Von Puppen und Tucans
Montag, 7. September 2020 | Text: Reinhard Lüke
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Ich wusste, es würde irgendwann mal passieren. Am Samstag war es dann soweit: Ich, unmaskiert im Supermarkt. War schon später Abend, und ich brauchte nur einen einzigen Artikel, den ich beim Einkauf am Nachmittag vergessen hatte. Ich war so ziemlich der einzige Kunde im Laden, bin dann gleich zur Kasse und habe das Teil bezahlt. Die Angestellte hatte nichts zu beanstanden. Erst als mir draußen Menschen mit Maske entgegen kamen, fiel mir mein Vergehen auf. Dabei hatte ich mein Utensil durchaus am Körper. Aber eben nicht vor Mund und Nase. Asche auf mein Haupt.
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Lotta wünscht sich was – Köstlichkeiten aus deutschen ManufakturenSoll nicht wieder vorkommen. Was haben wir beim Einkaufen in den letzten Monaten nicht schon alles an Regulierungsmaßnahmen erlebt. Während des Lockdowns gab es Einlasskontrollen und es durfte nur eine bestimmte Zahl an Kunden rein. Vor manchen Supermärkten standen zusätzlich Menschen mit Sprühflaschen und desinfizierten die Griffe der Einkaufswagen. Weshalb man beim Benutzen der Dinger immer in eine unangenehme Schleimspur griff. Im Zuge der Lockerungen haben sich bis auf die Maskenpflicht die meisten Vorsichtsmaßnahmen wieder erledigt.
Schutzüberzieher für Einkaufswagen
Allerdings steht bei Aldi seit ein, zwei Wochen ein Gerät, mit dessen Hilfe sich die Besucher nach dem Einkauf selbst die Fingerchen desinfizieren können. Da manche Kunden offenbar der Überzeugung sind, dass doppelt auch hier besser hält, machen sie schon beim Betreten des Ladens von dem Angebot ordentlich Gebrauch. Womit der Schmier nun wieder auf den Griffen pappt. Wobei die Discounter ansonsten eifrig erproben, wie sich mit Corona noch ein paar Euro extra machen lassen. Ganze Batterien an Desinfektionsmitteln haben sie im Angebot. Masken in allen erdenklichen Formen, Farben und Preislagen sowieso. Ab Donnerstag lockt Aldi mit einem weiteren Utensil zur Förderung der Hygiene beim Kundenbesuch: einem „Einkaufswagen-Griffschutz“ namens „Tukan“ zu 4 Euro 99 im Doppelpack. Was der Vogel jetzt damit zu tun hat, erschließt sich mir auch nicht. Auf dem Foto im Prospekt sieht das Ding jedenfalls wie ein Mini-Teppich aus, den man um den Griff des Wägelchens wickeln soll. Dazu informiert der Text: „Selbstreinigender Einkaufswagen-Griffschutz, wirkt gegen Bakterien.“ Aha. Doch Bakterien sind ja aktuell eher weniger das Problem. Aber man kann´s ja mal versuchen. Wird schon wer kaufen, diesen Tukan.
Derzeit keine Körperbesamung
Mich dauert ja jede Unternehmenspleite schon wegen der Arbeitsplätze in diesen Corona-Zeiten. Auch diese zwei. Obwohl ich persönlich als Kunde davon wenig betroffen bin. Das Luxuslabel Escada, das vorwiegend in Damenoberbekleidung macht, hat Insolvenz angemeldet. Was aber vermutlich eher mit Missmanagement als mit der Pandemie zu tun hat. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass deren Stammkundschaft von Kurzarbeit oder gar Jobverlust so gebeutelt ist, dass sie sich die Fummel nicht mehr leisten kann. Vielleicht hätten Gesichtsmasken mit Brillis noch was retten können. Sie haben es wirklich mit Masken versucht. Schlicht in Uni-Farben mit Firmen-Logo.für schlappe 25 Euro. Ohne Brillis. Die andere Insolvenz, die zumindest in Köln für reichlich Gesprächsstoff gesorgt hat, ist die vom Pascha. Und diese Pleite war so absehbar, wie sie eindeutig von Corona verursacht ist.
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in.form – Köln SüdstadtDas einzige Bordell, das in der Krise geradezu aufblüht, ist das BorDoll in Dortmund. Wie der irre witzige Name schon sagt, wird die männliche Kundschaft dort von Puppen bedient bzw. kann sich ihrer bedienen. Mit Genehmigung des örtlichen Gesundheitsamtes. Aber natürlich nur mit Pandemie-Hygienekonzept. Beim Betreten des Etablissements ist Maske zu tragen, die aber beim Verkehr abgenommen werden darf. Und, wie ich der Homepage des Plastik-Puffs entnehme, ist derzeit auch keine „Körperbesamung“ der Damen erlaubt. Also Kondompflicht. Mit 50 Euro für 30 Minuten ist der Spaß, so es denn einer ist, nicht ganz billig, aber dafür sind die Ladies auch für so ziemlich alles zu haben. Die Desinfektion der Puppen nach jedem Kundenkontakt dürfte in diesen Zeiten auch eine aufwändige Angelegenheit sein. Zur Zeit haben sie da ein „Gönn-dir-was-Special“. So eine Art Sonderangebot. Fünf Stunden mit drei Dolls meiner Wahl für gerade einmal 550 Euro. Ist ja geradezu ein Schnäppchen. Aber was macht man allein fünf Stunden lang mit drei Puppen? Für Skat ist eine zuviel. Also vermutlich zwischendurch mal reden.
Besoffene Südstadt
Wo ich selbst es mit den Sozialen Netzwerken nicht so habe, staune ich doch immer wieder über das schier grenzenlose Mitteilungsbedürfnis meiner Mitmenschen. Wenn da in unserer facebook-Gruppe eine Frau ein Bügelbrett sucht, lassen viele Nutzer wissen, dass sie leider auch keins haben, wünschen aber viel Glück bei der Suche. Oder man lässt sich über Sinn und Unsinn des Bügelns im Großen und Ganzen aus. Mit beidem ist der Suchenden eher weniger geholfen. Gänzlich von den Socken war ich allerdings, als irgendein Michael die unverfängliche Frage ins Netz stellte, wer von den Gruppenmitgliedern eigentlich in der Südstadt geboren sei. Worauf knapp 300 (!) antworteten, sie seien in Südstadt geboren. Oder eben nicht. Letztere versahen ihre Mitteilung vielfach mit einem „leider“, während die Eingeborenen wissen ließen, dass ein Umzug für sie nie und nimmer in Frage komme. Okay, ich lebe auch gern hier, aber mir ist gänzlich schnuppe, wo meine Mitbürger mal das Licht der Welt erblickt haben. Diese Heimatbesoffenheit der SüdstädterInnen nimmt bisweilen doch arg befremdliche Züge an.
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