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Bildung & Erziehung Südkids

Von wegen Babel!

Dienstag, 17. Mai 2011 | Text: Gastbeitrag | Bild: Alex Figge

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Kinder sind geborene Geschichtenerzähler. Man muss sie nur lassen! Tut man auch – an der Grundschule Mainzer Straße immer wieder ehrgeizig und sogar in unterschiedlichen Sprachen. Patricia Hahne-Wolter, Verlegerin des mehrsprachigen Kinderbuchverlags SchauHör, gab Hilfestellung und führte die Erst- und Zweitklässler der Mäuseklasse in die Kunst des Erzählens und Schreibens ein.

 

Zahlreiche mehrsprachige Mütter unterstützten sie bei der zweistündigen Erzähl- und Schreibwerkstatt. Neben Spanisch, Persisch, Polnisch, Italienisch und Türkisch gab es eine englische Gruppe sowie eine mit Hamburger Einsprengseln.

 

Die Kinder arbeiteten nach einer Einführung in das Geschichtenschreiben anhand des Buches „Meine Wörter reisen“ sieben völlig unterschiedliche Geschichten aus. Darunter gab es eine türkische, interkulturelle Geschichte über ein türkisches Zebra und eine deutsche Kuh, die sich streiten, wer den Abschlag beim Fussball machen darf und deren Konflikt sich durch einen Regenschauer löst, der sie völlig durchnässt und zur Besinnung bringt. Oder der Krimi aus Hamburg, in der Schnute, das Zebra entführt wird. Dann die italienische Geschichte von dem Ball, der nicht mehr getreten werden wollte und daraufhin ein neues Spiel gefunden wird, nämlich Handball. Es kamen viele kreative Ideen heraus, die in den nächsten Tagen zu Papier gebracht werden, mit Zeichnungen versehen und in etwa vier Wochen von den Kindern präsentiert werden. U.a. auch im Rahmen der schuleigenen Wochenfeier.

 

 

Besonders beeindruckten zwei Kinder, die es ohne Anwesenheit ihrer Mütter mit Bravour schafften, die Aufgabe zu meistern, fünf Vokabeln ihrer Muttersprache – in einem Fall Italienisch, in dem anderen Farsi – in die Geschichte einfließen zu lassen und diese auch noch auf Kärtchen zu notieren.

 

Schulleiterin Barbara Sengelhoff zeigte sich begeistert und kommentierte den Wert eines derartigen mehrsprachigen Projektes so: „Wir wollen die Schätze der anderen Sprache heben, andere Sprachen und ihre Sprecher wertschätzen und dazu verlocken, sich in der eigenen Sprache auszudrücken. Oder haben Sie schon mal einen Liebesbrief in der vielleicht nicht so vertrauten Zweitsprache verfasst?“

 

Auch Klassenlehrer Nico Stolz freute sich über den Spaß, den die Kinder am Umgang mit den Sprachen zeigten: „Ich finde es gut, wenn die Kinder innerhalb der Lerngruppe ihre Sprache und generell fremde Sprachen teilen. Sie lernen sich dadurch noch besser kennen und bekommen einen Einblick in die Verschieden- und Besonderheiten ihnen fremder Kulturen“.

 

Die Englischlehrerin der Mäuseklasse Christina Otto, die u.a. Fahnen mit den Nationalitäten der Experten gebastelt hatte und die englische Gruppe ganz intensiv begleitete, resümierte: „Besonders entscheidend finde ich, dass Interesse und Wissen an und über andere Sprachen und Kulturen entwickelt wird, dass Besonderheiten der Fremdsprachen festgestellt werden, dass die Schüler, die weitere Sprachen beherrschen, gewertschätzt und als Experten anerkannt werden, denn bei der Durchführung des Projektes wurde bereits deutlich, dass die Fremdsprachen-Kinder auf Grund ihres (Mehr-)wissens sehr hohes Ansehen bei ihren Mitschülern genossen.“

 

Verlegerin Patricia Hahne-Wolter war überwältigt von der Dynamik und dem unkomplizierten Umgang der Kinder mit ihren Fremdsprachen, denn immerhin handelte es sich um Erst- und Zweitklässler: „In einer Doppelstunde erarbeite ich normalerweise gemeinsam mit Kindern anhand einer Inspirationsquelle Geschichtenansätze, die dann von den Schülern beliebig weitergesponnen werden können. Die Kinder sollen die Angst vor dem weißen Blatt verlieren, Hürden und Denkblockaden überwinden. Diese mehrsprachige Variante war auch für mich eine ganz neue Erfahrung und hat mir sehr viel Spaß gemacht“.

 

Mit solchen Projekten soll die sprachliche Kompetenz, die Fantasie, die soziale Kompetenz und die Ausdrucksfähigkeit gefördert werden. Grundsätzlich müssen Kinder lernen, ihre Welt genau zu beobachten, genau hinzuschauen und im nächsten Schritt, genau hinzuhören. Das sind essenzielle Voraussetzungen, um die Sinne optimal zu schärfen und um dann später auch ausführlich, individuell und phantasievoll über Erlebtes oder selbst Ausgedachtes berichten zu können. Schauen, lesen, zuhören, erzählen – das alles ist sehr wichtig für die Entwicklung der gesprochenen Sprache sowie der Schriftsprache und damit auch für die Entwicklung des Wortschatzes und der Ausdrucksfähigkeit.


Silke Hallmann

 

 

Das für das Fremdsprachenprojekt verwendete Buch ist:

Meine Wörter reisen/Kelimelerim Yolculu?u

deutsch-türkisch von Christiane Strauss und Ebru Cihan

ISBN 978-3-940106-01-8

16,50 Euro

 

 

 

Text: Gastbeitrag

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