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Gesellschaft Kultur

Was hätte ich gemacht?

Samstag, 20. Juni 2015 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Humba e.V.

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Was mache ich, wenn ich in eine Situation gerate, in der ich meine Meinung gegen ganz viele vertreten muss? Hand auf’s Herz! Was mache ich, wenn politisch alle gegen mich sind, mir aber mein Gewissen sagt, dass sie unrecht haben? Stehe ich zu meiner Meinung oder laufe ich mit der Masse? Und wenn ich zu mir selbst und meiner Ansicht stehe, wie lange tue ich es?

Dieser Situation sahen sich einige Gruppen von Jugendlichen in Nazi-Deutschland gegenüber. Sie konnten nicht die Nazi-Parolen nachsagen, sie gingen in die Oposition. Sie waren unangepasst, teilweise linksgerichtet, kommunistisch oder in der Naturfreundejugend aktiv. Sie klärten auf über die Nazis und gingen in den aktiven Widerstand. Sie nannten sich die „Edelweißpiraten“. In Köln waren die Edelweißpiraten auch aktiv. Die Ehrenfelder Gruppe formierte sich um den KZ-Flüchtling Hans Steinbrück. Einige von den Jugendlichen mussten sogar für ihr Engagement im Widerstand ihr Leben lassen.

Nach dem Krieg gerieten die Edelweißpiraten in Vergessenheit. Erst Jean Jülich brachte die mutigen Widerstandskämpfer nach 1980 ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Seit nunmehr 10 Jahren wird der couragierten Jugend der Nazi-Zeit mit dem „Edelweißpiratenfestival“ im Friedenspark gedacht. Aus dem Musikprojekt des NS-Dokumentationszentrums und der Sommerkonzertreihe der Kölner Humba e.V. war das erste Kölner Edelweißpiratenfestival hervorgegangen. Nun feiert es seinen 10-jährigen Geburtstag. Beim Festival kommen Zeitzeugen zu Wort und etliche Musikbands erhalten das Vermächtnis der mutigen und unangepassten Jugend der NS-Diktatur am Leben.

Dieses Jahr gibt es auf fünf Bühnen 25 Bands zu hören. Los geht es am Sonntag (21.06.2015) um 14 Uhr. „Meine Südstadt“ hat im Vorfeld mit zwei Bands gesprochen.

Indira Alvarez ist an der kolumbianischen Karibikküste geboren und lebt seit ca. 10 Jahren in Köln. Das Edelweißpiratenfestival kannte sie bereits, tritt aber mit ihrem Trio zum ersten Mal auf.

Meine Südstadt: Frau Alvarez, wie sind Sie zur Musik gekommen?
Indira Alvarez: Ich bin mit der Musik aufgewachsen, in Kolumbien, in der Karibik. Da gibt es an jeder Ecke Musik. Ich komme nicht aus einer Musikerfamilie. Ich komme aus einer musikalischen Familie, in der immer Musik gehört wurde und der Musik sehr wichtig ist.

Ihre Musik ist ein Mix aus afrikanischer und kolumbianischer Musik.
Ich integriere meine eigenen Kompositionen mit dem Einfluss von anderen Instrumenten und Rhythmen. Ich spiele ein traditionelles, indianisches Blasinstrument, die Gaita. Das ist ein indianisches Instrument. Ich singe auf Spanisch, das ist der Kolumbianische Einfluss und wir spielen mit vielen Trommeln, das ist der afrikanische Beitrag zu unserer Musik.

Haben Sie eine bestimmte Botschaft mit Ihrer Musik?
Unsere Botschaft ist, durch die Musik unsere Tradition und Kultur zu zeigen. In unserer Kultur gibt es nicht nur positive Seiten, es gib auch soziale Ungleichheiten in unserer Gesellschaft. Das thematisiere ich in den Texten. Meine Musik ist kritisch, aber auch sehr rhythmisch.

Was bedeutet für Sie das Edelweißpiratenfestival und Ihr Auftritt am Sonntag?
Seit ich in Deutschland bin, habe ich über das Edelweißpiratenfestival gehört und die Edelweißpiraten und was sie durchgemacht haben. Das ist sehr passend zu meiner Musik und ihren Texten. Ich glaube, das ist der richtige Platz, um meine Musik zu vermitteln. Die Edelweißpiraten haben auch durch ihre Musik viel vermittelt. Für das Festival wurde ich gefragt, ein Lied der Edelweißpiraten zu singen. Am Anfang war ich unsicher, weil ich nicht auf Deutsch singe. Dann habe ich überlegt und dachte mir, das ist eine schöne Gelegenheit, auf Deutsch zu singen. Ich habe mich für das Lied „Die Gedanken sind frei“ entschieden. Das hat mich sein an ein Lied von mir erinnert: „Lamento“. Da singe ich: „Worte kann man nicht einsperren“. Es geht da um die Gewerkschaftsarbeit und die Gewerkschaftsmitarbeiter, die kritisierten und dafür verfolgt und umgebracht wurden. Mein Vater war auch Gewerkschaftsmitglied. Das Lied hat mich inspiriert. Beide Lieder ergänzen sich. (lacht) Es wird ein Experiment werden am Sonntag.

Foto: Indira Alvarez

 

„De Knippschaff“ ist im Dezember 2011 von Annette Fuchs ins Leben gerufen worden. Die Musikerin und ihre Wegbegleiter möchten damit das musikalische Werk Kölns größtem Liedgutschaffenden Hans Knipp weiterleben lassen. Der Künstler ist im Dezember 2011 verstorben. Viele der Hits der Bläck Fööss stammen aus der Feder von Hans Knipp.

Meine Südstadt: Was bedeutet die Musik von Hans Knipp für Sie?
Annette Fuchs: Bevor ich angefangen habe, zu sprechen, konnte ich schon alle Lieder der Bläck Fööss singen. Die waren für mich die kölschen Beatles. Mit fünf Jahren war ich in Tommy Engel verliebt. Mit den Bläck Föös verbinde ich ganz viel. Und da Hans Knipp viele ihrer Lieder komponiert und getextet hat, auch mit ihm. Er hat die besondere Fähigkeit mit einem liebevollen Blick aufs Detail zu achten. Er hat auch sozial-kritische Lieder geschrieben. Mit „De Knippschaff“ schließt sich für mich ein Kreis. Die Basis aus der Kindheit schließt sich als Kreis. Wir haben einige Konzerte gegeben, in denen wir die Lieder von Hans Knipp singen. Meine Musiker-Kollegen und ich sind bei jedem Konzert sehr gerührt und ergriffen. Ich habe große Gefühle spüren dürfen im persönlichen Telefonat mit Hans Knipp und beim Singen seiner Lieder.

Was bedeutet der Auftritt am Sonntag Ihnen und Ihren Kollegen?
Wir freuen uns riesig drauf! Es ist großartig, eine bezaubernde Stimmung und Atmosphäre. Es ist uns eine besondere Freude diese historischen Lieder im Kontext jungen Widerstandes zu singen.

 

 

Edelweißpiratenfestival 2015

Friedenspark, Köln

20.06.2015 ab 14:30 Uhr

www.edelweisspiratenfestival.de
„De Knippschaff“ tritt am Sonntag um 19 Uhr auf der Bühne Wallwiese auf.
Indira Alvarez tritt am Sonntag auf der Bühne Wallwiese auf.

Text: Aslı Güleryüz

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