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Kolumne

Von Brötchen, die man draußen isst und Eklats, aus denen man was lernt

Samstag, 4. September 2010 | Text: Kathrin Rindfleisch

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Ich würde mich als abgeklärte Mutter bezeichnen. Ich plädiere nicht darauf, dass mein Kind immer Recht hat. Aus Liebe zeige ich ihm nicht nur, was man alles kann, sondern auch, was man nicht macht. Ich meine zu erspüren, wann Kinderlose von zu viel und zu lautem Geschrei im Restaurant ihren Zustand bitterböse still bejubeln – und kann dann auch sie verstehen.

Ich würde mich als abgeklärte Mutter bezeichnen. Ich plädiere nicht darauf, dass mein Kind immer Recht hat. Aus Liebe zeige ich ihm nicht nur, was man alles kann, sondern auch, was man nicht macht. Ich meine zu erspüren, wann Kinderlose von zu viel und zu lautem Geschrei im Restaurant ihren Zustand bitterböse still bejubeln – und kann dann auch sie verstehen. Ich respektiere Läden ohne Kinderhochstuhl und für die Tatsache, dass man mit einem Eis schleckenden Kind draußen bleiben soll, brauch ich kein Verbotsschild, das ist auch in meiner Mütterwelt selbstverständlich.
 
Und dann bin ich letzte Woche mit Smilla und Paul auf der Merowinger shoppen. Die beiden frisch gebackenen Kindergartenkinder brauchen unbedingt noch A3-Sammelmappen für ihre Kindergarten-Bastelarbeiten und -Zeichnungen. Und auch die Super-Papier-Kinderschere für Kleinstkinder hat ihren Dienst die längste Zeit getan, mit ihr kann das große Kind von heute weder Stoffe noch Schaumgummi zerschneiden, wie laaangweilig…!
 
Das schreit nach Traumfarben! Da aber Schmitz & Nittenwilm just auf dem Weg liegt und die Kids gerade erst je einen dicken Teller Nudeln verdrückt haben – eine Stunde nach dem Mittagessen im Kindergarten (Achtung: Wachstumsschub!), kaufen wir noch Brötchen. Die stets überfreundlichen Damen von Schmitz & Nittenwilm kommen an dieser Stelle leider etwas kurz, auf sie komme ich nochmal zurück, wenn von Lächeln als Balsam für jede Kundenseele und dem Phänomen Ein nettes Wort am Tag erspart den Gang zum Arzt die Rede ist.

Aber erst mal Brötchen. Trocken, schlicht und einfach, Brötchen. Bereit, die Sammelmappen-Kollektion von Traumfarben zu durchforsten nach der absolut perfekten ihrer Art….werden wir des Ausgangs verwiesen. Sehr freundlich und sehr bestimmt. Kinder ratlos. Mutter baff. Die Krümel, die ein trockenes Brötchen höchstwahrscheinlich auf dem Boden des Bastelgeschäftes verursachen wird, lassen mich Smilla bitten, das Brötchen später zu essen, um erst mal die Mappen zu wählen.
Das Blöde an der Situation: eine überaus mitfühlende Mitarbeiterin, die doch sehr hofft, dass sie damit jetzt keinen Eklat ausgelöst habe. Die Wahrheit an der Situation: es gab einen kleinen Eklat direkt vor der Tür des Ladens mit meinen Lieblingsblicken, denen der umstehenden Schaulustigen. Das Gute an der Situation: ich habe gelernt, dass ich nicht überzeugend sein kann, wenn ich nicht selbst glaube, wovon ich spreche.
Jetzt könnt man als geneigter Leser denken „Gääähn, und wann erzählt sie uns was Neues?!“, aber im Erziehungsmodus ist diese schlichte Wahrheit tatsächlich Lösung und Offenbarung zugleich. Also sage ich, nach anfänglich kläglichem Versuch, Smillas Brötchen in die Tüte und uns in den Laden zu bringen, „Kommt Kinder! Lasst uns nochmal um den Block gehen, Ihr esst Eure Brötchen in Ruhe auf und dann kommen wir zurück und suchen Eure Mappen aus.“
 
Das funktioniert. Denn das ist das, was ich in dem Moment spüre – böse Zungen würden jetzt behaupten, bis auf den letzten Teil des Satzes, aber hey! Ich bin doch abgeklärt!
…Auf dem Verbotsschild an der Ladentür prangt übrigens ein dickes großes Eis, Krümelbrötchen schienen wohl zu selbstverständlich…

 

Text: Kathrin Rindfleisch

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