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Kultur

„Was Kunst angeht, bin ich kompromisslos“

Dienstag, 24. Mai 2011 | Text: Kathrin Rindfleisch | Bild: Fotomontage DesignWork

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Am kommenden Freitag wird die „Lichtung“ zur multidimensionalen Bühne. Das Theaterstück „Land in Sicht“ feiert als zweiter Teil einer Trilogie in außergewöhnlichem Rahmen Premiere. „Meine Südstadt“-Autorin Kathrin Rindfleisch traf Regisseurin Eveline Sebaa vorab zu einem Gespräch über den Wert der Dinge abseits des Geldes, die Energie des Publikums, die einen Theaterabend prägt, und die Kompromisslosigkeit, mit dem sie dem „einen“ Leben Gebühr zollt.

Ein lauer Sommerabend, ein Glas Weißwein auf der Terrasse des „Filos“, und man wähnt sich auf einer Plaza irgendwo in Spanien. Eveline Sebaas quirlige Nervosität, so kurz vor der Premiere ihres Stückes, hängt in der Luft und wirkt angenehm ansteckend, eine Freude über das, was nach wochenlanger Arbeit nun endlich bühnenreif ist. Gerade heute hat sie die Musik noch einmal komplett geändert „weil die Zuschauer etwas anderes brauchen“. Die bisherige Musik war genau richtig für die Schauspieler, die damit den Rhythmus des Stückes verinnerlichen konnten. Sie strahlt, während sie erzählt vom Rhythmus eines Stückes, den sie schon beim Schreiben gibt und der erst bei einer Aufführung vor Publikum zur vollen und immer wieder neuen Entfaltung kommt. Es ist das Gegenwärtige, dass Eveline Sebaa dabei  fasziniert: sich auf eine Sache voll und ganz einlassen zu können. Es ist der Rhythmus, es sind die Schauspieler, die sich, ganz nach Stanislawski, einfühlen in ihre Rolle, und es ist die immer wieder andere Energie des Publikums, die einen Theaterabend beeinflussen, ihn prägen.

Eveline Sebaa schreibt, seitdem sie schreiben kann, Kurzgeschichten, Gedichte, Texte. Ihre Sprache ist poetisch und verleiht ihren Figuren auf der Bühne etwas sehr Kraftvolles und Leidenschaftliches. In der Trilogie, in der am kommenden Freitag mit dem Stück „Land in Sicht“ der zweite Teil zu sehen ist, geht es um das wohl klassischste aller Themen, die Liebe zwischen Mann und Frau. Doch wie schon bei der Art der Inszenierung geht es ihr auch beim Inhalt ihrer Stücke um das Einlassen, die Konzentration auf ein Thema. „Ich will die Dinge bis zum Ende gehen“, sagt sie.

 

So sieht man im ersten Teil „Kartoffelbrei“ nicht nur ein frisch verliebtes Paar, das heiratet, sich irgendwann nichts mehr zu sagen hat und sich dann wieder trennt. Eveline Sebaa nimmt den Zuschauer mit auf die Auseinandersetzung der beiden Liebenden miteinander, aber eben auch mit sich selbst. Der Ehemann, der gleichzeitig den Therapeuten spielt, und die Ehefrau, die als Ehetherapeutin ihren Mann reflektiert, bekommen durch ihre Doppelrollen ihr eigenes Verhalten vorgeführt und gleichzeitig mehr Verständnis für das des Partners. Dieses Spiel mit den Figuren ist klug und vielschichtig, gewährt es dem Zuschauer doch einen tiefen Einblick in die Gedanken- und Gefühlslage des Paares und damit in die ihm auch selbst so vertraute Situation.

 

Im zweiten Teil „Land in Sicht“, der eine Fortsetzung des ersten Teiles ist, aber auch für sich autark als Geschichte steht, werden die Gedanken und Gefühle der Ehefrau in Form einer weiteren Figur auf der Bühne sichtbar, lebendig. Es sind Gedanken, die sie gar nicht haben will, aber auch Sehnsüchte, die sie sich nicht auszusprechen getraut. Durch die Personifizierung ihrer Gedanken in Form einer Frau kommt es zu interessanten Sequenzen, ein Spiel mit der Realität beginnt. Der Zuschauer wird einmal mehr hinein gezogen in die Gedanken- und Gefühlswelt der Figuren auf der Bühne und wird auch hier, zwischen Traumsequenzen und Wirklichkeit, Zeuge einer hoch komplexen Konstellation, der Beziehung zwischen Frau und Mann.

 

Der letzte Teil „Zimt und Zucker“, der die Trilogie abrunden wird, bekommt als vierte Person das Alter Ego des Mannes, mit all seinen Sehnsüchten, Zweifeln und Gedanken, hinzu und damit die Außensicht, die es braucht, sich ein möglichst ganzheitliches Bild von der Beziehung zu machen.

Das Ensemble mit Anja Jazeschann, Frank Baumstark und Heike Huhmann gründete Eveline Sebaa 2008 unter dem Namen „TannenZapfenStreichQuartett in mollnatur“ mit der Idee, ihre beiden Leidenschaften Theater und Sprache auszuleben, ihnen einen Raum zu geben. Die Schauspieler, die Engagements haben unter anderem in der „Comedia“, dem „FWT“, dem „Theaterhaus Köln“, dem „D.A.S. Theater“ und „Dem Theater im Schlachthof“ Neuss mit Eveline Sebaa schon für Auftragsproduktionen zusammen gearbeitet. Sie kennen sich und sind spätestens seit der Arbeit an dem ersten Teil der Trilogie aufeinander eingespielt.

 

Der große Unterschied zu vergangenen Produktionen ist die fehlende Unterstützung durch Fördermitteln. Darauf legt Eveline Sebaa, die an der Universität Bayreuth im Rahmen des Theaterwissenschaftsstudiums und am Stadttheater Bremerhaven als Regie-Assistentin und Regisseurin das Theatergeschäft kennengelernt hat, großen Wert. „Kunst ist Kunst – oder eben nicht, aber wenn ich Menschen von meiner Arbeit erst noch überzeugen muss, stimmt da für mich etwas nicht“. Sie findet es „schrecklich, wenn die Dinge permanent mit Geld bemessen werden“. Und so hat Seeba für ihre Idee auf jedwede Förderung verzichtet, um letztendendes ohne Kompromisse und Vorstellungen anderer ihre künstlerische Freiheit auszuleben. „Ich möchte es auf meine Art machen oder gar nicht. Das gilt für alles, was ich mache und mir wichtig ist. Schließlich habe ich nur dieses eine Leben.“

So viel Kompromisslosigkeit für die eigene Sache imponiert. Und macht neugierig!

 

Am Freitag, 27. Mai um 20 Uhr und am Samstag, 04. Juni in der „Lichtung“, Ubierring 13.
 

Text: Kathrin Rindfleisch

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