung statt Kontrolle
Annette Robels (52) macht seit der ersten Stunde bei KiWi mit. Sie ist ruhig, freundlich und wirkt routiniert. Sie stellt der jungen Familie den Grund ihres Besuchs vor. Mit der Geburt eines Kindes eröffne sich ein sehr großes neues Feld für Menschen. Das will man vieles wissen. Was gibt es alles im Wohnviertel der Familie an Angeboten für Kinder und ihre Eltern? Was sind wichtige und vertrauenswürdige Adressen für sie? Welche Telefonnummer wählt man bei welchem Anliegen? Wie findet man eine Tagesmutter/-vater oder eine KiTa? „Am Anfang waren Mütter etwas distanziert,“ erinnert sich Annette Robels an ihre ersten KiWi-Besuche. „Sie dachten, wir wollten sie kontrollieren und zeigten uns Kinderzimmer und Impfpass. Wir sind aber keine Kontrolle, sondern wir wollen kinderfreundlich willkommen heißen.“. Sie holt das erste Geschenk hervor. Der beliebte Zoo-Gutschein. Der Gutschein wird noch vor dem ersten Geburtstag des Kindes eingelöst und ist dann sechs Monate lang gültig. Man füllt ihn aus, fügt eine Kopie der Geburtsurkunde bei und gibt ihn ab. Das nächste Geschenk sind Tickets für die Babykonzerte der Reihe ‚Philharmonie im Veedel’. Außerdem gibt es einen Gutschein für Elternkurse über die Organisation ‚Elternstart NRW’ vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW.
Ein Waschfrosch ist auch dabei, ein Nachtlicht und eine CD mit sechs Filmen dazu, wie Babys sich entwickeln. Diese Filme gibt es in sechs Sprachen.
Wichtige Infos für Neu-Eltern
Paul wird auf dem Arm seines Vaters deutlich müde. Sanft schläft er ein. Die Geschenke interessieren ihn offensichtlich nicht. Nun holt Annette Robels einen großen Ordner aus der Tasche. „Den gehe ich mit den Eltern zusammen durch,“ erklärt sie. „Als erstes enthält der Ordner einen Begrüßungsbrief der Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Dann ist er in zwei Hauptteile aufgeteilt. Einmal allgemeine Informationen, die in allen Stadtteilen gleich sind. Informationen über Kindergeld, Wohngeld, Elterngeld und Elterngeld Plus zum Beispiel. Im zweiten Teil gibt es dann stadtteilbezogene Informationen. Stillgruppen, offene Gruppen, private Gruppen, Krabbelgruppen, Babyschwimmen, Pekip, Babymassage, Erste-Hilfe am Kind, Turnen, Musik und Tagesbetreuung. Informationen für Alleinerziehende, Migranten und Studenten. In manchen Stadtteilen gibt es auch die Stadtteilmütter. Der Ordner wird drei Mal im Jahr aktualisiert. Manchmal geben die Eltern an, dass ein Besuch mit Dolmetscher gewünscht ist, da sie noch nicht so gut Deutsch sprechen.“
Little Bird
Frau Robels erkundigt sich nach der zukünftigen Tagesbetreuung für Paul. Er ist bereits in mehreren Kindergärten über das Online-Programm ‚Little Bird’ angemeldet. Es folgt ein langes Gespräch über ‚Little Bird’ und das große Problem Tagesbetreuung. „Nach einer Anmeldung in einem Kindergarten haben wir sofort eine Ablehnung bekommen,“ berichtet Oliver. Viele Kindergärten haben gar nicht genug Plätze für die Menge Kinder, die Bedarf haben. Auch ist das Programm ‚Little Bird’ kompliziert. „Die Informationen im Ordner sind wesentlich übersichtlicher und hilfreicher als bei ‚Little Bird’,“ findet Maresa. Paul wacht auf. Bei dem Thema Kindergarten möchte er scheinbar mitreden. Annette Robels fährt weiter mit den Telefonnummern im Ordner fort: „Hier sind Kinderärzte, Informationen über Mehrlingsgeburten, Kinder mit Beeinrächtigungen, Second-Hand-Läden, Kleiderkammern und so weiter mit Adressen und Telefonnummern aufgelistet. Der Ordner ist reich gefüllt mit Wissenswertem für Familien, über bestehende Angebote des sozialen Lebens, der Jugendhilfe und viele Einrichtungen, die für Kinder und Eltern nützlich sein können.“
Zuletzt überreicht Annette Roblels noch das Heft „Das Baby“, herausgegeben von der Bundes-Zentrale für gesundheitliche Aufklärung, das jede Menge Informationen über das erste Lebensjahr beinhaltet. Maresa und Oliver sind dankbar für den Besuch und die vielen Neuigkeiten, die Frau Robels für sie hatte. Maresa hat besonders zum Thema Kindergarten Interessantes erfahren: „Vieles wussten wir schon. Aber die gesamte Liste der Kindergärten ist super!“. „Ich fand die stadtteilbezogenen Infos gut,“ fügt Oliver hinzu. „Ich wusste nicht, dass es so viele Angebote in unserem Viertel gibt.“.
Noch Fragen?
KiWi-Besucher*innen gesucht
Wer gerne KiWi-Besucher*in werden mag, kann sich an die Stadt Köln wenden. Es gibt nämlich nach wie vor großen Bedarf an Interessent*innen für dieses Ehrenamt, das überwiegend Frauen ausüben – unter den gut 180 KiWi-besuchern sind nur eine Handvoll Männer. Die Geburten in Köln stiegen zuletzt auf gut 12.000 pro Jahr, aktuell sind Lindenthal und Mülheim die geburtenstärksten Bezirke. Die KiWi-besucherInnen bekommen eine 3tägige Schulung zu allen stadtweit relevanten Informationen und was die stadtteilbezogenen Belange angeht, treffen sich die EhrenamtlerInnen einmal im Monat bei ihrem Träger im Bezirk. „Besonders Mitbürger*Innen, die eine Fremdsprache sprechen, werden noch dringend gesucht,“ weiß Annette Robels. „Ich spreche portugiesisch und italienisch und war auch schon in Flüchtlingsunterkünften unterwegs. Ich habe bestimmt schon insgesamt 800 Babys willkommen geheißen. Im Bezirk Rodenkirchen sind wir mit 12 Frauen unterwegs. Aber wir brauchen noch Unterstützung. Mitbringen sollte man Neugier, Flexibilität und man muss Babys mögen.“ Besonders stark erinnert sich Annette Robels an ihre allerersten KiWi-Besuche – bis heute macht ihr das ehrenamtliche Engagement Spaß. Übrigens: die KiWi-besuche sind bei jungen Eltern sehr beliebt, die Besuchsquote liegt bei 95% – fast jedes Neugeborene in Köln also bekommt ein herzliches „Willkommen“ samt Inhalt der Blauen Tasche.
Interessenten melden sich bei der Stadt Köln unter 0221-221-28591
oder bei
Frühe Hilfen in Köln
Kerstin Wasser
0221-221-24892
Kerstin.wasser@stadt-koeln.de
Die sieben Jugendhilfeträger, die im Namen der Stadt Köln KiWi-Besuche durchführen
– Kinderschutzbund Köln
– Deutsches Rotes Kreuz
– Kindernöte e.V.
– wir für pänz e.V.
– Bürgerzentrum Vingst e.V. (Vingster Treff)
– Evangelische Familienbildungsstätte
– Sozialdienst katholischer Frauen e.V.
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