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Südstadt

Vorüberziehende Worte

Samstag, 10. Juli 2010 | Text: Sonja Alexa Schmitz | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Mir fällt immer wieder etwas auf: Wenn ich so auf meiner Bank vor dem Laden sitze, werde ich des öfteren angesprochen. Natürlich sind da freundliche Kunden, wir kennen uns, tauschen ein paar Worte. Aber da kommen auch Worte die lauten in etwa so: „So kammer et ushaale.“ Oder „Lesen ist wichtig!“ wenn ich gerade in irgendwas blätterte. Sollte ich etwas schreiben, ist es durchaus möglich „Wird da der nächste Roman jeschribbe?!“ zu vernehmen.

 

Sätze dieser Art, überhaupt Kommentare von Leuten, die ich nicht kenne, kommen immer von älteren Menschen. Vorwiegend, oder gar hauptsächlich, von älteren Männern. Was ist das? Eine andere Generation? Eine, mit mehr Offenheit? (die wir doch eher unserem Zeitalter, und dann gerne auch noch unserem Stadtviertel zuschreiben!) Oder wird man so im Alter? Lässiger, mutiger, das Mundwerk, dem Fremden gegenüber viel freischwebender? Oder ist das das Flirten älterer Herren? Wie dem auch sei, ich mag es.

 

Es sind längst nicht die Kommentare selber, die mir gefallen, sondern das scheinbar zögerfreie Ansprechen. Ist wohl wieder mal so ein Köln-Ding. Der Prototyp des offenen, freundlichen Rheinländers liegt wohl auch eher um die sechzig, mit Bierbäuchlein, lachenden Augen und wohlmöglich noch gezwirbeltem Schnurri. Interessant an den Kommentaren ist auch, dass man eigentlich immer dasselbe darauf antworten kann. Spontan rutscht einem selten etwas Schlagfertigeres raus als. „Ja, so isset!“ „Nää, bloss nicht!“ und dabei gibt man so ein kurzes Auflachen von sich, was gleich darauf wieder erlischt. Die Situation und der Mensch geht vorüber, und ich frage mich, ob ich nicht auch etwas anderes darauf hätte sagen können. Vermutlich nicht. Auf oberflächlich, freundliche Sprüche passen oberflächlich, freundliche Antworten. Würde ich anfangen grosse Erklärungen abzugeben, oder gar herum zu philosophieren, dann könnte ich gar etwas kaputt machen.

 

Ach, und wieder ärgere ich mich, dass ich es bisher noch nicht gebracht habe, mich öfters in unseren schönen, urigen Südstadtkneipen aufzuhalten. Neulich wieder wurden mir von einem eifrigen Leser viele Tipps gegeben von Orten, die „orjinaaal“ sind. Darunter waren das Gaffel, und auch das Früh am Chlodwigplatz, der Backes, noch eine, Kneipe, deren Namen ich vergessen habe, Nähe Bonner Strasse. Aber sie kommen ja auch mal raus aus ihren Theken. Logenplätzen, und dann schlendern sie an mir vorbei, und bringen die Kneipensprüche mit. „Vorüberziehende Worte“ nannte ich diesen Text. Und genau so sind diese Arte Sätze. Sie werden im Vorübergehen ausgesprochen, einmal rechts geschaut: Kommentar. Einmal links geschaut: Kommentar. Ein Kommentar-Spaziergang durchs Veedel. Eigentlich schön, oder?

 

Wenn da nicht auch die jungen Mütter mir im Ohr geblieben wären, die sich gerne mal bei mir beschweren, von älteren Damen ständig angesprochen zu werden. Da wird sich in den Kinderwagen gelehnt, das Kind am Kopf gestreichelt, das Mützchen zurecht gerückt, und dazu kommen dann mütterlich-besserwisserische Kommentare wie „Dat Kind is nit wärm jenug anjezoge!“ Da ist die rheinländische Offenheit wohlmöglich nicht ganz so erwünscht?! Zumindest nicht in jedem Moment.

 

Ich frage mich, ob wir, unsere Generation auch einmal so offen werden, wenn wir ins Rentenalter vorgerückt sind? Und was für Sätze sagen wir dann? Und manchmal frage ich mich: Denke ich zuviel?…. Nur noch eins, weil es eben so ist: Das Leben ist schön. Und wertvoll!!

Text: Sonja Alexa Schmitz

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