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Gesellschaft

Wanted: Vermieter mit Herz!

Mittwoch, 24. Februar 2016 | Text: Judith Levold | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Viele von uns wissen, dass es wirklich nicht leicht ist, eine passende und bezahlbare Wohnung in Köln zu finden, besonders im innenstadtnahen Bereich, also in den Gegenden zwischen innerem und äußeren Grün. Wie schwer es für Flüchtlinge ist, vor allem wenn sie kinderreich sind, davon weiß mir meine Kollegin Asle Güleryüz, die im Auftrag des Jugendamts auch sozialpädagogische Familienhilfe leistet, aus ganz persönlicher Erfahrung ein Lied zu singen.
 
Ich treffe Asle bei einem ihrer Besuche bei den Selimovics, einer neunköpfigen Familie aus Montenegro. Aktuell sind nur die Eltern Mevla und Janos sowie die jüngste Tochter Meriana in der Küche, die anderen Kinder kommen erst gegen 16h aus der Schule nach Hause. Ihr Zuhause ist eine Art heruntergekommenes Gartenhäuschen von 50m2 in einer Reihe direkt am Großmarkt. Die Unterkunft ist eine städtische, die Roma-Familie seit 20 Jahren in Köln, nur der Vater war zwischendurch mal im Ausland. Hier in dieser „Hütte“ leben sie jetzt schon seit 2006. Zusammen mit inzwischen sieben Kindern zwischen 3 und 15 Jahren. „Die Familie möchte dringend hier ´raus, das geht gar nicht, drei winzige Schlafkammern, eine winzige Küche – das ist nicht auszuhalten. Alle leiden unter der extremen Enge, die Kinder besonders.“ sagt Asle, bei einem Mokka auf der Bank sitzend. Höchstens sechs Personen finden Platz am kleinen Küchentisch, die älteste Tochter übernachtet aktuell schon öfters bei einer Tante und deren Sohn in Köln-Mülheim.

 

Die Wohnungssuche sei eigentlich nicht zentrale Aufgabe einer Familienhelferin. „Aber die Wohnsituation hat ja direkten Einfluss auf das Kindswohl, auf die Entwicklung der Kinder, und das ist dann sehr wohl mein Bereich. Die Kinder haben keine Ruhe, keinen Platz wo sie Schularbeiten machen können, denn hier passen gar keine Schreibtische rein – wo soll die Wäsche trocknen, wo ist mal ein Rückzugsraum?“ fügt Asle Güleryüz hinzu. „Ein Haus wäre toll!“ sagt Janos, der erblich bedingt fast erblindet ist, aber natürlich seien sie auch überglücklich, wenn es mit einer Wohnung klappte – vier bis fünf Zimmer wären ein Paradies. Ein paar Wohnungen dieses Formats haben sich Asle und die Familie schon angeschaut, doch in den meisten Fällen, in denen Asle eine solche Wohnung entdeckt hat, kommt es gar nicht erst zum Besichtigungstermin: „Was? Neun Leute? Nee, auf keinen Fall. Die Wohnung ist für 2-4 Leute gedacht, kommt nicht in Frage!“ sei der Standardspruch von Vermietern, oder, noch öfter, Maklern, so Asle Güleryüz.

Seit gut zwei Jahren schon haben die Selimovics eine so genannte „Umzugs-Erlaubnis“. Das bedeutet, eine vom städtischen Wohnungsamt, dem Sozialamt und der Ausländerbehörde gemeinsam abgestimmte Bescheinigung darüber, dass sie geeignet für das Verlassen städtischer Unterkünfte und bereit für den freien Wohnungsmarkt sind. Doch sie können sich selbst alleine gar keine Wohnung suchen, immer noch leiden sie unter Sprachbarrieren und großer Unsicherheit. Jetzt kommt aber sogar die engagierte Familienhelferin an ihre Grenzen. Und auch das Auszugsmanagement von DRK und städtischem Wohnungsamt war bislang erfolglos bei der Suche nach einer Bleibe für eine so große Familie, obwohl die Miete ja vom Sozialamt übernommen wird.

Das ist schade, denn in der Zusammenarbeit mit der Familie hat Asle Güleryüz in den vergangenen Jahren schon viel erreicht: „Mevla hat endlich einen Deutschkurs besucht, alle Kinder haben von Förderschulen auf Regelschulen gewechselt und machen gute Entwicklungsfortschritte, doch die älteren Kinder explodieren in dieser extrem beengten, ruhelosen Wohnsituation. Jetzt steht aber eine Besichtigung in Longerich an, ein Haus hat uns da die Sozialarbeiterin der Stadt vermittelt,“ erzählt Asle. Der Termin steht laut Auskunft des Wohnungsamtes unmittelbar bevor. „Und das gucken wir uns an, gell Janos? Mevla? Auch wenn das sehr im Norden ist, ok?“ Janos seufzt, aber nickt und Mevla schaut resigniert: Alles geht dann wieder von vorne los, Schulen und KiTas für die Kinder suchen, sie komplett verpflanzen, aber die Selimovics nähmen das natürlich in Kauf, weiß Asle, „Das A und O für eine weitere erfogreiche Integration der Familie ist, hier ´raus zu kommen, auch wenn das wieder Veränderungen bedeutet. Die natürlich schwierig sind für die Orientierung, auch wegen der eingeschränkten Sprachkenntnisse und der Sehbehinderung des Vaters.“ sagt sie.

Viel besser wäre eine neue Wohnung irgendwo im Süden, in Raderberg, wo die Familie seit zehn Jahren lebt, sich auskennt und sicher und heimisch fühlt, oder in Zollstock oder auch Sürth –  im Dunstkreis der Linie 16 jedenfalls, mit die Söhne Daniele und Giovanni täglich zur Schule nach Rodenkirchen müssen. Vermieter, fasst Euch ein Herz: Großfamilie braucht neues Zuhause!

 

Text: Judith Levold

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